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NS-Vergangenheit: SPD und Grüne fordern Aktenfreigabe

Nach der Aufarbeitung der NS- Vergangenheit des Auswärtigen Amts und des Finanzministeriums durch unabhängige Experten fordern SPD und Grüne die Einsetzung einer ähnlichen Kommission auch für das Bundesinnenministerium.

Berlin - „Im Innenministerium und vor allem in den Sicherheitsbehörden wie dem BKA haben nach dem Krieg Dutzende Schwerbelastete Unterschlupf gefunden“, sagte SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz dem Tagesspiegel.

Die SPD will deshalb am heutigen Mittwoch Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) im Innenausschuss auffordern, eine externe Kommission einzusetzen, um die Vergangenheit des Ministeriums aufzuarbeiten. Die Grünen schlossen sich der Forderung an. „Nachdem wir gesehen haben, wie Beamte etwa im Auswärtigen Amt jahrzehntelang Geschichtsklitterung betrieben haben, wollen wir auch vom Innenministerium die ganze Wahrheit erfahren“, sagte Grünen-Fraktionsvize Josef Winkler dieser Zeitung. „Fragwürdige Kontinuitäten“ belasteter Beamter müssten lückenlos aufgearbeitet werden. Wiefelspütz forderte de Maizière zudem auf, dafür zu sorgen, dass Verschlusssachen nach 30-jähriger Karenzzeit allgemein zugänglich gemacht werden. „Akten sind Teil der Erinnerung des Volkes, die müssen für die Wissenschaft zugänglich gemacht werden“, sagte der SPD-Politiker. Eine entsprechende Anweisung des Innenministeriums vom März sieht lediglich eine schrittweise Freigabe bis 2020 vor – anders als von De Maizieres Vorgänger Schäuble im Jahr 2006 eigentlich beabsichtigt. Schäuble wollte die Akten ohne Übergangszeit freigegeben. Wiefelspütz kündigte an, parlamentarisch initiativ zu werden, um das Verfahren zu beschleunigen. Es gebe keinen Grund, „Akten vorzuenthalten“.

Im Bundesarchiv in Sankt Augustin bei Bonn und Freiburg lagern zehntausende Akten aus der Zeit vor 1980, die den Vermerk „Geheim“, „Streng geheim“ oder „Vertraulich“ tragen und die deshalb für die Geschichtsforschung nicht zugänglich sind. Darunter sind Gesprächsprotokolle deutscher Bundeskanzler, Aufzeichnungen aus dem Krisenstab im Terrorjahr 1977 oder auch Berichte über den Moskaubesuch von Bundeskanzler Konrad Adenauer im Jahr 1955 in Moskau.

Während in Staaten wie in den USA und Großbritannien solche Akten nach Ablauf bestimmter Fristen selbstverständlich für die Wissenschaft freigegeben werden – selbst Russland hat in den 90er Jahren die russischen Akten zur Adenauer-Visite veröffentlicht –, blieben in Deutschland die Archive weiter geschlossen. Vor allem das Kanzleramt blockiert dem Vernehmen nach eine rasche Freigabe. Grünen-Politiker Winkler hält das für abwegig. „Wir haben im Kundus- Ausschuss gesehen, dass selbst Zeitungsartikel vertraulich gestempelt werden. Das ist ein absurder Vorgang.“ Sein SPD- Kollege Wiefelspütz hält es „für selbstverständlich“, möglicherweise zutage kommende „peinliche Vorgänge“ auch auszuhalten.

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