zum Hauptinhalt
Gut besucht: In einem Eiscafé in Goslar, Niedersachsen, sitzen Menschen in der Sonne.

© imago images/Schöning

Neuinfektionen nach Lockerungsmaßnahmen: Könnten nicht mal alle vernünftig sein, bitte!

Kaum waren die Lockerungen in Kraft, waren die Neuinfektionen da. Gute Mahnung einerseits. Andererseits: Muss das denn sein? Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Ariane Bemmer

Kommt jetzt das „Siehste!“-Triumphgeheul derjenigen, die vor Lockerungen gewarnt haben? In Leer und Frankfurt am Main haben sich direkt nach dem jeweiligen Ende unterschiedlicher Corona-Restriktionen (in Leer für Restaurantbesuche, in Frankfurt für Gottesdienste) viele Menschen mit dem Virus infiziert.

Das ist zunächst mal Beleg für die Richtigkeit der Feststellungen, dass die Seuche nicht vorbei ist und dass, ganz am Anfang, eine infizierte Person genügt, um die Verbreitung zu starten. So gesehen könnten die zwei bedauerlichen Fälle begrüßenswert sein – als abermalige Mahnung an verantwortungsvolles Handeln, das jetzt, parallel zu den vielen Lockerungsmaßnahmen (in Berlin öffnen am Montag die Freibäder und die Kneipenwirte begehren desselben) wichtiger als zuvor wird.

[Wenn Sie alle aktuellen Entwicklungen zur Coronavirus-Krise live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können. ]

Aber das ist – weniger begrüßenswert – nicht alles, was es zu sagen gibt. Tatsächlich sieht es so aus, dass in Leer wohl sicher, in Frankfurt wohl wahrscheinlich die dringend empfohlenen Verhaltensregeln – Abstand und/oder Masken, kein Körperkontakt – nicht eingehalten wurden. Ja, also, Leute!

Keine Nähe, keine Infektion. Klingt so einfach, ist so schwer.
Keine Nähe, keine Infektion. Klingt so einfach, ist so schwer.

© Ronny Hartmann/dpa

Dass das vielleicht menschlich ist, macht die Sache nicht besser, denn leider ist es eben auch ein bisschen blöd. Die Frage, die sich aufdrängt: Können nicht mal alle von sich aus vernünftig sein? Sollte es etwa wirklich wahr sein, dass man hierzulande ohne Verbote und Strafen nicht auskommt?

Gute Nacht Thüringen!

Für den Fall schon mal gute Nacht, Thüringen, für das sich Landeschef Bodo Ramelow ein Ende von Corona-Restriktionen und den Beginn einer „verantwortungsbewussten Solidarität“ ausgedacht hat. Wie die aussehen wird, kann man sich dann ja vorstellen: Masken fliegen in den Müll, Menschen einander in die Arme, Motto: Man weiß ja sowieso nicht mehr genau, was Stand der Forschung ist, da kann man sich seine Evidenz auch selbst machen.

Andererseits: Ist es nicht generell so, dass es eben Menschen gibt, die rücksichtsvoll und mit Blick auf mögliche Inkommoditäten für Dritte und Weitere handeln, während andere daran nicht so interessiert sind? Zweitere versucht man in Sachen Corona parallel zu Lockerungsmaßnahmen mit Appellen einzufangen, gern mit größtmöglichem Pathos: dass es nämlich darum gehe, Leben zu retten. Aber wenn es wirklich um dieses Größte geht, warum dann nur Appelle statt Vorschriften? Diese Binnenunlogik schafft weiterhin viel Raum für individuelle Interpretationen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false