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Vor Soldaten verkündet US-Präsident Trump seine Kehrtwende in der Afghanistanstrategie.

© Joshua Roberts/Reuters

Neue Afghanistan-Strategie: Trump korrigiert sich

Erst nannte er die Politik seiner Vorgänger verfehlt, jetzt kopiert Donald Trump deren Ansatz. Freilich auf viel geringerem Niveau. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Das war eine erstaunliche Trump-Rede. Der chronische Rechthaber gab ausnahmsweise offen zu, dass er seine Meinung geändert habe. "Mein ursprünglicher Instinkt war, einfach abzuziehen", sagte er in seiner Rede an die Nation in der Nacht zu Dienstag zum US-Truppeneinsatz in Afghanistan. "Aber ich habe gehört, dass Entscheidungen anders ausfallen, wenn man am Schreibtisch im Oval Office sitzt."

Trump bleibt vage

Trump will die US-Truppen dort verstärken. Genaue Zahlen nannte er zwar nicht. Bekannt ist aber, dass seine Generäle 4000 Mann mehr vorgeschlagen haben. Das entspräche einer Erhöhung um nahezu 50 Prozent. Er folgt also dem Vorbild seiner beiden Vorgänger George W. Bush und Barack Obama. Auch die hatten, als es schlecht lief und erobertes Gebiet wieder an die Taliban zurückzufallen drohte, einen "Surge" angeordnet, eine Truppenverstärkung.

Sie taten das wohl wissend, dass diese Entscheidung unpopulär in den USA ist. Die Bürger haben keine Lust, auch 16 Jahre nach Kriegsbeginn noch Soldaten und Steuermilliarden zu opfern für einen Feldzug, bei dem weder Erfolg noch Ende abzusehen sind. Obama brach mit seinem "Surge" sogar ein Wahlkampfversprechen: den kompletten Truppenabzug.

Bruch der Wahlkampfversprechen

Bei Donald Trump ist es ähnlich. Im Wahlkampf hatte er Afghanistan ein "totales Disaster" genannt. Und die Schuld daran in der "verfehlten Strategie" seiner Vorgänger Bush und Obama gesucht. Doch nun entscheidet auch er sich für den "Surge". Gegenüber den Wählern hatte er zuvor den Isolationisten gegeben, der sich - "America First!" - nur noch in den USA um die Interessen der USA kümmern wollte.

Das ist eine Ironie. Aber man sollte nicht vorschnell urteilen und schon gar nicht die makabren Floskeln von Afghanistan als unvermeidbarem "Friedhof der Großmächte" hervorkramen. Trumps "Surge" spielt sich auf völlig anderem Niveau ab als die Truppenverstärkungen seiner Vorgänger. Unter Bush kämpften weit über 100.000 US-Soldaten dort. Er zog dann zu viele zu früh ab, weil er sie von 2003 an für den parallelen Krieg im Irak brauchte. Obama verstärkte die dezimierte Truppe gegen Ende seines ersten Amtsjahrs 2009 um 30.000 Mann, begann ein Jahr später aber wieder mit der Reduzierung.

Es geht um nur 4000 Mann Verstärkung - nicht 30.000 wie bei Obama

Afghanistan ist heute gewiss nicht friedlich, aber in stabilerem Zustand als unter Bush und als in den ersten Obama-Jahren. Und es ist bei weitem nicht so katastrophal wie damals, als die Sowjets sich nach ihrer missglückten Intervention zurückzogen. Wenn Trump jetzt entscheidet, dass 8.400 US-Soldaten für die verbliebenen Operationen nicht ausreichen und weitere 4.000 benötigt werden, ist das eine völlig andere Lage. Sie zeigt: Der Abzug rückt näher, dauert aber länger als gehofft - vor allem, wenn man zwischendurch zu viele Soldaten zu früh abzieht.

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