zum Hauptinhalt
Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ringen um weitere Entlastungen.

© Kay Nietfeld/dpa

„Niemand darf seine Wohnung verlieren“: Wie die SPD die Mieter gegen den Preisschock schützen will

Keine Kündigung, wenn Nachforderungen nicht gezahlt werden können, Sonderkredite für Vermieter: Die Ampel plant wegen der Gaskrise ein „Herbstpaket“.

Die politische Sommerpause kann man in diesem Jahr nicht als solche bezeichnen. Wo früher Bundestags-Hinterbänkler das Sommerloch mit Ratschlägen an Griechenland stopften, doch bitte schön ein paar Inseln zur Senkung der Staatsschulden zu verkaufen, ist anno 2022 die Lage in Deutschland zu ernst.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Die SPD als Kanzlerpartei fürchtet vor allem bei unteren und mittleren Einkommen durch die Folgen des russischen Ukraine-Krieges und Wladimir Putins Spiel mit dem Gashahn schwere Verwerfungen.

Wie nervös die Stimmung in der Ampel-Koalition mit Grünen und FDP ist, zeigen die fast täglichen Abwehrgefechte von Finanzminister Christian Lindner (FDP) in Richtung der beiden Regierungspartner, die ein weiteres Aussetzen der Schuldenbremse fordern.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

„Die Schuldenbremse ist gesetzt“, betont Lindner immer wieder, auch via Twitter: „Wir müssen innerhalb des von der Verfassung vorgegebenen Rahmens wirtschaften. Denn nur solide Staatsfinanzen, keine Politik auf Pump und reduzierte Staatsausgaben helfen bei der Bekämpfung der Inflation.“

Am Montag ließ Lindner zudem einen Bericht der „Bild“ dementieren, dass wegen seines Vetos Kanzler Olaf Scholz (SPD) vergangenen Freitag – wegen der Zwänge der Schuldenbremse – nicht ein weiteres Fünf-Milliarden-Entlastungsprogramm habe ankündigen können. Dass er die geplante Vorstellung der neuen Hilfen für Geringverdiener verhindert habe, stimme so nicht.

Es wird teuer beim Heizen.
Es wird teuer beim Heizen.

© mauritius images / imageBROKER

Bei Twitter schrieb Lindner dazu, „das Gegenteil ist der Fall“. Der Bundesfinanzminister schlage für 2023 unter anderem einen höheren Grundfreibetrag und einen fairen Tarif der Lohn- und Einkommenssteuer vor. Dieser Plan sei vereinbar mit der Schuldenbremse. Des Weiteren wolle er wegen der hohen Preise eine Steuersenkung. Es gehe dabei um Geringverdiener, aber auch die „arbeitende Mitte“, so der FDP-Politiker.

Das Hin und Her an Vorschlägen dürfte sich über den Sommer weiter fortsetzen, es geht um das richtige "Herbstpaket", um das Land in dieser Lage zusammen- und die Unterstützung für die Sanktionen gegen Russland aufrechtzuerhalten.

Ein Schutzschirm gegen tausende Euro an Nachforderungen

Sehr konkret ist nun auch die SPD-Bundestagsfraktion an anderer Stelle geworden – und einige der Vorschläge verursachen nicht einmal Kosten. „Niemand darf seine Wohnung verlieren, weil er oder sie die Nebenkosten nicht bezahlen kann. Mietrechtliche Schutzmaßnahmen können hier dringend benötigte Abhilfe schaffen“, heißt es in dem Eckpunktepapier, das die AG Recht und die AG Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen der Bundestagsfraktion erarbeitet haben. Es liegt dem Tagesspiegel vor. Als erstes hatte die „Süddeutsche Zeitung“ darüber berichtet. Auch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert war daran beteiligt, der selbst zur Miete wohnt.

Will Mieter vor dem Rauswurf schützen: SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert
Will Mieter vor dem Rauswurf schützen: SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert

© Kay Nietfeld/dpa

In einzelnen Regionen würden Preissteigerungen bei den Nebenkosten (Wärme/Strom) prognostiziert, „die die bisherigen Kaltmieten um ein Mehrfaches (!) übertreffen“. Nicht wenige in der Koalition fürchten heftige soziale Spannungen, zumal ganz besonders auch die Mittelschicht bei Nachzahlungen von mehreren tausend Euro betroffen sein könnte.

Die SPD-Fachpolitiker schlagen daher ein Kündigungsmoratorium vor, um Zahlungen auch erst später leisten zu können. „Ordentliche und außerordentliche Kündigungen von Wohnraummietverhältnissen wegen Nichtleistung der Betriebskostennachzahlung werden für die Abrechnungsperioden 2021 und 2022 jeweils für sechs Monate ab Abrechnung der Kosten ausgeschlossen“, heißt es in dem Papier. Gleiches soll auch gelten, wenn deutlich erhöhte Betriebskostenvorauszahlungen nicht geleistet werden können.

Gazprom drosselt den Erdgastransport durch Nord Stream 1 nun auf 20 Prozent.
Gazprom drosselt den Erdgastransport durch Nord Stream 1 nun auf 20 Prozent.

© Jens Büttner/dpa

Damit dadurch aber nicht die Vermieter in Schieflage geraten – gerade solche, die die Immobilie als Altersvorsorge erworben haben – ist folgendes geplant: Wenn Vermieterinnen und Vermieter nachweisen können, dass die oben genannten Kündigungsausschlüsse für sie eine unzumutbare Härte darstellen, solle ihnen zur Überbrückung ein zinsloses Darlehen gewährt wird.

„Die Fälligkeit des Darlehens soll erst nach Ablauf des Kündigungsausschlusses eintreten.“ Im Falle kreditfinanzierter Immobilien sollten die Ansprüche von Darlehensgebern auf Rückzahlung, Zins- oder Tilgungsleistungen für diesen Zeitraum gestundet werden.

[Der Nachrichtenüberblick aus der Hauptstadt: Schon rund 57.000 Leserinnen und Leser informieren sich zweimal täglich mit unseren kompakten überregionalen Newslettern. Melden Sie sich jetzt kostenlos hier an.]

Zudem werden Strom- oder Gassperren bei nicht bezahlten Rechnungen ausgeschlossen, „damit auch einkommensschwache Haushalte kalte Tage nicht in unbeheizten Wohnungen verbringen müssen“. Wichtig sei aber auch ein paralleles Konzept zur Stützung der kommunalen Versorger, wie der Stadtwerke, damit diese bei unbezahlten Rechnungen nicht in Schieflage kommen – der Verband kommunaler Unternehmen fordert einen staatlichen Stadtwerke-Schutzschirm.

Neben der von Scholz angekündigten Wohngeldreform und weiteren Hilfen für Geringverdiener, Studenten und Azubis werden auch langfristige Maßnahmen als Konsequenz aus der Energiepreiskrise gefordert. So soll die – allerdings nur bedingt wirkende – Mietpreisbremse bis zum Jahre 2029 verlängert werden und die Miete in angespannten Märkten bei Neuvermietungen generell weniger stark steigen dürfen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false