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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht bei der Generaldebatte im Deutschen Bundestag.

© Kay Nietfeld/dpa

Update

„Nichtstun ist keine Alternative“: Merkel hält engagiertes Plädoyer für den Klimaschutz

Die Kanzlerin hat die Generaldebatte im Bundestag für ein Bekenntnis zum Klimaschutz genutzt. Sie forderte, dass die Klimaziele für 2030 eingehalten werden.

Angela Merkel hat in der Generaldebatte im Deutschen Bundestag engagiert für den Klimaschutz geworben. Sie gab zu, dass Deutschland "nach menschlichem Ermessen" die selbstgesetzten Klimaziele für das Jahr 2020 verfehlen wird. Umso wichtiger sei es, dass die Bundesrepublik die Klimaziele für 2030 verlässlich einhalte.

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Um den Klimaschutz durchzuführen setzt Merkel auf die Mechanismen der sozialen Marktwirtschaft. Der Staat solle also den Rahmen setzen, aber nicht dirigieren. Das passende Instrument dafür sei die Bepreisung von CO2-Emissionen. Merkel sagte, sie stelle fest, dass Teile der deutschen Wirtschaft weiter seien "als Teile hier in diesem Hause."

Konkret sagte Merkel, sie gehe davon aus, dass im Bereich der erneuerbaren Energien das Segment Offshore-Wind eher zunehmen wird. Außerdem plädierte sie dafür, Gerichtsverfahren und Einsprüche gegen Windräder oder Stromtrassen zu verkürzen - und erhielt dafür langanhaltenden Applaus. Zudem mahnte sie deutliche CO2-Einsparungen im Segment Verkehr an, in dem es seit 1990 quasi keine Einsparungen gegeben habe. Und sie lobte Landwirtschaftsministerin Klöckner für ihre Anstrengungen beim Schutz des Waldes.

Zum Abschluss dieses Themenfeldes sagte Merkel: "Wir dürfen nationalen nicht gegen internationalen Klimaschutz ausspielen." Natürlich müsse man Klimaschutz-Anstrengungen auch außerhalb Deutschlands fördern; dort, wo besonders hohe Emissionen freigesetzt werden. Merkel weiter: "Aber das erspart uns eben nicht die eigene häusliche Anstrengung."

Das Credo der Kanzlerin: "Wenn wir den Klimaschutz vorantreiben, wird es Geld kosten - aber Nichtstun ist nicht die Alternative, sondern es ist eine Tatsache, dass es dann teurer wird."

Nur einmal unterbrach Merkel ihren Vortrag, als nämlich der Grünen-Politiker Jürgen Trittin der Kanzlerin zurief: "Wer hat denn 14 Jahre nichts gemacht?" Merkel unterbrach sich und sagte, sie würde eigentlich gerne darauf antworten, wenn dem Zwischenrufer damit nicht zu viel Ehre zuteil würde. Darauf kam es aus Reihen der Grünen : "Aber es stimmt doch" - Merkel: "Nein, das stimmt nicht!"

Zweite große Herausforderung: Digitalisierung

Als zweite große Herausforderung neben dem Klimaschutz benannte Merkel die Digitalisierung. Neben der schnellen Einführung des Mobilfunkstandards 5G erwähnte die Kanzlerin besonders die Künstliche Intelligenz: "Hier sind wir im Rückstand," so Merkel wörtlich.

Mit Blick auf die Themen Klimaschutz und Digitalisierung sagte Merkel: "Die Bewältigung dieser beiden Herausforderungen ist die entscheidende Frage, ob wir auch in Zukunft in Wohlstand leben können." Nur wenn Deutschland bei der Wirtschaft und den Innovationen an der Weltspitze mitspiele, könne das Land seine Position halten.

Zu einem kleinen Zwischenfall kam es, als Merkel die Erfolge der aktuellen Regierung aufzählte: Neben dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz, der Konzertierten Aktion Pflege und der Soli-Abschaffung erwähnte sie dabei auch die kalte Progression bei der Einkommenssteuer. Als Merkel sagte, die kalte Progression sei ausgeglichen, wird sie von höhnischem Lachen unterbrochen. Es kommt von FDP-Chef Christian Lindner. Merkel wendete sich ihm zu: "Ja, das ist so. Das ist ja unstrittig. Das hat selbst der Bund der Steuerzahler gestern gesagt, Herr Linder. Da waren sie sogar dabei. Ich bitte Sie." Lachen im Plenum.

Als Schlusswort forderte Merkel einen entschiedenen Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus. "Wenn nicht klar ist, dass es in diesem Land null Toleranz gegen Rassismus, Hass und Abneigung gegen andere Menschen gibt, dann wird das Zusammenleben nicht gelingen", sagte sie. In Deutschland seien Angriffe gegen Juden, Ausländer und Hass in der Sprache alltäglich geworden. "Das müssen wir bekämpfen", betonte die Kanzlerin. Deshalb sei auch die von der Regierung gegründete Ehrenamtsstiftung so wichtig.

