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Wie hätten Sie's denn gern? Jörg Meuthen, Ko-Chef der AfD, gibt sich mal scharf, mal moderat - je nach Anlass und Wirkungsziel.

© Bernd Weißbrod/dpa

Neujahrsempfänge der Rechtspopulisten: Mainz bleibt Mainz und wehrt sich gegen die AfD

Der AfD und anderen Rechtspopulisten gefallen altehrwürdige Mainzer Mauern besonders gut - aber die Stadt wehrt sich gegen die Vereinnahmung. Ein Ortstermin.

Hans-Dietrich Genscher hat hier als Außenminister gespeist, der ehemalige Ministerpräsident Kurt Beck traf sich hier oft mit seinen Gästen. Die Burg Weisenau ist ein besonderer Ort in Mainz – es gibt gutes Essen und erlesene Weine. Im alten Kellergewölbe, um 1836 erbaut, finden Familienfeiern statt, auch standesamtliche Trauungen. Ob dort in Zukunft aber noch geheiratet werden kann, ist fraglich: Die Stadt Mainz prüft die Verträge mit dem Pächter und droht offen damit, sie zu kündigen. Der Grund: In diesem Keller scheinen sich AfD-Politiker besonders wohlzufühlen.

Erst in der vergangenen Woche, am Abend vor dem ENF-Kongress in Koblenz, tafelten hier hundert europäische Rechtspopulisten unter Polizeischutz, darunter die französische Präsidentschaftskandidatin des Front National, Marine Le Pen, der niederländische Parteichef Geert Wilders und die AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry. Das Treffen wurde spät bekannt und gerade einmal 20 Demonstranten waren rechtzeitig vor Ort. Im November 2015 demonstrierten immerhin 1000 Mainzer gegen die AfD, das Bistum Mainz verdunkelte den Dom, das Staatstheater sang Beethovens Ode an die Freude.

Dem Wirt der Location wird mit Boykott gedroht

Am Freitag war nun Jörg Meuthen da, Ko-Bundesvorsitzender der AfD und Fraktionschef im baden-württembergischen Landtag – zum Neujahrsempfang der AfD Rheinland-Pfalz; ausgerechnet am offiziellen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus der Mann, der Björn Höckes Aussagen über das Holocaust- Mahnmal in Berlin verteidigt und Fördergelder für NS-Gedenkstätten streichen will. So einer im Weisenauer Burgkeller? Das wird Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) offenbar zu viel.

Er ist nicht der Einzige – in den sozialen Netzwerken wird zum Boykott der Gaststätte aufgerufen, und dazu, ihr schlechte Bewertungen zu geben, um Kunden abzuschrecken. Eine Eventagentur soll ihre Kooperationen mit dem Lokal beendet haben. „Keine Kunden für recht(soffen)e Gastronom*innen!" heißt es auch bei der „Gutmenschlichen Aktion Mainz“, die für Freitag zur Protestkundgebung aufrief. Immerhin knapp 150 Demonstranten hatten sich dann eingefunden, um gegen die AfD-Veranstaltung zu protestieren – mit gerade mal sechzig Teilnehmern. Der Burgkeller wurde für sie von einem großen Polizeiaufgebot abgesichert.

Meuthen gibt sich moderat - wenn Gastgeber und Publikum wollen

Anders als in Koblenz wurden alle Pressevertreter eingelassen und höflich begrüßt. Auch sonst gab man sich moderat: Zwar wurde viel von der Liebe zum deutschen Vaterland gesprochen, auf das alle stolz sein könnten und das – so Meuthen – gerade „abgemerkelt“ werde. Die „geschichtspolitische Wende“ war dieses Mal kein Thema. Meuthen sparte es komplett aus und bediente flexibel die Publikumswünsche – die sind in Rheinland-Pfalz offenbar andere.

Landeschef Uwe Junge wurde ganz deutlich: Es sei kein Zufall, dass Höcke im rheinland-pfälzischen Wahlkampf nicht aufgetreten sei. Schrille Töne schreckten ab. „Ich bin nicht bereit seine Tabubrüche aushalten zu müssen“, sagte Junge. Er lasse sich als Deutscher zwar nicht auf die zwölf Jahre des Nationalsozialismus reduzieren, aber: „Die wilden Spinner aus den rechten Grauzonen schaden der Partei.“ Sein Credo: Hart in der Sache, aber moderat im Ton. Daran hielt sich an diesem Abend auch Meuthen.

Hinweis: Der Artikel wurde am 28.1. um 12:44 Uhr korrigiert. In der ursprünglichen Version wurde eine Aussage von Herrn Höcke zu („dämlicher Bewältigungspolitik“) fälschlicherweise Herrn Meuthen zugeschrieben.

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