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Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sucht den Kontakt zu Gewerkschaften und Sozialverbänden

© Sophia Kembowski/dpa

Exklusiv

Neue Nähe zu Gewerkschaften: Grünen-Fraktion gründet Beirat für Sozialpolitik

Grüne und Gewerkschaften haben sich in den letzten Jahren aufeinander zubewegt. Nun soll ein neues Gremium die Zusammenarbeit intensivieren.

Die Grünen im Bundestag wollen den Austausch mit Gewerkschaften und Sozialverbänden verstärken. An diesem Mittwoch trifft sich nach Informationen des Tagesspiegel zum ersten Mal der Gewerkschafts- und Sozialbeirat der Bundestagsfraktion. Der rund 30-köpfigen Runde, die Fraktionschef Anton Hofreiter initiiert hat, gehören Spitzenvertreter der Gewerkschaften, der Sozialverbände, sowie Wissenschaftler an.

Zugesagt zum ersten Treffen haben unter anderem DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach, Verdi-Chef Frank Bsirske und der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Ulrich Schneider. Der Beirat soll sich etwa drei Mal im Jahr treffen und über parlamentarische Vorhaben der Grünen in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik beraten.

Seit einer Weile ist in den Gewerkschaften ein gestiegenes Interesse an der Ökopartei zu spüren – nicht zuletzt wegen der gestiegenen Umfragewerte und der Aussicht, dass die Partei im Bund auch mal wieder mitregieren könnte. Auch die Tatsache, dass die Grünen die Sozialpolitiker wieder stärker ins Zentrum stellen, kommt gut an.

Man habe sich in den letzten Jahren „signifikant angenähert“, sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann, selbst SPD-Mitglied, neulich nach einem Treffen mit der Grünen-Spitze.

Aber auch die Grünen suchen in letzter Zeit bewusst den Kontakt zu den Gewerkschaften, auch weil sie wissen, dass sie deren Mitglieder bei einem sozialökologischen Umbau der Wirtschaft mitnehmen müssen. Die Annäherung fing nach der letzten Bundestagswahl an, als Grüne mit Union und FDP die Chancen einer Jamaika-Regierung ausloteten. Vor Beginn der Gespräche trafen die Grünen-Verhandler sich mit unterschiedlichen Interessenvertretern, um sich deren Wünsche anzuhören – zu ihnen gehörte auch die DGB-Spitze. Beim Parteitag in Leipzig im letzten Herbst war IG-Metall-Chef Jörg Hofmann zu Gast.

Die Ökofrage mit der sozialen Frage zusammenbringen

Auch in den „Zukunftslaboren“ der Bundestagsfraktion geht es mittlerweile stärker darum, die ökologische Frage mit der sozialen zusammenzubringen. Vergangene Woche setzten die Abgeordneten sich mit Betriebsräten, Gewerkschaftern, Verbraucherschützern und Umweltverbänden zusammen, es ging um die Zukunft der Autoindustrie in Deutschland.

Im Fokus stand die Frage, was der Ausstieg aus dem fossilen Verbrennungsmotor für Beschäftigte und Verbraucher bedeutet. Aufmerksam wird in den Gewerkschaften außerdem registriert, dass Fraktionschef Hofreiter die Forderung der IG Metall nach einem staatlichen „Transformations-Kurzarbeitergeld“ übernommen hat, mit dem der Wandel in der Autobranche hin zur Elektromobilität abgefedert werden soll.

Die Arbeit von Gewerkschaften und Sozialverbänden sei in Anbetracht großer Umbrüche wie der Klimakrise, Digitalisierung, Globalisierung und dem demografischem Wandel besonders wichtig, sagt Hofreiter. Ihm gehe es darum, in dem neu geschaffenen Forum „gemeinsam Antworten“ auf die vielen Herausforderungen zu finden.

Koordiniert werden soll der Beirat von den beiden Fachabgeordneten für Arbeitsmarktpolitik und Sozialpolitik, Beate Müller-Gemmeke und Sven Lehmann. Vor einem Jahr hatte die Bundestagsfraktion erstmals einen Wirtschaftsbeirat eingerichtet, in dem Konzernchefs ebenso wie Mittelständler vertreten sind.

Nach Ansicht der stellvertretenden Fraktionschefin Anja Hajduk, die für Wirtschaft und Soziales zuständig ist, sind beide Foren notwendig: „Nur im Dialog mit allen wird es gelingen, die Klimakrise zu stoppen, unsere Art zu Wirtschaften zu modernisieren, den Sozialstaat fit zu machen und so die Weichen für eine nachhaltige Politik zu stellen“, sagt sie.

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