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Der meisten Fälle von Missbrauch finden in den Familien statt.

© dpa

Neue Unabhängige Beauftragte: „Sexueller Missbrauch geht jeden und jede an“

Kerstin Claus, neue Beauftragte für Fragen des Kindesmissbrauchs, will eine Fehleinschätzung ändern: dass Missbrauch im eigenen Umfeld nicht passieren kann.

Eine Zahl treibt Kerstin Claus besonders um. Bei einer Umfrage erklärten 85 Prozent der Befragten, sie könnten sich nicht vorstellen, dass in ihrem persönlichen Umfeld sexueller Missbrauch stattfinden könne.

Für die neue Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs ist das eine fatale Fehleinschätzung. „Ich kämpfe dafür, sichtbar zu machen, dass sexueller Missbrauch jede und jeden angeht“, sagte sie am Dienstag, als sie die Schwerpunkte ihrer Arbeit vorstellte. Claus ist seit 1. April im Amt.

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Um Missbrauch möglichst präventiv zu verhindern, strebt die bisherige Journalistin ein enges Netzwerk aus Beratungsstellen, Kinder- und Jugendhilfe, Ermittlungsbehörden und Ausbildungseinrichtungen an. „Wir brauchen bessere Strukturen vor Ort“, sagte Claus. In Städten sei die Möglichkeit von fachlicher Beratung zwar zufriedenstellend, „aber im ländlichen Raum haben wir noch große Lücken“.

Zudem sprach sich Claus für Schutzkonzepte in Kitas, Schulen und Vereinen aus. „In dieser Landschaft, in der sich Kinder bewegen, braucht es Expertise“, sagte sie. „In Kitas, Schulen und Vereinen müssen sexualpädagogische Konzepte mitgedacht werden.“

Kerstin Claus, die neue Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs.
Kerstin Claus, die neue Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs.

© IMAGO/Reiner Zensen

Sie plädierte auch dafür, dass in den einzelnen Bundesländern Betroffenenbeiräte eingerichtet werden. Die Einbeziehung von Betroffenen in die Arbeit sei wichtig, „weil Opfer die Täterstrategien kennen“. Claus ist selber Opfer von sexuellem Missbrauch.

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Im Herbst soll eine mehrjährige Aufklärungs- und Sensibilisierungs-Kampagne gestartet werden, allerdings sei deren Finanzierung noch nicht gesichert, klagte Claus. Die Kampagne soll rund fünf Millionen Euro kosten.

Claus fordert mehr Daten über Fälle von Kindesmissbrauch

Die neue Amtsinhaberin möchte auch, dass viel mehr Informationen und Daten über sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen gesammelt werden als bisher. Nur so sei eine effektive Bekämpfung der Taten sowie eine gute Prävention möglich.

„Es ist ein Skandal, dass wir 2022 noch immer keine verlässlichen Zahlen zum Ausmaß von sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche haben“, sagte sie. „Dabei ist bekannt, dass die Zahl der erfassten Fälle nur ein Bruchteil der tatsächlichen Zahlen darstellt.“ Sie sprach sich für die Einrichtung eines nationalen „Kompetenzzentrums Forschung“ aus.

Claus möchte auch, dass ihr Amt möglichst schnell gesetzlich verankert wird. „Man muss eine Berichtspflicht festlegen, es geht um ein Lagebild der Situation, sowie Aufarbeitung und Prävention.“ Eine Berichtspflicht bringe „Debatten in das Parlament“.

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