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Kazim Türkmen, der Neue an der Spitze von Ditib

© Oliver Berg/dpa

Update

Neuer Vorstand: Islamverband Ditib beklagt "unberechtigte Angriffe"

Der Islamverband Ditib verspricht nach Spitzelaffäre und Kritik an seiner Abhängigkeit von Ankara einen Neuanfang. Doch es sieht nicht wirklich danach aus.

Der Islam-Dachverband Ditib will nach lang anhaltender Kritik seine Arbeit und Struktur nicht „abrupt“ ändern. Es habe viele „unberechtigte Angriffe“ gegeben, aber auch eigene Versäumnisse, sagte der Vorsitzende des neugewählten siebenköpfigen Vorstands, Kazim Türkmen, am Mittwoch in Köln. Basis von Veränderungen müssten „innere Dynamiken“ sein, nicht „Forderungen von außen“.

Grüne: Drei Vorstände sind türkische Beamte

Grüne, Linke und FDP im Bundestag äußerten sich kritisch. Die Grünen-Politikerin Filiz Polat erklärte, der angebliche Neustart der Ditib falle ins Wasser. „Die Zusammensetzung des neuen Vorstands, darunter drei Beamte der türkischen Religionsbehörde Diyanet in Ankara, lässt keinen großen Willen erkennen, künftig unabhängige Strukturen aufzubauen.“ Politiker in Bund und Ländern fordern seit 2016 eine Loslösung von der türkischen Regierung und von Diyanet. Die nordrhein-westfälische Landesregierung prüft weiterhin, ob es sich bei Ditib um eine Religionsgemeinschaft handelt. Im Auftrag der Regierung wird derzeit ein religionssoziologisches Gutachten erstellt.
Angesprochen auf die Affäre um Imame, die für Ankara gespitzelt haben sollen, sagte Türkmen, es sei damals keine Anklage erhoben worden. Man habe alle nötigen Informationen dazu gegeben. „Das Thema ist für die Ditib abgeschlossen.“ 2017 war bekannt geworden, dass angeblich Gemeindemitglieder von Moscheebediensteten ausgeforscht wurden, weil Ankara tatsächlichen oder vermeintlichen Anhängern der Gülen-Bewegung in Deutschland auf die Spur kommen wollte, die die Regierung Erdogan für den gescheiterten Putsch vom Sommer 2016 verantwortlich macht. Der Generalbundesanwalt hatte Mitte Dezember 2017 die Ermittlungen eingestellt, weil etliche Verdächtige in die Türkei verschwunden waren, bei anderen verfolgte er die mögliche Spitzelei nicht weiter, weil, so die Erklärung der Karlsruher Behörde damals, zu ihren Gunsten angenommen werden musste, "dass sie erhebliche Repressionen durch staatliche Stellen der Türkei befürchten mussten, wenn sie sich geweigert hätten, den Auftrag von „Diyanet“ umzusetzen".

Vorsitzender gibt zu: Konferenz in Köln war Projekt Ankaras

Der neue Vorsitzende Türkmen räumte auf der Pressekonferenz zudem ein, dass eine umstrittene Islamkonferenz Anfang des Jahres in Köln ein Diyanet-Projekt war. Ditib habe lediglich die Räume gestellt. Die Konferenz fand praktisch unter Ausschluss der deutschen Öffentlichkeit statt. Bekannt wurde, dass Vertreter der Muslimbruderschaft eingeladen waren, die Abschlusserklärung des Treffens - vorgetragen vom Chef von Diyanet - erteilte der Vorstellung eine Absage, es gebe so etwas wie einen europäischen oder deutschen Islam. Im September hatte die Eröffnung der Kölner Zentralmoschee von Ditib durch den türkischen Staatspräsidenten Erdogan zu massiver Kritik an Ditib geführt.

Gegen die These eines Neuanfangs spricht vor allem der persönliche Hintergrund der neuen Vorstandsmitglieder. Der Vorsitzende Türkmen hat im türkischen Staatsdienst Karriere gemacht, er war im Ankaraer Religionsamt zeitweise für die Auslandstürken zuständig. Auch sein Stellvertreter Ahmet Dilek ist türkischer Karrierebeamter. Er gilt zudem als einer der Hauptverantwortlichen der Spitzelaffäre. Dilek war im fraglichen Zeitraum Attaché am türkischen Konsulat in Köln. Ein wesentlicher Teil der Spitzelberichte stammte von Geistlichen in seinem Zuständigkeitsgebiet, weshalb anzunehmen ist, dass er sie nach Ankara weiterleitete. Eine Zeitlang waren die Vorstände des Verbands akademische Theologen. Dass jetzt wieder Leute aus dem Apparat eine starke Rolle spielen, werten Beobachter als Zeichen, dass Ankara Ditib eher stärker an die Kandare nehmen will. (mit dpa)

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