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Thomas Kutschaty, stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD und Spitzenkandidat für Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. 

© F. Boillot/IMAGO/snapshot

NRW-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty: „Bei einem Luftangriff kann man nicht mit Pusteblumen werfen“

Der SPD-Vizeparteichef will NRW-Ministerpräsident werden. Hier spricht er über Panzer für die Ukraine, Olaf Scholz und seine Pläne für das Land. 

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Thomas Kutschaty ist stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD und Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 15. Mai. Von 2010 bis 2017 war der heutige Chef der SPD-Landtagsfraktion und Landesvorsitzende Justizminister in NRW.

Herr Kutschaty, Sie plakatieren nun sogar Kanzler Olaf Scholz, 2019 wollten Sie ihn noch als SPD-Parteichef verhindern. Wollen Sie sich hinter ihm verstecken?
Nein. Ich bin stolz darauf, dass wir einen verantwortungsvollen Kanzler haben. Und ich wollte ihn damals auch nicht verhindern. Wir hatten mehrere Kandidaten für den Parteivorsitz. Ich habe mich für Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans ausgesprochen, und ich bin froh, dass sie Vorsitzende geworden sind. Ohne sie wäre Olaf Scholz heute nicht Kanzler.

Weil sie als Vertreter des linken Flügels erst die Autorität hatten, einen in der Partei nicht unumstrittenen Kanzlerkandidaten Scholz vorzuschlagen…
Die beiden haben der SPD Selbstbewusstsein zurückgegeben, uns auf die Kernwerte der Sozialdemokratie zurückgeführt und dann zum richtigen Zeitpunkt Olaf Scholz als Kanzlerkandidaten vorgeschlagen. Wir haben mit einem außerordentlich guten Ergebnis dann in Nordrhein-Westfalen zum Sieg der SPD beigetragen. Und jetzt freue ich mich, dass Olaf Scholz mich hier im Landtagswahlkampf unterstützt.

Aber warum plakatieren Sie ihn, der ja gar nicht hier zur Wahl steht?
Ich finde es nicht gut, dass der jetzige Ministerpräsident immer nur mit dem Finger nach Berlin zeigt und alles schlecht macht, was aus der Ampel kommt. Wir machen lieber deutlich, dass Nordrhein-Westfalen am besten regiert wird, wenn der neue Ministerpräsident auch eng mit der Bundesregierung zusammenarbeitet.

Nach dem Debakel bei der Europawahl 2019 hatten Sie verkündet, die SPD solle „Abschied von der Volkspartei“ nehmen, nicht mehr der „Otto-Katalog der Politik“ sein. Sie träumten von einer lupenrein linken SPD. Sind Sie jetzt wieder mehr in die Mitte gerückt, weil Scholz gezeigt hat, dass dort Wahlen gewonnen werden?
Wir sind als Sozialdemokraten immer eine Partei der linken Mitte. Wir haben Ende 2019 sehr wichtige Beschlüsse auf unserem Bundesparteitag getroffen. Wir haben uns entschieden, dass wir etwas Besseres brauchen als Hartz IV, dass wir einen höheren Mindestlohn brauchen, dass eine Regulierung der Mietpreise notwendig ist. Dafür steht auch Olaf Scholz, da gibt es keinen Bruch. Die SPD hat sich wieder auf ihre Kernthemen konzentriert. Daran hatte ich in der Vergangenheit manche Zweifel. Die haben wir gemeinsam ausgeräumt.

Sie soll ihre Russlandpolitik erklären: Kanzlerin Angela Merkel, hier im Mai 2018 mit Russlands Präsident Wladimir Putin.
Sie soll ihre Russlandpolitik erklären: Kanzlerin Angela Merkel, hier im Mai 2018 mit Russlands Präsident Wladimir Putin.

© Sputnik/Mikhail Klimentyev/Kremlin via REUTERS

Also ist die NRW-SPD nun auch wieder der „Otto-Katalog der Politik“?
Sicher nicht. Wir biedern uns zum Beispiel nicht bei jedem Hedgefondsmanager an, indem wir auf die Vermögenssteuer verzichten. Wir müssen es nicht jedem recht machen, sondern klar Position beziehen.

