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Der Sonderermittler Kurt Graulich untersuchte fast 40.000 heikle Suchbegriffe, die die NSA an den BND übermittelt hatte.

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Update

NSA-Skandal: Bundesregierung will Arbeit des BND strenger regulieren

Nach dem Abschlussbericht des Sonderermittlers in der NSA-Affäre will die Bundesregierung für die Arbeit des BND neue Regeln schaffen.

Als Konsequenz aus dem Bericht des Sonderermittlers in der NSA-Affäre will die Bundesregierung ihren Auslandsgeheimdienst neuen Regeln unterwerfen. Es werde eine "klarstellende gesetzliche Regelung zur strategischen Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes" geben, kündigte Regierungssprecherin Christiane Wirtz am Freitag in Berlin an. Demnach soll das Auftragsprofil des BND überarbeitet werden. Neben einer internen Untersuchung der Strukturen und Abläufe in der BND-Abteilung "Technische Aufklärung" werde zusätzlich eine "umfassende externe Überprüfung bis Ende dieses Jahres initiiert". Details nannte sie nicht. Auch einen Zeitplan könne sie nicht nennen, da ein solches Gesetz vom Bundestag erarbeitet werden müsse.

Regierung reagiert auf Bericht des Sonderermittlers Kurt Graulich

Wirtz reagierte auf den Abschlussbericht des ehemaligen Richters am Bundesverwaltungsgericht, Kurt Graulich. Der Sonderermittler der Bundesregierung zu den umstrittenen NSA-Spählisten hat schwere Vorwürfe gegen den US-Geheimdienst erhoben. Graulich hatte über mehrere Monate fast 40.000 heikle Suchbegriffe untersucht, die die NSA an den BND übermittelt hatte, um damit große Datenströme durchkämmen zu lassen. In seinem Abschlussbericht wirft der frühere Verwaltungsrichter den Amerikanern nun gravierende Verstöße gegen vertragliche Vereinbarungen vor.

Vor Monaten war der Vorwurf ans Licht gekommen: Der Bundesnachrichtendienst (BND) soll der National Security Agency (NSA) über Jahre geholfen haben, europäische Unternehmen und Politiker auszuforschen. Die NSA lieferte dem BND demnach für die Überwachung des Datenverkehrs in seiner Abhörstation in Bad Aibling viele Tausend Suchmerkmale (Selektoren) wie Telefonnummern oder IP-Adressen von Computern, die gegen deutsche und europäische Interessen verstießen.

NSA soll Schutz deutscher Bürger missachtet haben

Über die Jahre sortierte der BND Tausende der heiklen US-Selektoren aus. Diese untersuchte Graulich. In seinem fast 300 Seiten starken Abschlussbericht heißt es, die NSA habe mit ihren übermittelten Selektoren "in einer überraschend großen Zahl von Fällen" den Schutz deutscher Bürger missachtet. Diese sind durch das Grundgesetz besonders vor Ausforschung bewahrt.

Am umfangreichsten sei aber die Missachtung des Schutzes europäischer Ziele, beklagt Graulich in dem Bericht. Das sei ein Verstoß gegen das gemeinsame Memorandum of Agreement (MoA) zur deutsch-amerikanischen Geheimdienstkooperation. "Die Aufnahme der E-Mail-Adressen ganzer Bürostäbe europäischer Regierungen ist ein offensichtliches Übermaß, das nicht vom MoA gedeckt ist", schreibt Graulich. Die NSA habe sich dadurch "nicht nur vertragswidrig verhalten", sondern auch die deutsche Position gegenüber europäischen Partnern potenziell gefährdet.

Die USA reagierten nicht auf die Bitte um Erklärung

Bei dem Großteil der Suchkriterien handelte es sich laut Bericht um E-Mail-Adressen. Die meisten fischte der Bundesnachrichtendienst demnach heraus, bevor sie in die Überwachungssysteme eingespeist wurden. Andere waren jedoch über einen längeren Zeitraum in der Suche aktiv. Außerdem verweist Graulich auf Lücken: Obwohl die gesichteten Selektoren umfangreich seien, handele es sich sicher nicht um die Gesamtliste aller abgelehnten Suchkriterien seit dem Beginn der Geheimdienstkooperation in Bad Aibling. Er habe auf informellem Wege versucht, von der NSA eine Erklärung für die Selektorenauswahl zu bekommen, schreibt Graulich weiter. Die Amerikaner hätten aber nicht reagiert.

Der Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschusses, Patrick Sensburg (CDU), sagte der dpa, durch das Einstreuen deutscher Ziele hätten die Amerikaner Vereinbarungen gebrochen. "Das ist ein Verstoß, und der gehört abgestellt." Der SPD-Obmann im NSA-Ausschuss, Christian Flisek, sagte, der Bericht offenbare auch schwerwiegende Organisationsmängel beim BND. (rtr/dpa)

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