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Kim Jong Un und Xi Jinping in Peking

© AFP

Korea-Expertin über China-Besuch: "Wir müssen vorsichtig sein, damit der Westen nicht von Kim übertrumpft wird"

Kommt der Korea-Konflikt in Bewegung? Die japanische Korea-Expertin Yasuyo Sakata über den Besuch Kim Jong Uns in China – und ein mögliches Treffen mit Trump.

Frau Sakata, was bedeutet das Treffen des chinesischen Präsidenten Xi Jinping und des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Un für die koreanische Halbinsel?

Kim Jong Un hat einen weiteren Zug gemacht, um sich in eine bessere strategische Ausgangsposition gegenüber den USA zu bringen. Und Xi Jinping hat trotz aller Frustrationen über Nordkorea Kims Eröffnungszug geschickt genutzt, um sich selber im Dialogprozess zu positionieren. Das wird die politische Dynamik auf der Halbinsel weiter verändern.

Welches Signal geht davon für das geplante Treffen von US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Diktator Kim Jong Un aus?

Wir müssen vorsichtig sein, damit der Westen nicht von Kim Jong Un übertrumpft wird. Wir wissen aber gar nicht, ob das Treffen auch stattfinden wird. Wenn es stattfindet, wird es ein sehr historisches Treffen sein. Es ist immerhin der Versuch herauszufinden, ob man miteinander kommunizieren kann.

Warum bezweifeln Sie, dass es zu dem für Ende Mai geplanten Gipfeltreffen kommen wird?

Der Teufel steckt im Detail. Einige Meldungen besagen, dass der Gipfel um einige Wochen verschoben werden könnte, vielleicht in den Juni oder Juli. Das könnte aufgrund des Wechsels im US-Außenministerium geschehen. Der neue Außenminister Mike Pompeo ist zwar nominiert, muss aber noch vom US-Senat bestätigt werden. Das benötigt Zeit, was auch gut wäre, weil es mehr Zeit zur Vorbereitung bringt und sich das Team im Weißen Haus mit den betroffenen Ländern wie Südkorea, Japan, China und Russland beraten kann.

Warum will Kim Jong Un denn plötzlich verhandeln?

Erstens, weil die Sanktionen funktionieren, ein bisschen zumindest. Kims Politik besteht ja aus der parallelen Entwicklung von nuklearer Bewaffnung und Wirtschaft. Die nukleare Bewaffnung hat er, zumindest nach eigenen Angaben, im vergangenen Jahr abgeschlossen. Jetzt ist die Entwicklung der Wirtschaft dran. Und die hat keine Zukunft, wenn die Sanktionen nicht aufgehoben werden. Zweitens fürchtet er sich vor militärischen Aktionen der USA. Und drittens gibt es auch einen innenpolitischen Grund: Am 9. September feiert Nordkorea den 70. Jahrestag seiner Gründung. Viele Experten glauben, dass Kim Jong Un für diese Feierlichkeiten eine friedliche Atmosphäre schaffen will.

Andere vermuten, dass er nur Zeit zum Aufrüsten schinden will.

Deshalb müssen wir auch vorsichtig sein. Nordkorea muss durch konkrete Aktionen zeigen, dass sich in Sachen Denuklearisierung etwas bewegt, erst dann können Sanktionen aufgehoben werden. Doch die Verhandlungen über konkrete Schritte benötigen Zeit – und könnte Nordkorea wiederum Zeit zur Weiterentwicklung seiner Waffen geben. Andererseits bedeutet das Verlängern der Verhandlungen auch, dass die Sanktionen aufrechterhalten werden – und das ist wiederum nicht im Interesse Nordkoreas.

Hat Trump mit seiner Gipfelzusage Nordkorea nicht bereits zu einem diplomatischen Erfolg verholfen?

Ja, es ist risikoreiches Spiel, und ja, es legitimiert Kim Jong Un. Aber der zentrale Punkt der US-Politik ist es ohnehin, mit Kim Jong Un zu verhandeln: Die USA wollen keinen Regimewechsel, sondern Denuklearisierung. Kim Jong Un muss nun eine große Entscheidung treffen, wenn er mit Trump verhandeln will. Er bekommt nichts, wenn er nicht mit der Denuklearisierung beginnt. Die Sanktionen würden nicht aufgehoben werden.

Will Nordkorea sein nukleares Programm überhaupt aufgeben?

Das wird sehr schwierig, weil es die Lebensversicherung für Kim Jong Un ist. Doch jedes nukleare Arsenal ist immer auch eine Bedrohung für alle anderen, vor allem für Japan und Südkorea. Die Frage ist deshalb: Wollen wir ein unkontrolliertes Atomprogramm oder ein kontrolliertes? Wie wir es kontrollieren, das ist die Frage, mit der wir in den Dialogprozess gehen.

Japan versucht gerade, ebenfalls eine Gipfel mit Kim Jong Un zu organisieren. Weil es sich inzwischen als Außenseiter fühlt?

Die Sorge, Außenseiter zu sein, ist immer da. Das aktuelle Kim-Xi-Treffen war noch eine weitere Überraschung für Japan. Nun, da China wieder zurück im Spiel ist, bleibt die Frage, wie sich Japan positionieren wird. Der Gipfel des japanischen Premierministers Shinzo Abe mit US-Präsident Donald Trump Mitte April wird dafür entscheidend sein.

Welche Folgen wird der Kim-Trump-Gipfel haben – wenn er überhaupt stattfindet?

Drei mögliche Szenarien sind vorstellbar: Zum einen, dass der Dialog sich um Denuklearisierung dreht. Das ist aber auch das schwierigste Thema. Das nordkoreanische Atomprogramm kann nicht legitimiert werden. Und Inspektionen sowie Kontrollmaßnahmen müssen gemäß der Sanktionen jener UN-Bestimmungen stattfinden, die Nordkorea zuvor verletzt hat.

Und was passiert, wenn dieser Dialog fehlschlägt?

Dann fallen wir zurück in den Modus der Druckausübung, das würde auch die Spannungen zurückbringen – Provokationen von Nordkorea, Verschärfung der UN-Sanktionen und auch die Androhung militärischer Optionen. Aber es könnte sich auch ein Szenario des Durchwurschtelns ergeben.

Was meinen Sie damit?

Wenn die Gespräche zwischen Nord- und Südkorea weitergehen, die US-Nordkorea-Gespräche aber nicht – das wäre ein Loslösen der Friedensgespräche von den Atomwaffengesprächen. Das wäre ein gutes Szenario für Nordkorea, allerdings nicht für die USA, Südkorea und Japan. Es würde einen Keil in die trilateralen Beziehungen treiben. Die Last läge dann bei Südkorea – und Präsident Moon Jae In müsste eine sehr schwierige Entscheidung treffen.

Yasuyo Sakata ist Professorin an der Kanda University of International Studies in Japan. Die japanische Korea-Expertin forscht zur Sicherheitspolitik auf der koreanischen Halbinsel.

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