Die Zustimmungswerte zu Olaf Scholz sind zuletzt stark eingebrochen, weil die Bürger seine Kommunikation und vielleicht auch seinen Kurs nicht verstehen. An einem Tag warnt er vor einem Atomkrieg und liefert deshalb keine Panzer an die Ukraine. Dann gibt die Bundesregierung Anfang plötzlich grünes Licht für die Lieferung von Gepard-Panzern nach Kiew. Wie erklären Sie den Menschen am Wahlstand diese verwirrenden Ansagen?
Olaf Scholz hat einen klaren Kurs. Wir stimmen alle Entscheidungen innerhalb der Nato und der EU ab. Wir wollen durch Waffenlieferungen die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands nicht gefährden. Wir müssen gut aufpassen, dass der Krieg nicht noch weiter eskaliert.  Wir müssen dafür sorgen müssen, dass es eine Waffenruhe in der Ukraine gibt, denn jeden Tag sterben im Krieg Menschen. Wir üben Druck auf Putin aus, damit er zu einer Waffenruhe gezwungen wird - mit harten Wirtschaftssanktionen und indem wir dafür sorgen, dass sich die Ukraine verteidigen kann. Russland ist mit der Einnahme der Ukraine auch deshalb gescheitert, weil Deutschland Abwehrwaffen geliefert hat. Ich finde es bei diesen ganzen Abwägungen sehr gut, dass unsere Regierung nicht mal eben in einer TV-Talkshow beiläufig die Lieferung von schwereren Waffen raushaut, sondern jede Entscheidung sorgfältig und verantwortungsvoll prüft.

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Trotzdem sagte er erst, keine Panzerlieferungen aus Deutschland nun doch. Die SPD wirkt überrumpelt und bemüht sich nun, den Gepard als einen nicht ganz so schlimmen Panzer darzustellen. Halten Sie auch den Gepard auch für eine Defensivwaffe?
Der Gepard ist eine Waffe zur Flugabwehr und deshalb zur Abwehr der russischen Angriffe bestimmt…

Auf seine Hilfe im Wahlkampf setzt Thomas Kutschaty: Kanzler Olaf Scholz auf dem Rückflug von Tokio nach Berlin.
Auf seine Hilfe im Wahlkampf setzt Thomas Kutschaty: Kanzler Olaf Scholz auf dem Rückflug von Tokio nach Berlin.

© Kay Nietfeld/dpa

Experten sagen, man kann mit ihm auch Bodenziele angreifen, weshalb er durchaus offensiv eingesetzt werden könne…
Dass man bei Luftangriffen nicht mit Pusteblumen werfen kann, ist hoffentlich klar. Das ist leider das Drama des Krieges, dass Waffen Menschen töten. Aber wir müssen jetzt alles tun, um diesen Krieg so schnell wie möglich zu beenden, damit keine Menschen mehr sterben. Dazu braucht es einen Waffenstillstand, der eben nicht von Russland diktiert werden darf. Wann und in welcher Form Frieden erreicht werden kann, hat die Ukraine zu bestimmen. Sonst ist es kein Frieden.

Viele SPD-Bundestagsabgeordnete wünschen sich eine klarere Kommunikation ihres Kanzlers – Sie nicht?
Es gibt Entscheidungen, die können Sie nicht mal eben in wenigen Zeichen auf Twitter erklären. Bei solchen schweren Entscheidungen im Krieg gibt es eben nicht Schwarz und Weiß, sondern viele Grautöne. Ich habe Olaf Scholz gut verstanden. Ich halte es auch nicht für klug, jedes einzelne militärischen technischen Detail oder gar die Transportwege von Waffen öffentlich breit zu treten. Das gefährdet Menschenleben.

Die SPD holt nun die Vergangenheit ein. Gerhard Schröder nimmt den Kriegsverbrecher Wladimir Putin in Schutz. Manuela Schwesig wirkte wie die willfährige Empfängerin von Ratschlägen von der Nord Stream AG beim Bau der Ostseepipeline. 
Gerhard Schröder ist für mich kein prominenter Sozialdemokrat mehr. Er hat sich entschieden, Geschäftsmann an der Seite von Wladimir Putin zu sein. Es gibt dazu ein Parteiordnungsverfahren in seinem Heimatbezirk Hannover, und es werden die rechtlichen Folgen zu klären sein, ob er weiterhin Mitglied der Sozialdemokratie sein kann. Das finde ich gut. Was Manuela Schwesig angeht: Sie ist ja nicht die einzige in der deutschen Politik gewesen, die Nord Stream II befürwortet hatte. Auch die CDU in ihrer Landesregierung war dafür, als sie noch mitregierte.  Auch der frühere NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hat sich für die Pipeline engagiert. Dieser Vorwurf trifft alle, die in den vergangenen 16 Jahren im Bund Verantwortung getragen haben, die frühere Bundeskanzlerin ebenso wie ihre Außenminister. Frank-Walter Steinmeier hat Fehler eingeräumt. Ich würde mir wünschen, Angela Merkel, Armin Laschet und andere Vertreter der Union würden sich auch öffentlich erklären und Fehler einräumen.

