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Eine russische Passagiermaschine am Freitag auf dem Flughafen von Kiew. Die Ukraine will Überflüge und Landungen russischer Fluggesellschaften ab 25. Oktober verbieten.

© Valentyn Ogirenko/Reuters

Neue Debatte über Sanktionen gegen Russland: Ukraine fühlt sich missachtet

Politiker und Medien in der Ukraine sind enttäuscht, dass die deutsche Bundesregierung im Interesse Syriens das Wirtschaftsembargo gegen Russland lockern könnte. Und Kiew plant eigene Sanktionen gegen russische Airlines.

„Jetzt ist es offiziell, die Ukraine-Krise ist keine so ernste Angelegenheit“, schreibt die Internet-Zeitung „Apostroph“. „Nun preschen ausgerechnet die Deutschen vor und denken laut über die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland nach“, schreibt der Kommentator der ukrainischen Wochenzeitschrift „Nowje Wremja“, Ivan Jakowina. Kaum waren die Äußerungen des deutschen Vize-Kanzlers Sigmar Gabriel öffentlich, schon hagelte es in den Medien Kritik.

Die ukrainische Regierung schweigt noch, Präsident Petro Poroschenko und Außenminister Pawlo Klimkin sind bei der UN-Vollversammlung in New York. Aber die meisten Entscheidungsträger in der Ukraine fühlen sich von ihren westlichen Partnern im Stich gelassen. Für Jakowina hat sich der russische Präsident Wladimir Putin in allen Punkten durchgesetzt: Der Westen setze sich mit ihm wieder an einen Tisch, um gemeinsam Lösungen für die großen Probleme dieser Welt – Syrien-Krieg, Iran-Atom-Deal und die Ukraine-Krise – zu finden. Die Regierung der Ukraine hat an diesen politischen Gedankenspielen niemand beteiligt.

Die Ukraine selbst schaffte unterdessen neue eigene Sanktionen gegen Russland: Am Freitag gab Regierungschef Arsenij Jazenjuk bekannt, die Ukraine werde Ende Oktober rund 20 russischen Fluggesellschaften, auch den staatseigenen Aeroflot und Transaero, die Lande- und Überflugrechte entziehen. Dmitri Peskow, Sprecher des russischen Präsidenten, nannte diese neuen Sanktionen „Wahnsinn“ – und einen Bruch internationaler Abkommen zur Luftfahrt.

Einigung über Gaslieferung zur Heizperiode

Dass die Ukraine – auch Dank der Unterstützung der EU – sich in der Nacht zum Samstag mit Russland auf die Wiederaufnahme der Gaslieferungen geeinigt hatte, wird in Kiew nur unter ferner liefen registriert. Ein Regierungsmitglied sagte dem Tagesspiegel: „Wieso sollen wir für diese Einigung dankbar sein? Schließlich hat auch Russland einen Vorteil davon, wenn es wieder Gas nach Kiew liefert.“ Die EU hat sich sehr bemüht, vor Beginn der Heizsaison im Oktober eine Einigung zu finden. Brüssel gewährte der Ukraine dafür einen Kredit über 500 Millionen Euro, um die Gasrechnungen an Gazprom zu bezahlen. Bis Ende März soll die Vereinbarung gelten, nach der der Gaspreis gedeckelt und zunächst eine Liefermenge von zwei Milliarden Kubikmeter festgelegt ist.

Gazprom-Chef Alexej Miller aber warnte schon vor allzu großer Euphorie: „Nach unseren Berechnungen braucht die Ukraine von Oktober bis März fünf bis sieben Milliarden Kubikmeter Gas, es könnte sein, dass es im ersten Quartal 2016 wieder Gesprächsbedarf gibt.“

Weitere Reaktionen auf Sigmar Gabriels Vorschlag lesen Sie hier - und die ersten russischen Reaktionen hier.

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