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Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein Westfalen, gibt nach Schließung der Wahllokale ein Statement ab. Die CDU bleibt stärkste Kommunalpartei in Nordrhein-Westfalen. Die SPD verteidigt bei den Kommunalwahlen trotz deutlicher Verluste Platz zwei. Die Grünen legen landesweit kräftig zu.

© Federico Gambarini/dpa

Nordrhein-Westfalen hat gewählt: Drei Lehren aus der Kommunalwahl in NRW

In Nordrhein-Westfalen wurden am Sonntag Bürgermeister und Stadträtinnen gewählt - aber auch für die Bundespolitik war die Wahl bedeutsam. Eine Analyse.

Von Robert Birnbaum

1. Armin Laschet geht aus der Kommunalwahl in NRW gestärkt hervor - mit Hilfe von Markus Söder

Im Dreikampf um den CDU-Vorsitz weist Armin Laschet gerne darauf hin, dass er als einziger schon einmal eine Wahl gewonnen hat. Das stimmt: Friedrich Merz kam nie in die Verlegenheit, sich jenseits des Sauerlands beweisen zu müssen, und Norbert Röttgen hat seine Chance 2012 vergeigt. Das Vertrackte an Wahlen ist nur, dass sie jedes Mal neu gewonnen werden wollen. Doppelt vertrackt wird es, wenn die eigene Partei beim letzten vergleichbaren Wahlgang so anständig abgeschnitten hatte, dass die Balken der Gewinne und Verluste nur abwärts weisen können.

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So gesehen kann Laschet mit der Kommunalwahl zufrieden sein. Landesweit gesehen ist sein CDU-Balken im Vergleich zu 2014 ziemlich stabil geblieben. Das tröstet darüber hinweg, dass man dicht am historischen Tiefpunkt landet. Speziell im ländlichen Raum, vom Münster- bis ins Rheinland bleibt die CDU stark. Der bundesweite Corona-Höhenflug der Union wird dabei nicht geschadet haben. Mit ein bisschen Sinn für Ironie könnte man sogar sagen: Markus Söder half.
So oder so: Wer in der CDU im Stillen gehofft haben sollte, dass sich der Kandidat Laschet am Sonntag von selbst erledigen würde – nein, tut er nicht.

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Nun sind Kommunalwahlen als Bewährungsprobe für Ministerpräsidenten oder gar Kanzleramtsanwärter streng genommen sowieso ungeeignet. Doch die einzige große Wahl vor dem CDU-Parteitag prägt natürlich Stimmungen, und eine Niederlage wäre Laschet angelastet worden. So aber kann er seiner gewonnenen Wahl einen weiteren ersten Platz hinzufügen. Das „Rüstzeug“, das ihm Angela Merkel fürs Kanzleramt bescheinigte, gewinnt an Gewicht.

2. Olaf Scholz hat neue Beulen - und die SPD auch

Womit wir bei Olaf Scholz wären. Um halbwegs im Bild zu bleiben: Die Rüstung des SPD-Kanzlerkandidaten hat dicke Beulen. Für seine Partei ist der Sonntag ein Menetekel, das durch Funktionärsformeln wie „besser als vorhergesagt“ genau nicht besser wird.

Die Sozialdemokraten sind an Rhein und Ruhr seit langem gerade kommunal nicht mehr so stark, wie es der Mythos will; seit 1999 landen sie regelmäßig auf Platz Zwei. Aber der lag beim letzten Mal wenigstens noch auf Sichtweite hinter der CDU. Diesmal stolpert die SPD auf einem Niveau hinterher, das man früher von Diaspora-Verbänden südlich der Mainlinie kannte. Dass Franz Müntefering jetzt plötzlich Gefallen an der Linkspartei findet, passt ins Bild. Aus dem alten Recken spricht eine geradezu historische Verzweiflung.

3. Die Grünen können in NRW ihre Stellung festigen - und werden zum Dreh- und Angelpunkt der nächsten Regierung

Zu dieser Gemütslage massiv beigetragen hat der große Gewinner des Wahlabends: Die Grünen. Die Partei hatte nach dem Klima-Aufschwung vor einem Jahr zwischenzeitlich eine demoskopische Corona-Delle. Umso gespannter blickten alle nach NRW. Man hat ja schon öfter das Muster beobachtet, dass die Öko-Truppe eine kurze, von Themen wie der Atomkatastrophe von Fukushima getriebene Konjunktur erlebte, die dann spätestens bei der übernächsten Wahl nicht mehr trug.

Doch das neue 20-Prozent-Plateau erweist sich als stabil. Grüne Themen – Klima, Umwelt, neue Verkehrspolitik – bleiben für die Bürger gerade dort wichtig, wo sie in Rathäusern und Gemeindesälen konkret verhandelt werden. Rechnerisch gleichen sich die Gewinne der Grünen und die Verluste der SPD ungefähr aus. Gerade in den Städten übernehmen die Grünen viele frühere SPD-Reviere. Zugleich bestätigt der Wahltag ein anderes Muster: Die Grünen erobern das Land von unten. Diese breitere Basis macht sie noch nicht zur Volkspartei. Aber sie ist Voraussetzung dafür.

Das alles bringt Robert Habeck oder Annalena Baerbock nicht auf geradem Weg ins Kanzleramt. Doch ihre Partei ist auf dem Weg, der Dreh- und Angelpunkt der nächsten Regierung zu werden. Ohne sie wird es keine nächste Koalition geben. So gesehen entscheidet nicht der CDU-Parteitag, wer Angela Merkel nachfolgt. Der stellt höchstens die Weichen dafür, wer es eventuell werden könnte.

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