Sehen Sie ein Wegducken von Angela Merkel?
Ja. Ich fordere Sie zu einer Erklärung auf. Manche wollen den Eindruck verbreiten, allein die SPD sei für die Fehler der Russlandpolitik der vergangenen Jahre verantwortlich gewesen. Das ist aber nicht so. Dieses Land wurde 16 Jahre lang von einer CDU-Kanzlerin regiert, in dieser Zeit wurde die Entscheidung für Nord Stream II getroffen, in ihr wurde Deutschland immer abhängiger von russischer Energie. Dass Angela Merkel dazu schweigt, macht die Debatte nicht einfacher.

Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) fordert Ihre Partei auf, Gerhard Schröder auszuschließen. Es läuft ein Parteiausschlussverfahren. Warum schließt sich der SPD-Bundesvorstand dem nicht an, wie er es auch im Fall von Thilo Sarrazin getan hat?
Zu dieser Forderung kann ich nur sagen: Die CDU hat ein Wahlkampfproblem. Sie will ablenken von ihrer schlechten Bilanz. Aber zur Sache: Der gesamte SPD-Vorstand wie auch viele ehemalige Parteichefs haben eine eindeutige Botschaft an Gerhard Schröder gesandt. Die lautet: Du hast keinen Platz mehr in unserer Partei, wenn du dich nicht von Wladimir Putin distanzierst. Grundsätzlich halte ich es als Jurist und ehemaliger Justizminister für richtig, dass nicht eine Parteiführung Mitglieder einfach hinauswerfen kann, sondern dass ein unabhängiges Parteigericht eine solche Frage entscheidet. Das muss sorgfältig und unabhängig geprüft werden, das dauert dann auch seine Zeit.

Hat die SPD unabhängig vom Verhalten Gerhard Schröders in der Gegenwart Anlass, sich kritisch sich mit der eigenen Russlandpolitik der vergangenen 20 Jahre auseinanderzusetzen.
Ja. Frank-Walter Steinmeier hat damit angefangen und gesagt: Ich habe Fehler gemacht und Wadimir Putin unterschätzt. Nun beginnt ein Prozess, in dem sich die SPD das noch einmal genauer ansehen wird. Während die Union mit dem Finger auf uns zeigt, haben wir längst mit der Analyse begonnen. CDU und CSU sitzen im Glashaus und werfen mit Steinen.

Diese Gepard-Panzer zur Flugabwehr will die Bunderegierung an die Ukraine liefern.
Diese Gepard-Panzer zur Flugabwehr will die Bunderegierung an die Ukraine liefern.

© MICHAEL MANDT/BUNDESWEHR/AFP

Wir sind hier in Mülheim, Herr Kutschaty, die Leute bewegt neben dem Krieg vor allem eins: Die Energiepreise explodieren, die Inflation galoppiert, die Kaufkraft schwindet – das sind Probleme, unter denen die Menschen hier umtreiben. Welche Lösung bieten Sie?
Die Ampel hat gerade zwei große Entlastungspakete auf den Weg gebracht. Das erste ist übrigens sogar schon vor Ausbruch des Krieges im Grundsatz beschlossen worden, beide sind rund 15 Milliarden Euro schwer. Das ist eine ganz gewaltige Summe, die der Bund da jetzt in die Hand nimmt, um insbesondere Privathaushalte zu entlasten. Es wird ja jetzt auch erst eine Wirkung in den nächsten Wochen und Monaten entfalten können, weil es ja jetzt gerade gesetzgeberisch erst beraten werden muss. Die Leute werden die Entlastung spüren, bei den Heizkosten, bei den 9-Euro-ÖPNV-Tickets, bei der Senkung der Spritpreise. Ich warne aber davor, das sage ich an der Stelle auch: Der Staat wird nicht jede einzelne Preissteigerung kompensieren können. Das wird auf Dauer finanziell nicht möglich sein. Deswegen kämpfen wir für bessere Löhne bei niedrigen und mittleren Einkommen.

