zum Hauptinhalt
"Nein heißt Nein": In Deutschland muss eine Person mit Worten oder Gesten zum Ausdruck bringen, dass sie keinen Sex möchte.

© Wolfgang Kumm/dpa

„Nein heißt Nein“: Amnesty: Sex ohne Einwilligung gilt oft nicht als Vergewaltigung

Nur in 8 von 31 europäischen Ländern gibt es "zustimmungsbasierte Definitionen" von Vergewaltigung, so Amnesty International - und fordert Gesetzesänderungen.

Nein heißt Nein“ - das gilt in weniger als einem Drittel der europäischen Länder. In den meisten Ländern werde ungewollter Sex nur dann als Vergewaltigung eingestuft, wenn es zu körperlicher Gewalt, Drohungen oder Zwang kommt, teilte Amnesty International mit. Die Menschenrechtsorganisation hat dafür die Gesetzeslage in 31 europäischen Ländern untersucht.

Demnach haben nur 8 von 31 untersuchten Ländern in Europa sogenannte „zustimmungsbasierte Definitionen“ von Vergewaltigung in ihren Gesetzen festgelegt. In Deutschland, Irland, Großbritannien, Belgien, Zypern, Island, Luxemburg und Schweden gilt es als Vergewaltigung, wenn Menschen Sex haben, obwohl einer der Beteiligten Nein gesagt hat.

In den rechtlichen Definitionen der übrigen Länder wird laut Amnesty nur bei Gewalt, Androhung von Gewalt oder Zwang von einer Vergewaltigung ausgegangen. „Viele Leute glauben noch immer, es handele sich nicht um Vergewaltigung, wenn das Opfer betrunken oder freizügig gekleidet ist oder sich nicht körperlich wehrt.“ Dies sei jedoch falsch, so die Organisation: „Sex ohne Zustimmung ist Vergewaltigung, Punkt.“

Durch Gesetzesänderungen könnten europäische Regierungen dafür sorgen, dass Frauen nicht mehr anzweifeln, dass die Täter bestraft werden, sagte Anna Blus, die bei Amnesty für Frauenrechte zuständig ist. Schlussendlich biete das auch besseren Schutz vor Vergewaltigungen.

In Deutschland wurde das Sexualstrafrecht im Jahr 2016 reformiert. Seitdem muss eine Person mit Worten oder Gesten zum Ausdruck bringen, dass sie keinen Sex möchte. Passivität gilt dagegen als schweigendes Einverständnis. In Schweden ist das anders. Dort gilt seit Juli dieses Jahres ein Gesetz, nach dem die Partner aktiv zustimmen müssen - verbal oder nonverbal.

Barley und Baerbock fordern mehr Hilfsangebote

Justizministerin Katarina Barley beklagt, dass Frauen nach gewalttätigen Übergriffen oft nicht genug Unterstützung finden. „Zu wenige von Gewalt betroffene Frauen suchen Hilfe und wenn sie es doch tun, bekommen sie oft zu wenig davon“, schreibt die SPD-Politikerin in einem Gastbeitrag für die „Rhein-Neckar-Zeitung“ zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen an diesem Sonntag. „Dafür sorgt auch das Machtgefälle zwischen Männern und Frauen. Wir müssen die männlich geprägten Strukturen aufbrechen.“

Nach Zahlen des Bundeskriminalamtes versucht im Schnitt jeden Tag ein Mann in Deutschland, seine Partnerin oder Ex-Partnerin zu töten. Im vergangenen Jahr starben dabei 147 Frauen. Hinzu kommen Tausende Fälle von Vergewaltigung, Körperverletzung, Stalking und sexueller Nötigung. Fast 140.000 Fälle von Gewalt in der Partnerschaft wurden 2017 angezeigt. Die Dunkelziffer ist weitaus höher.

Frauenministerin Franziska Giffey (SPD) setzt sich für einen Ausbau der Hilfsangebote in Frauenhäusern ein. Ihren Angaben zufolge können derzeit in den 350 Frauenhäusern und 600 Fachberatungsstellen pro Jahr 30.000 Frauen betreut werden. Im kommenden Jahr soll ein Aktionsprogramm gegen Gewalt an Frauen starten, das Länder wie Kommunen beim Ausbau von Hilfsstrukturen unterstützt. Im ersten Jahr sollen 6,1 Millionen Euro fließen, im zweiten Jahr 35 Millionen Euro.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock forderte mehr Geld für den Schutz von Frauen. In Deutschland fehlten mindestens 4000 Plätze in Frauenhäusern, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Das Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen schreibe vor, dass auf 7500 Einwohner ein Schutzplatz komme. Deutschland müsse einen „Rechtsanspruch auf Schutz“ schaffen, verlangte sie. (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false