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Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans winken als neugewählte SPD Bundesvorsitzende beim SPD-Bundesparteitag nach der Wahl.

© Michael Kappeler/dpa

Neue Parteichefs Esken und Walter-Borjans: Die SPD kehrt zum S für sozial zurück

Die Generallinie führt nach links. Über Hartz IV hinweg, aber auch zu einer Umverteilung, die wieder en vogue wird: von oben nach unten. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Wenn das „die neue Zeit“ ist, in die die SPD zieht – dann wird es hart werden. Für die an der Spitze wie für die, die von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans geführt werden sollen. Wohin, das klang bei beiden so: zurück in die Vergangenheit und von da aus in die Zukunft.

Also zurück zur Partei-Ikone Willy Brandt, 50 Jahre nach seiner Kanzlerschaft, um anhand seiner Werte die Sozialdemokratie wieder neu auszurichten. Nennen wir es das „EsKaBo“-Theorem.

Entspannungspolitik, Ostpolitik und blauer Himmel über der Ruhr – ja, doch, so kann man zusammenfassen, was Walter-Borjans und Esken vor den Delegierten sagten. Um sich, das nicht zuletzt, auch selbst zu erklären. Frappant war, dass das, was sie erklärten, tatsächlich in dem Moment nicht aus der Zeit gefallen wirkte, sondern nur irgendwie wiederbelebt. Was als Idee gar nicht so falsch sein muss, wo es doch um die Wiederbelebung der SPD als Volkspartei geht.

Apropos Volkspartei: Wann hat man in den vergangenen Jahren von der obersten Stelle gehört, dass die SPD eine „linke Volkspartei“ sei? Höchstens verschwiemelt, aber nie so klar wie auf diesem Parteitag. Kein Wunder, dass Olaf Scholz’ Gesichtszüge wie gefroren aussahen. Von wegen Radikalpragmatismus – die Exekutivpolitiker müssen jetzt stark sein. Es kommen andere Zeiten auf sie zu.

Die SPD kehrt zum S für sozial insofern zurück, als sie dem alles unterordnet: die Finanzpolitik, die Außen-, Sicherheits- und Europapolitik. Sogar das Nein zu Rüstungsexporten ließ sich bei Walter-Borjans übers S definieren. Was soll ein Rolf Mützenich im Bundestag als Fraktionsvorsitzender dagegen sagen? Das wird schwierig(er) werden.

Die Generallinie führt nach links

Die Generallinie führt in der Tat nach links. Über Hartz IV hinweg, das sowieso, aber auch zu einer neuen, alten Umverteilung, die politisch wieder en vogue wird: von oben nach unten. En vogue deshalb, weil etliche Studien gezeigt haben, dass die Schere auseinander geht, einerlei, was die anderen Wirtschaftsdaten sagen, wie gut es dem Land gehe.

Zu diesem Ansatz passt der Satz nur zu gut: Die Wirtschaft ist für die Menschen da, nicht umgekehrt. Und wenn es zu wenig ist, dann ist der Staat da.

Überhaupt, der Staat. Die Staatspartei Deutschlands, so sehen „EsKaBo“ ihre SPD, natürlich im besten Sinn. Der Staat muss stattlich investieren, als Anreiz; der Mindestlohn muss ordentlich steigen, als Lohn. Und dass Klimaschutz eine riesige Aufgabe ist, der Ausstieg aus der Kohle eine Gemeinschaftsleistung, die Geld erfordert, wusste auf seine Weise und vor Jahrzehnten schon der große Willy.

Nimmt der Rückverweis nicht dem Ganzen den Schrecken? Einerseits ja, denn es wirkt fast heimelig. Andererseits: oje. Schulden machen wie früher? Das funktioniert nicht wirklich, weil es mit dem Rückzahlen immer so eine Sache wird. Und in keiner großen Koalition, ob zu Brandts Zeiten oder heute, ist die Union für einen solchen Politikentwurf zu begeistern.

So sozialdemokratisch hat selbst Angela Merkel die CDU nicht gemacht bekommen. Zumal die auch gerade ein Rollback erlebt. Damit ist nicht einmal allein Friedrich Merz gemeint.

Mit ihnen zieht die neue Zeit? Seit’ an Seit’? Was jetzt zu beweisen wäre. Sowohl, dass das „EsKaBo“-Theorem funktioniert, als auch, dass die SPD nicht sofort wieder gegen sich intrigiert. Das kann hart werden.

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