Sozialverbände fordern, die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel temporär auf Null zu senken. Gehen Sie da mit?
Die hohen Lebensmittelpreise sind ein großes Problem, und es gibt viele Menschen, denen das sehr zu schaffen macht. Ich bin dafür, sehr genau zu prüfen, ob man die Umsatzsteuer auf Grundnahrungsmittel entsprechend senken kann. Das halte ich für sinnvoll. Wenn ich gewählt werde, bespreche ich das mit der Bundesregierung. Aber ich sage auch sehr deutlich: Der Staat braucht auch Einnahmen, eben um die Menschen zu entlasten. Wir werden uns auch sehr kurzfristig noch Gedanken machen müssen, ob wir die erst durch die Pandemie und nun durch die Kriegsfolgen belastete Wirtschaft weiter unterstützen müssen.

An was denken Sie da?
Viele Unternehmen kommen durch die hohen Energiekosten in arge Bedrängnis, vor allem die energieintensiven Firmen wie die chemische Industrie oder Aluminiumwerke. Ich möchte nicht, dass Hunderttausende von Arbeitsplätzen deswegen verloren gehen.

Sie haben als Erster in Ihrer Familie Abitur gemacht, wurden Jurist. Was hat Sie politisch geprägt, wer war Ihr Vorbild?
Ich bin immer sehr zurückhaltend, wenn ich nach politischen Vorbildern gefragt werde. Mein Vorbild ist immer mein Vater gewesen, weil ich schon als Kind es immer bewundernswert fand, was er alles heile machen, also reparieren konnte. Und natürlich prägt einen die Erfahrungen für das weitere Leben. Ich habe es als erster aufs Gymnasium geschafft, habe studiert, bin dann in die Politik gegangen.  Wenn Sie wie ich 1968 im Essener Nordwesten geboren werden und in einer Eisenbahner-Familie in einer Sozialwohnung aufwachsen, dann ist es nicht selbstverständlich, dass ich hier sitze und dieses Interview mit Ihnen führe. Daher kommt meine Überzeugung, dass wir allen Kindern, egal wo sie herkommen, egal was ihre Eltern beruflich gemacht haben, neue Perspektiven geben müssen. Und das hat ganz viel mit Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit auch zu tun. Deswegen bin ich mal kurz vor dem Abitur in die SPD eingetreten.

Die Führung der SPD hat ihn zum Austritt aufgefordert: Altkanzler Gerhard Schröder.
Die Führung der SPD hat ihn zum Austritt aufgefordert: Altkanzler Gerhard Schröder.

© imago images/Jens Schicke

Was würde mit Ihnen als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen anders?
Ich bin bereit, Verantwortung zu übernehmen und auch mutiger Politik zu machen, auch für eine Periode über fünf Jahre hinaus. Wir müssen deutlich mehr in die Bildung unserer Kinder investieren. Nicht nur weil wir verpflichtet sind, ihnen alle Möglichkeiten zu geben, sondern weil es auch volkswirtschaftlich irrsinnig ist, wenn wir nicht frühzeitig in Bildung investieren.

(Kutschatys Mobiltelefon klingelt.)
Das ist der ehemalige Bundesvorsitzende und Landesfinanzminister.

Gehen Sie doch ruhig ran, wir freuen uns auch auf ein Gespräch mit Norbert Walter-Borjans…
Das hätten Sie jetzt gerne. Mache ich aber nicht. Was ich sagen wollte: Wenn es uns nicht gelingt, allen Kindern eine Chance zu geben im Zeitalter von Fachkräftemangel, eine gute Bildung, einen guten Abschluss zu geben, um eine Ausbildung zu ermöglichen, dann ist es auch volkswirtschaftlich wahnsinnig und völlig fatal. Und das müssen wir jetzt einfach ganz schnell angehen. Herr Walter-Borjans wird dies auch so sehen.

Die CDU-geführte Landesregierung genießt Respekt wegen ihres entschlossenen Kampfes gegen Clan-Kriminalität. Da kann die SPD einiges von lernen, oder?
Natürlich bekämpfen wir Kriminalität, organisierte Kriminalität, Bandenkriminalität.  Zwei Dinge werden wir aber ändern. Ich werde zu Razzien nicht erst die Kamerateams der Fernsehsender einladen, sondern die Polizei ihre Arbeit machen lassen. Und zweitens: Ich möchte die Bosse jagen und nicht die Boten. Ich möchte die Immobilien der Bosse haben, ich möchte deren Autos beschlagnahmen und verwerten. Was die Einziehung von Clan-Vermögen anbelangt, ist die Innensenatorin in Berlin engagierter als ihr Kollege aus Nordrhein-Westfalen.

