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Ganz zufrieden: Bundesfinanzminister Olaf Scholz.

© Michael Kappeler/dpa

Neue Steuerschätzung: Auch 2019 wieder ein kleiner Überschuss

Bund, Länder und Kommunen werden zum Jahresende fünf Milliarden Euro mehr einnehmen als bisher eingeplant. Der Bundesfinanzminister ist zufrieden.

Olaf Scholz pflegt seine Markenzeichen, und eines davon heißt: Steht für Stabilität. Die neueste Steuerschätzung, die er am Mittwoch vermelden konnte, ist daher nach dem Geschmack des Bundesfinanzministers gewesen. Die Zahlen sind wenig aufregend, jedenfalls auf den ersten Blick. In diesem Jahr wird der Staat doch etwas mehr einnehmen, als zuletzt im Mai geschätzt worden war (als die Prognosen nach unten korrigiert werden mussten, wegen der konjunkturellen Abkühlung). In den kommenden Jahren wird es dagegen etwas weniger sein. Das Fazit von Scholz: „Die Haushaltsplanung kann ohne Korrekturen weiterverfolgt werden.“ Dass er doch ein bisschen erleichtert war, darauf deutet der nachgeschobene Satz, dass man damit in den vergangenen Monaten nicht immer habe rechnen können.
In konkreten Zahlen verlangt die Steuerschätzung in der Tat kaum größere Änderungen in den Etats und Etatplanungen von Bund, Ländern und Kommunen. In diesem Jahr werden die Einnahmen wohl etwa fünf Milliarden Euro über dem bisherigen Plan liegen, davon entfallen vier Milliarden auf den Bundeshaushalt. Gut die Hälfte davon kommt zusammen, weil die Abführungen an die EU wegen der Verschiebung des Brexits geringer sind. Ausgegeben wird das Geld in den restlichen zwei Monaten nicht mehr, es wandert in eine Rücklage. Zur Forderung des CDU-Haushaltspolitikers Eckhardt Rehberg, es in den Digitalfonds zu legen – einen der Nebenhaushalte des Bundes –, meinte Scholz, das sei „eine Handlungsoption“. Ansonsten dürfte die Steuerschätzung für die laufenden Verhandlungen im Bundestag zum Haushalt für 2020 wenig Auswirkungen haben.

Rücklage für Digitales

Rehberg hält den Fonds, aus dem auch die fünf Milliarden Euro für die bessere digitale Ausstattung der Schulen finanziert werden soll, für unterfinanziert. Der Grund: Er wird nicht zuletzt aus den Einnahmen der Versteigerung der 5G-Lizenzen an die Telekom-Unternehmen finanziert, die nun aber nicht auf einen Schlag fließen werden, sondern gestreckt über viele Jahre.
Scholz betonte, dass der kleine Überschuss – der fünfte in Folge im Bundesetat – dazu diene, die sich aus der Steuerschätzung ergebenden geringeren Einnahmen bis 2023 auszugleichen. Die werden sich beim Bund allerdings auf nur 1,7 Milliarden Euro addieren, keine Summe, die einem Haushaltsplaner Schweißperlen auf die Stirn treiben würde. Insgesamt entfällt auf Länder und Kommunen der größere Teil der Mindereinnahmen (nicht absolut, sondern im Vergleich zur bisherigen Annahme): Auf sie kommt ein planerisches Minus von 7,6 Milliarden Euro zu.

Scholz beklagt Handelskonflikte

Die Steuerschätzung basiert auf den offiziellen Wachstumsprognosen der Bundesregierung, die für 2019 bei 0,5 Prozent liegt und für 2020 bei einem Prozent. Läuft es schlechter in der Wirtschaft, kommt weniger rein. Und umgekehrt. Scholz hofft, dass sich zwei „von der Politik zu verantwortende“ Wachstumsbremsen lösen: der internationale Handelskonflikt und die Ungewissheit um den Brexit. Das dämpft die deutschen Exporte, entsprechend schwächeln vor allem die Autoindustrie und die Maschinenbaubranche. Als Wachstumsimpuls nannte Scholz die geplante Abschaffung des Solidaritätszuschlags für 90 Prozent der Zahler ab 2021. Das wird zwar zu weiteren Mindereinnahmen beim Staat führen - zehn Milliarden Euro im Jahr zunächst -, aber die Hoffnung ist, dass damit der Konsum im Bundestagswahljahr einen kleinen Push bekommt und so die Umsatzsteuer ein bisschen mehr einbringt als bisher geplant.

Grüne und Arbeitgeber eins: Mehr Schulden

Die Opposition beklagt, was Scholz in Abrede stellt: Die Regierung investiere zu wenig. Die Grünen-Finanzpolitiker Anja Hajduk sagte, es sei eine „Investitionsoffensive“ in den kommenden zehn Jahren nötig, insbesondere für Klimaschutz. Hajduk kritisierte, dass Scholz und die Koalition weiterhin keine neuen Schulden aufnehmen wollten: „In Zeiten, in denen der Bund auf neue Kredite keine Zinsen zahlt, oder sogar noch Geld von Anlegern bekommt, ist das fahrlässig.“ Zur Opposition gehört mittlerweile auch der Bundesverband er deutschen Industrie. Deren Hauptgeschäftsführer Joachim Lang argumentiert, die Schere zwischen Zukunftsinvestitionen und konsumtiven Ausgaben – also etwa für Soziales – dürfe nicht weiter auseinandergehen. „Angesichts historisch niedriger Zinsen ist eine Kurskorrektur überfällig.“ Die Schuldenbremse mache das möglich - auch die Wirtschaft also verlangt mehr kreditfinanzierte Impulse. FDP-Chef Christian Lindner hält ein Vorziehen der Soli-Abschaffung - und dann auch für alle Zahler, also auch die Gutverdiener - für geboten, "auch um einen Wirtschaftsabsturz zu vermeiden". Das wäre aus seiner Sicht "eine Investition in unsere wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit".

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