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Der britische Premier Boris Johnson

© George Cracknell Wright/imago images/ZUMA Press

Update

Noch vor Verhandlungsbeginn mit EU: Großbritannien droht mit Abbruch der Brexit-Gespräche

In die Verhandlungen zwischen der britischen Regierung und der EU kommt schon vor dem Start ein aggressiver Ton: Premier Johnson stellte ein Ultimatum bis Juni.

Die britische Regierung hat mit einem vorzeitigen Ende der Verhandlungen mit der EU über die künftigen Beziehungen gedroht, sollte es bis Juni keine Fortschritte geben. Das geht aus dem am Donnerstag in London veröffentlichten Verhandlungsmandat der Regierung von Premierminister Boris Johnson hervor.

Zudem will Großbritannien erreichen, dass sich das Land nach dem Brexit nicht mehr EU-Regeln halten muss. Mit dem Brexit am 31. Januar ist Großbritannien zwar nicht mehr Teil der EU, bis Ende des Jahres gelten aber noch übergangsweise die Regeln der Europäischen Union.

Nun soll in Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien das Verhältnis nach dieser Frist festgelegt werden. Auch der Europäische Gerichtshof solle keinerlei Rechtsprechung in Großbritannien ausüben dürfen.

„Alles, was wir wollen, ist die gegenseitige Anerkennung unserer hohen Standards und den gegenseitigen Zugang zu unseren Märkten“, sagte der britische Premierminister Boris Johnson kurz vor der Veröffentlichung des Papiers.

Barnier erwartet sehr schwierige Gespräche

EU-Chefunterhändler Michel Barnier machte seinem Ärger über die britische Haltung bereits am Dienstag bei der Vorstellung des EU-Mandats Luft. Er erwarte „sehr schwierige“ Gespräche, sagte Barnier. Man sei bereit. „Aber wir werden diesen Vertrag nicht um jeden Preis schließen“, so der Franzose.

Die Regierung in London und die EU-Institutionen in Brüssel haben nur bis Ende des Jahres Zeit, um sich auf ein Freihandelsabkommen und die Kooperation in weiteren Bereichen zu einigen. Ansonsten drohen vor allem der Wirtschaft schwere Konsequenzen.

Verhandlungen zwischen den Briten und der EU beginnen am Montag

Die Gespräche sollen bereits am Montag beginnen, doch beide Seiten scheinen noch weit voneinander entfernt zu sein. Während die EU bereits angekündigt hat, vor allem auf gleiche Wettbewerbsbedingungen zu pochen, wollen sich die Briten nichts vorschreiben lassen und klagen schon jetzt über eine Bevormundung durch Brüssel.

Es geht in der künftigen Partnerschaft auch um Sicherheit, Außenpolitik und Anti-Terror-Kampf – aber das Wichtigste ist für beide Seiten erklärtermaßen ein umfassendes Handelsabkommen.

EU befürchtet britische Wettbewerbsverzerrungen

Die EU bietet Großbritannien die Formel: „Keine Zölle, keine Kontingente, kein Dumping“. Das heißt, der europäische Binnenmarkt bliebe weitgehend offen für britische Waren, sofern sie die in der EU geforderten Qualitätsstandards einhalten und im fairen Wettbewerb produziert wurden. Die EU befürchtet, dass Großbritannien seine Unternehmen von teuren Umwelt- und Sozialauflagen befreit, bei Bedarf mit Subventionen hilft und so den Wettbewerb verzerrt.

In Brüssel bestehen zudem Zweifel, ob die britische Regierung wie versprochen die Kontrolle von Waren vorbereitet, die von Großbritannien nach Nordirland geliefert werden und von dort aus weiter in die EU gelangen könnten.

Die Vereinbarung soll gewährleisten, dass keine Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitgliedsland Republik Irland notwendig werden. Darauf hatte sich Johnson im Herbst vergangenen Jahres eingelassen. Ansonsten wird ein Wiederaufflammen des Konflikts in der ehemaligen Bürgerkriegsregion befürchtet.

Hoffnung auf einen Vertrag

Experten halten es trotz all der Differenzen nicht für ausgeschlossen, dass es bis Ende des Jahres zumindest einen dünnen Handelsvertrag gibt. Erwartet wird aber, dass sich die Konfrontation zunächst weiter zuspitzt.

Bereits nach der Veröffentlichung der EU-Leitlinien hatte die Pressestelle des britischen Regierungssitzes 10 Downing Street mit scharfen Twitter-Mitteilungen reagiert. „Die EU hat die Autonomie anderer bedeutender Volkswirtschaften wie Kanada und Japan respektiert, als sie Handelsabkommen mit ihnen unterzeichnete. Wir wollen nur dasselbe“, hieß es darin beispielsweise. (AFP, dpa)

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