Was wären denn die drei ersten Projekte, die Sie umsetzen würden als Ministerpräsident?
Um die Energiewende vorzugsweise voranzutreiben, würde ich als allererstes den Abstandserlass für den Bau von Windkraftanlagen ändern. Die heute verlangten 1000 Meter Abstand von Wohnbebauungen will ich reduzieren auf die dreifache Höhe der Windkraftanlage. Wenn die 200 Meter hoch ist, muss der Abstand 600 Meter sein. Nur so schaffen wir unser Ziel, zwei Prozent der Landesfläche für die Windkraft bereitzustellen.  Zweitens würde ich in Nordrhein-Westfalen sofort wieder sie Mieterschutz-Rechte in Kraft setzen.  Und, drittens, ich würde sofort den Krankenhaus-Plan einkassieren, den diese Landesregierung vorgestellt hat. Ich halte die Schließung von Krankenhäusern für fatal. Gerade in dieser Krise müssen wir doch gelernt haben, dass wir lieber im Ernstfall einfach lieber ein freies Bett zu viel haben als im Ernstfall eins zu wenig. Zudem können wir nicht immer mehr Geburtsstationen schließen.

Die CDU hat 2017 auch gewonnen, weil sich unter Rot-Grün etliche Probleme verschärft hatten. So waren die Leute sehr unzufrieden mit der Verkehrssituation und den vielen Staus.
Auf den CDU-Plakaten stand 2017: „Ich beiß‘ ins Lenkrad“. Es ist aber nichts besser geworden, deshalb haben viele genervte Autofahrer inzwischen das ganze Lenkrad aufgefressen. Vor Corona gab es unter Verkehrsminister Hendrik Wüst den Staurekord. Mein Plan ist, wir dürfen nicht mehr so lange warten, bis die Infrastruktur so marode ist, dass nur noch Abriss geht. Allein auf der A45 müssen 60 Brücken ersetzt werden, es darf nicht nochmal zu so einer Situation kommen wie durch den notwendigen Abriss der Rahmedetalbrücke. Und wir müssen bei der Verkehrswende schneller werden. Wir müssen deutlich mehr für den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs machen. Wir müssen alte Bahntrassen wiederbeleben und den Takt verdichten. Und mit mehr Rufbussen gilt es auch, die Mobilität im ländlichen Raum zu stärken.

Attackiert die SPD im Wahlkampf wegen Schröders Nähe zu Wladimir Putin: Hendrik Wüst, CDU, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen.
Attackiert die SPD im Wahlkampf wegen Schröders Nähe zu Wladimir Putin: Hendrik Wüst, CDU, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen.

© Christoph Hardt/IMAGO/Panama Pictures

Im Moment sieht es so aus, als könnte es sowohl für eine Ampel als auch für Jamaika reichen nach der Wahl. Was spricht für die Ampel unter Ihrer Führung?
Wir hatten auch schon Umfragen, in denen reichte es für ein Zweierbündnis. Sowohl zu den Grünen als auch zur FDP haben wir gute Kontakte. Eines ist jedenfalls deutlich: In keiner einzigen Umfrage der jüngsten Zeit reicht es mehr für Schwarz-Gelb, also für die Fortsetzung der aktuellen Regierung. Das heißt, diese Regierung wird abgewählt, und wer etwas Neues will in Nordrhein-Westfalen, stärkt eine von der SPD geführte Regierung.

Sie sind der Herausforderer, aber Hendrik Wüst ignoriert sie ein wenig.
Ich habe ihn bislang noch auf keiner Podiumsdiskussion getroffen. Dort ist immer nur die zweite und dritte Reihe der CDU. Ich weiß nicht, warum er die Öffentlichkeit da so scheut und den direkten Vergleich nicht möchte.

Werden Sie auch als Zweitplatzierter versuchen, die Regierung zu führen?
Natürlich. Das ist prinzipiell nichts Verbotenes. Es geht darum, eine stabile Mehrheit im Parlament für eine eigene Regierung zu organisieren, wenn es rechnerisch möglich ist. Dennoch: Ich will Erster werden.

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