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Hell und transparent erscheint das Atrium des Neubaus des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Berlin

© Alexander Ludwig Obst/Marion Schmieding/Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung BBR/dpa

Neue BND-Zentrale in Berlin: Gelingt der Abschied vom Schlapphut-Klischee?

Der Bundesnachrichtendienst nimmt diesen Freitag seine neue Zentrale in Betrieb. Sie könnte das Symbol für einen Mentalitätswandel werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Frank Jansen

Dieser Freitag ist für den Bundesnachrichtendienst eine Zäsur. Mit der Einweihung der Zentrale in Berlin-Mitte beginnt eine neue Ära. Der BND wird endgültig nicht mehr aus einem abgelegenen, ehemaligen Nazi-Areal in Oberbayern gelenkt, sondern aus einem modernen Gebäudekomplex mitten in der Hauptstadt. Pullach ist gestern, Berlin ist heute.

Das gefällt nicht jedem im BND: Etwa hundert Mitarbeiter am alten Standort haben den Umzug nach Berlin verweigert. Doch „Pullach“, Synonym für Kalten Krieg und Abschottung, prägt nicht mehr das Gesamtbild des Dienstes, auch wenn der alte Standort als Außenstelle erhalten bleibt. Der Wechsel von mehr als 3000 Beamten aus Pullach und weiteren Standorten ins neue Haus in Berlin war überfällig.

Hier kann es gelingen, dass Politik, Medien und Bevölkerung das altbackene Klischee der Schlapphut-Behörde endgültig abhaken – wenn der BND den angekündigten Wandel zu mehr Transparenz durchhält. Die Einweihung der Zentrale ist eine Chance für den Dienst - und für die Republik. Nun sollten beide sie nutzen.

Ein zumindest innen prächtiger Hauptsitz, mit geradezu symbolträchtig hellen, hochragenden Lichthöfen, ist erstmal nur Optik. Sie kann eine neue Kultur abbilden - oder eine alte kaschieren. Dass BND-Präsident Bruno Kahl den Medien vor dem Umzug einen tiefen Einblick in den Neubau ermöglichte, war allerdings schon ein Bruch mit Geheimdiensttraditionen.

Und dann sprach Kahl vor einem Jahr in seinem ersten großen Interview in der noch nicht komplett bezogenen Zentrale überraschend freimütig über die Kontakte, die der BND zu Geheimdiensten von Schurkenstaaten haben muss, bis hin zum Regime des syrischen Diktators Assad.

Das war untypisch. Die Grünen äußerten sich zwar skeptisch, die Linkspartei ging auf Kahls Argumente gar nicht ein und blieb beim Mantra, Geheimdienste gehörten abgeschafft. Doch die Reaktionen in der Politik waren mehrheitlich geprägt von Verständnis. Kahls Offenheit zeigte, das eine Art Berliner Gespräch möglich ist, zwischen BND und Politik und Öffentlichkeit. Die neue Zentrale, auch ausgestattet mit einem Besucherzentrum, scheint das Symbol für eine halbwegs transparente Sicherheitsarchitektur zu werden.

Der Verfassungsschutz könnte vom BND lernen

Davon könnten auch die anderen deutschen Nachrichtendienste profitieren. Wenn sie sich parallel zum BND mehr öffnen würden. Dem Verfassungsschutz, der es mal macht, dann wieder nicht, würde es guttun. Das Gerangel um das Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz zur AfD zeugte nicht von Mut zu mehr Transparenz.

Das Papier zu extremistischen Umtrieben in der Partei ist als Verschlusssache eingestuft, obwohl es keine geheimen Informationen enthält und als Faktenbasis für die gesellschaftliche Debatte zum Umgang mit den Rechtspopulisten enorm hilfreich wäre. Erst die Internetplattform Netzpolitik.org machte das Gutachten der Öffentlichkeit zugänglich - um den Preis, sich strafbar zu machen. Eine missliche Geschichte.

Der Verfassungsschutz hat leider in einem Fall von landesweitem Interesse die Chance vertan, mit Offenheit mehr Vertrauen in seine Arbeit zu erreichen. Obwohl gerade das akribische Gutachten zur AfD belegt, was die Nachrichtendienste zu leisten vermögen.

Es liegt im Interesse von BND und Verfassungsschutz, die Kommunikation mit Politik und Gesellschaft zu stärken. Auch weil die Affären der Vergangenheit, von NSU bis NSA, die Republik bewegt haben. Deshalb mischt sich in den öffentlichen Blick auf die neue Zentrale des BND natürlich auch Skepsis. Sie ist manchmal mit pauschalen Vorurteilen gegenüber Geheimdiensten grundiert - und doch nicht zu vernachlässigen. Wenn es dem BND gelänge, im gesellschaftlichen Bewusstsein die Zentrale in der Chausseestraße als Symbol einer neuen Mentalität der Nachrichtendienste zu verankern, hätte das Land viel gewonnen.

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