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Ein Abgeordneter spiegelt sich in der Scheibe der Reichstagskuppel über dem Plenarsaal des Bundestages.

© Kay Nietfeld/dpa

Nebeneinkünfte von Abgeordneten: Kritik an mangelnder Transparenz im Bundestag

Einige Abgeordnete kassieren für Nebenjobs beträchtliche Summen aus unbekannter Quelle. Experten halten diese Praxis für skandalös und fordern schärfere Regeln.

Der Bundestag braucht nach Auffassung von Experten mehr Transparenz bei den Nebeneinkünften von Parlamentariern. „Dass unsere Abgeordneten teils beträchtliche Summen aus anonymen Quellen kassieren, ist skandalös“, erklärte die Organisation Abgeordnetenwatch am Freitag. „Alle Nebeneinkünfte müssen endlich vollständig auf den Tisch, mitsamt der Geldgeberinnen und Geldgeber“, sagte der Sprecher der Organisation, Roman Ebener.

Nach Recherchen des Tagesspiegels gingen im vergangenen Jahr 208 der insgesamt 709 Bundestagsabgeordneten einer bezahlten Nebentätigkeit nach (lesen Sie hier bei Tagesspiegel Plus eine Auswertung der Nebeneinkünfte der Parlamentarier).

Die Kritik der Transparenzexperten zielt vor allem darauf, dass bei vielen Abgeordneten die eigentliche Quelle der Nebeneinkünfte unbekannt ist. Abgeordnete, die nebenbei als Anwälte oder Berater arbeiten, müssen nicht einmal offenlegen, in welcher Branche ihre Mandanten tätig sind. Ob ein Parlamentarier durch die Tätigkeit neben dem Mandat in einen Interessenkonflikt geraten könnte, ist damit nicht erkennbar. Abgeordnetenwatch kommt zu dem Ergebnis, dass seit dem Beginn der Legislaturperiode bei Zahlungen in einer Gesamthöhe von mindestens 11,2 Millionen Euro die Geldgeber unbekannt sind.

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Der ehemalige Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) erhielt beispielsweise im Jahr 2019 für „Strategieberatung“ 150.000 Euro von einem einzigen Mandanten, ein weiterer Mandant zahlte ihm jeden Monat zwischen 7000 und 15.000 Euro. Insgesamt erzielte Ramsauer allein 2019 nebenbei Einnahmen zwischen 391.500 und 729.500 Euro. Damit gehörte er nach Tagesspiegel-Recherchen im vergangenen Jahr zu den zehn Top-Verdienern im Bundestag.

Bundestag sieht keine Rechtsverstöße im Fall Amthor

Die Debatte über Nebentätigkeiten von Abgeordneten war durch den Fall des CDU-Politikers Philipp Amthor neu befeuert worden. Dieser hatte sich beim Bundeswirtschaftsminister für ein neues Unternehmen mit Sitz in den USA eingesetzt, von dem er Aktienoptionen und einen Aufsichtsratsposten erhalten hatte.

Der Bundestag hat bei einer Prüfung allerdings keinen Verstoß gegen die Verhaltensregeln für Abgeordnete festgestellt. Es habe „keine Hinweise auf Rechtsverstöße“ gegeben, hieß es. Die Annahme von Aktienoptionen ist Parlamentariern weder ausdrücklich untersagt noch an bestimmte Regeln geknüpft. Auch deshalb fordern Opposition und Transparenzorganisationen strengere Regeln für Abgeordnete.

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