zum Hauptinhalt
Daniel Ortega und seine Frau Rosario Murillo herrschen über Nicaragua mit eiserner Hand.

© Maynor Valenzuela,AFP

Nicaragua vor Präsidentenwahl: "An dieser Farce will niemand teilnehmen"

Der Sieger steht schon fest: Machthaber Daniel Ortega hat mit Repressionen die Opposition ausgeschaltet.

Wer Nicaraguas Machthaber Daniel Ortega sucht, der ist im orangefarbenen Präsidentenpalast der Hauptstadt Managua am falschen Ort. Der Glas- und Betonbau am Managuasee ist seit dem Amtsantritt Ortegas 2007 zu einem Veranstaltungsort namens „Haus des Volkes“ geworden, in dem die sandinistische Machtclique sich von Staatsangestellten feiern lässt und ihre sozialistisch-revolutionäre Nostalgie pflegt.

Das Herrscherpaar residiert zehn Minuten Fahrtweg oberhalb vom See, in einem Anwesen, auf das Fremde wegen der hohen Mauern, Straßensperren und des Polizeiaufgebots normalerweise nur einen kurzen Blick werfen können. Sieben Häuser umfasst der Komplex, der ursprünglich einem Banker gehörte und den sich Ortega nach dem Sieg der sandinistischen Revolution 1979 mit einem Enteignungsdekret unter den Nagel riss. Dort, hinter hohen Mauern, trifft der weit verzweigte Familienclan der Ortega-Murillo seine einsamen Entscheidungen über Nicaragua.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Dort wurde 2018 die Jagd auf demonstrierende Studenten losgetreten, dort wurden die Anti-Terror-Gesetze ausgeheckt, mit denen Oppositionelle und kritische Journalisten verfolgt werden. Dort planen die Söhne des Herrscherpaares das Programm der von ihnen kontrollierten Radio- und TV-Sender und erteilen Anweisungen an die Troll- und Botfarmen. Von dort ergehen die Befehle an die Sicherheitskräfte, die Justiz und das Parlament. Dort wurde beschlossen, jeden auch nur ansatzweise gefährlichen Gegner für die am Sonntag stattfindende Präsidentschaftswahl einzusperren. Und dort wird der Clan nach der Präsidentschaftswahl am Sonntag seinen Machterhalt feiern.

Das Ergebnis kann niemand prüfen

Von einer Wahl kann kaum die Rede sein. Ortega hat zwar formell Gegenkandidaten, doch die sind austauschbare, käufliche Statisten. Die Stimmung in Managua ist gedrückt, ein Wahlkampf findet nicht statt. „Niemand will an dieser Farce teilnehmen“, sagt der Politologe Pedro Fonseca. Die Opposition hat zum Boykott aufgerufen. Einer Umfrage des Instituts Gallup von Mitte Oktober zufolge lehnen 65 Prozent der Nicaraguaner Ortega ab, und nur 19 Prozent wollen für ihn stimmen. Doch das dürfte reichen: Da es keine unabhängigen Wahlbeobachter gibt, der Wahlrat und sämtliche Wahlhelfer der regierenden sandinistischen Partei unterstehen, kritische nicaraguanische Medien konfisziert und praktisch keine ausländischen Journalisten ins Land gelassen wurden, kann letztlich niemand das Wahlergebnis überprüfen.

Die Repression und der Alleinherrschaftsanspruch des Familienclans haben Nicaragua international isoliert. Die USA und die EU haben die Wahl schon im Vorfeld kritisiert und erwägen neue Sanktionen. Schon jetzt stehen zahlreiche hohe Funktionäre auf schwarzen Listen, bekommen keine Einreisevisa mehr und müssen mit der Konfiszierung ihrer ausländischen Konten und Aktiva rechnen. Geholfen hat dies bislang nicht, zumal China und Russland Ortega weiter unterstützen. Nach der Wahl könnte Nicaragua die Suspendierung von Freihandelsabkommen drohen oder die Aussetzung von Mitgliedschaften in Regionalorganisationen wie der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS).

Angst und Armut sind Verbündete Ortegas

Ob das zielführend ist, bezweifelt Monica Baltodano, eine ehemalige Sandinistin, die heute Kritikerin Ortegas ist und ins Exil musste. „Exodus, Angst und Armut sind Verbündete Ortegas“, sagt sie. Zehntausende sind wie sie ins Exil geflohen, darunter auch Unternehmer und die gebildete Mittelschicht. Alleine 35.000 leben im benachbarten Costa Rica. Sie wollen am Sonntag eine große Protestkundgebung veranstalten und damit den Druck auf Ortega erhöhen. „Das Ausland wird unsere politische Krise nicht lösen, das müssen wir Nicaraguaner schon selbst tun“, sagt der Journalist Carlos Fernando Chamorro.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false