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Erstes Thema: Europa

Zu Beginn ihrer Rede hatte Merkel angesichts weltweiter Kräfteverschiebungen zu einer engeren Zusammenarbeit in der Europäischen Union aufgerufen. Es sei nun die Stunde, neue Stärke zu entwickeln, sagte die CDU-Politikerin.

Merkel verwies auf die wachsende Rivalität zwischen den USA und China, ein „geostrategisches Wiedererstarken“ Russlands und den geplanten Austritt Großbritanniens aus der EU. Dies habe tiefgreifende Folgen.

Beim Brexit sieht Merkel noch Chancen für einen geordneten Austritt. Deutschland sei aber auf einen ungeordneten Brexit vorbereitet. Geplant ist der EU-Austritt Großbritanniens am 31. Oktober.

Merkel sagte weiter, die EU müsse ihren Rückstand bei wichtigen Technologien aufholen. Europa sei technologisch nicht mehr in allen Bereichen auf der Höhe der Zeit. Sie verwies etwa auf die Herstellung von Chips, die Plattformwirtschaft und die Batteriezellenproduktion.

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Merkel lobte die Vorstellung der künftigen EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen für die Aufgabenverteilung in der neuen Kommission. Sie sprach von einer „global ausgerichteten Kommission“, die Europas Rolle in der Welt festigen werde. Die Kanzlerin rief dazu auf, noch vor der EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands im zweiten Halbjahr 2020 den EU-Haushalt zu verabschieden.

Mit Blick auf Kritik der USA sagte Merkel, Deutschland werde seine Versprechen einhalten, den Anteil der Verteidigungsausgaben in Richtung zwei Prozent zu erhöhen. Die EU wolle außerdem ihre gemeinsame Verteidigungspolitik stärken.

Lindner: Erst Schmeichelei, dann Kritik

Als nächster Redner nach der Kanzlerin sprach FDP-Chef Christian Lindner. Der begann seine Rede ungewohnt ruhig - und mit Schmeicheleien in Richtung Merkel. Er lobte etwa Merkels außenpolitische Erfahrung, nur wenige Staatenlenker international wüssten so sehr um die Veränderungen der vergangenen zehn Jahre. Und zurecht habe Merkel auf die Konkurrenz durch China verwiesen. Aber - und damit zog Lindner das Tempo deutlich an - dann müsse man daraus auch Konsequenzen ziehen und China selbstbewusst die Stirn bieten. Womit Lindner bei der Forderung angelangt war, die Bundeskanzlerin müsse den Hongkong-Aktivisten Joshua Wong empfangen.

Außerdem warf Lindner der Bundesregierung vor, den bisherigen Boom nicht genutzt zu haben, um Deutschland dauerhaft wettbewerbsfähig zu machen. In einer sich abschwächenden Konjunktur könne es zu höheren Sozialausgaben und geringere Steuereinnahmen kommen, sagte Lindner. "Dieser Haushalt hält nur noch für die Restlaufzeit Ihrer Regierung", hielt der Partei- und Fraktionschef der Liberalen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor.

Christian Lindner, Fraktionsvorsitzender und Parteivorsitzender der FDP, spricht bei der Generaldebatte im Deutschen Bundestag.
Christian Lindner, Fraktionsvorsitzender und Parteivorsitzender der FDP, spricht bei der Generaldebatte im Deutschen Bundestag.

© Kay Nietfeld/dpa

Scharf kritisierte Lindner auch die von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) vorgeschlagene Stiftung für den Klimaschutz. Diese soll Bürger-Anleihen zu einem festen Zinssatz von zwei Prozent mit einer Laufzeit von zehn Jahren ausgeben. "Das ist Zinssubvention auf Kosten der Steuerzahler", sagte der FDP-Chef.

In den Haushaltsberatungen des Bundestags hat die Aussprache über den Etat des Kanzleramts traditionell den Charakter einer Generalaussprache über die Politik der Regierung. Der von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) am Dienstag eingebrachte Etat sieht für das kommende Jahr Ausgaben von 359,8 Milliarden Euro vor, die bis 2023 auf 375,7 Milliarden Euro steigen sollen. Neue Schulden will Scholz nicht machen.

Auch die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Katrin Göring-Eckardt, begann ihre Rede mit dem Klimaschutz. Sie wiederholte den Zwischenruf von Jürgen Trittin und äußerte die Sorge vor den kommenden Entscheidungen des Klimakabinetts. Wenn sie sehe, wie wenige Unionsabgeordnete bei Merkels Klima-Äußerungen geklatscht hätten, würde ihr Angst und bange.

Außerdem nahm sich Göring-Eckardt die AfD-Fraktion vor. Deren Vorsitzende Alice Weidel hatte die Generaldebatte eröffnet und noch vor der Kanzlerin gesprochen. Göring-Eckardt warf der AfD eine Spaltung der Gesellschaft vor, die sich die Demokratinnen und Demokraten in Deutschland nicht bieten lassen würden. "Nein, sie werden nicht die Demokratie unterwandern können und nein, sie werden dieses Land nicht zerstören können." (mit dpa, Reuters, AFP)

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