zum Hauptinhalt
Das Brandenburger Tor leuchtet in den Nationalfarben.

© Paul Zinken,dpa

Nationale Symbole: Schwarz-Rot-Gold darf nicht den Falschen überlassen werden!

In Flagge und Hymne kommt ein entschlossener demokratischer Patriotismus zum Ausdruck. Deutschland braucht ihn mehr denn je. Ein Gastkommentar.

Deutschland ist vergleichsweise arm an nationalen Symbolen, der Umgang mit ihnen auf eigenartige Weise verkrampft. Als die Bürger des Landes zur Fußballweltmeisterschaft 2006 ihr „Sommermärchen“ ganz in Schwarz-Rot-Gold feierten, beruhigten sich viele der üblichen Bedenkenträger erst, als die Überzeugung sich durchsetzte, es sei lediglich „Fußballpatriotismus“, mehr Party als Politik.

So ähnlich wiederholte sich das 2010. Im Landtag sprach der damalige Oppositionsführer Bodo Ramelow aufgebracht von „Fanartikeln“, als die CDU-Fraktion Krawatten und Halstücher in den Farben der Bundesrepublik trug. Wie allergisch der heutige Ministerpräsident Thüringens auf nationale Symbole reagiert, unterstrich er kürzlich nochmals mit seinem Vorstoß zur Abschaffung der deutschen Nationalhymne.

In jüngster Zeit hat sich Schwarz-Rot-Gold sowohl Umarmungs- und heftigster Abwehrreaktionen zu erwehren. Die unfreiwillige Komik, mit der AfD-Flügelmann Björn Höcke 2015 Schwarz-Rot-Gold nicht etwa hisste, sondern als Ausweis nationaler Gesinnung über die Lehne eines Stuhls im Fernsehstudio hängte, ging außer ihm wohl jedem auf. Die ernste Seite der Angelegenheit ist, dass die AfD sich in maßloser Selbstüberschätzung als Fürsprecherin des gesamten Volkes inszeniert und die Nationalfarben dazu großzügig nutzt.

Verächter der Nationalfarben unter der Regenbogenfahne

Auf der anderen Seite reihen sich Teile der sogenannten Zivilgesellschaft in die lange Reihe der Gegner von Schwarz- Rot-Gold ein, wie zuletzt im Oktober 2018 bei der „Unteilbar“-Demonstration in Berlin. Feinde dieser Farben waren bisher vor allem Monarchisten, Deutschnationale, Nationalsozialisten und Rechtsextreme. Heute versammeln sich die Verächter von Schwarz-Rot-Gold nicht mehr unter Schwarz-Weiß-Rot, sondern unter der Regenbogenfahne, deren Symbolkraft ganz nebenbei dadurch geschwächt wird.

Für nicht wenige Ostdeutsche ist das alles unverständlich. Unsere innere Bindung an Schwarz-Rot-Gold wurzelt in der Friedlichen Revolution 1989/90. Zu den Schlüsselszenen dieser Revolution gehören die Nachmittagsstunden des 19. Dezember 1989, einem Dienstag. Helmut Kohl sprach vor der Ruine der Frauenkirche in Dresden zu 20.000 Menschen.

Schwarz-Rot-Gold beherrschte die Szenerie. Hammer, Zirkel und Ährenkranz, das Staatswappen der DDR, waren vielfach abgetrennt oder ausgeschnitten. Daran war nichts verkrampft, das war nicht Party, das war Politik. Die von Herzen getragene Flagge war der vom Volk getragene Wille zur Einheit ihres Vaterlandes.

Auch die DDR berief sich auf diese Tradition

Der Augenblick, nicht mehr als eine halbe Stunde, reiht sich schlüssig ein in die lange Geschichte dieser Farben. Sie stehen seit dem frühen 19. Jahrhundert, für die Verbindung von demokratischer Freiheit und nationaler Einheit. Sie sind die Farben der Revolution von 1848/49, der Nationalversammlung, der Weimarer Republik und der Bundesrepublik Deutschland.

Auch die DDR berief sich auf diese Tradition und entschied sich für Schwarz-Rot-Gold. Dass zur Flagge das Staatswappen gehörte, war ideologisch folgerichtig. Nicht die Gesamtheit aller Bürger war der Souverän, sondern die SED verfasste ihren Staat DDR als „politische Organisation der Werktätigen in Stadt und Land“, als Instrument ihrer Klassenherrschaft, ihren Führungsanspruch eingeschlossen.

Mike Mohring ist Vorsitzender der CDU Thüringen und Spitzenkandidat seiner Partei bei der Landtagswahl.
Mike Mohring ist Vorsitzender der CDU Thüringen und Spitzenkandidat seiner Partei bei der Landtagswahl.

© Martin Schutt,dpa

Durch die Friedliche Revolution 1989/90 ist Schwarz-Rot-Gold als Symbol für den demokratisch verfassten deutschen Nationalstaat nochmals historisch beglaubigt worden. Und als Symbol genau dafür sollten die Farben der Republik auch hochgehalten und offensiv genutzt werden. Sie sind nicht das Erkennungszeichen einer politischen Richtung, sondern stehen in erster Linie für eine freiheitliche, demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, deren letzter Zweck die Freiheit und rechtliche Gleichheit aller ihrer Staatsbürger ist.

Schwarz-Rot-Gold ist keine Parteifarbe

Und ja, dieses mit historischer und politischer Bedeutung angereicherte Symbol steht zugleich für eine Erwartung: dass die Bürger zur Wahrung dieser Ordnung zusammenstehen, sich für sie einsetzen und in diesem Sinne eine politische Willensgemeinschaft bilden. Nichts anderes ist und will Nationalbewusstsein.

Die Nationalhymne, die dritte Strophe des Deutschlandliedes und das zweite zentrale nationale Symbol Deutschlands, bringt diese Erwartung geradezu kongenial auf den Punkt: „Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland! Danach lasst uns alle streben brüderlich mit Herz und Hand! Einigkeit und Recht und Freiheit sind des Glückes Unterpfand. Blüh im Glanze dieses Glückes, blühe, deutsches Vaterland!“

Es ist ein entschlossener demokratischer Patriotismus, der in der Flagge und Hymne zum Ausdruck kommt. Deutschland braucht ihn mehr denn je. Je vielfältiger das Land wird, je mehr Anstrengungen die Integration der Gesellschaft erfordert, desto wichtiger wird er. Wer Schwarz-Rot-Gold zur Parteifarbe verkleinert oder die Farben aus dem öffentlichen Raum verbannen will, der spaltet das Land – und das Motto „Unteilbar“ wird zur Lüge.

Mike Mohring ist Vorsitzender der CDU Thüringen und Spitzenkandidat seiner Partei bei der Landtagswahl.

Mike Mohring

Zur Startseite