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Polizisten kontrollieren in vielen Ländern, ob sich die Bürger an die nächtlichen Ausgangssperren halten.

© dpa/Moritz Frankenberg

Nächtliche Ausgangssperren in Deutschland: Wer wann zu Hause bleiben muss – ein Überblick

Die Corona-Infektionszahlen steigen bundesweit. Um der Situation Herr zu werden, verhängen immer mehr Bundesländer nächtliche Ausgangssperren.

Die Diskussionen über Lockerungen der vergangenen Wochen werden von stetig steigenden Infektionszahlen überschattet. Hinzukommt, dass die von der Bundesregierung beschlossene Aussetzung des Impfstoffs Astrazeneca für alle Menschen unter 60 einen herben Rückschlag für die Impfkampagne bedeutet. Statt geplanter Öffnungen stehen nun vielerorts Verschärfungen der Corona-Maßnahmen im Raum.

So zog am Mittwoch der Stadtstaat Hamburg die Notbremse: Ab Karfreitag sollen die Menschen in der Hansestadt von 21 Uhr bis 5 Uhr zu Hause bleiben, kündigte der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher an. Ausnahmen gelten laut Senat etwa für berufsbedingte Wege oder Notfälle. Auch „körperliche Betätigungen“ wie Joggen im näheren Umkreis des eigenen Wohnorts bleiben weiterhin erlaubt, solange Menschen nur allein unterwegs sind.

Auch Lebensmittelgeschäfte müssen um 21 Uhr schließen. Die Selbstabholung von Essen aus Restaurants ist nachts ebenfalls verboten, Lieferdienste dürfen allerdings normal weiterarbeiten. Tschentscher sprach von einer „drastischen Maßnahme“, die jedoch leider nun unvermeidlich sei. Die Sieben-Tage-Inzidenz der Stadt betrug laut Robert-Koch-Institut zuletzt 133,9.

Auch im Land Brandenburg gilt über die Osterfeiertage erneut eine nächtliche Ausgangssperre, nach der die Bevölkerung zwischen 22 Uhr und 5 Uhr nicht draußen unterwegs sein darf. Das hat das Kenia-Kabinett aus SPD, CDU und Grünen unter Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Dienstag wegen der erneut deutlich steigenden Zahl von Corona-Infektionen beschlossen. 

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Zugleich verschärft Brandenburg die Einschränkungen: Modellprojekte für die Erprobung von Öffnungen werden vorerst auf Eis gelegt. In Bayern gilt eine nächtliche Ausgangssperre für Landkreise und Städte mit einer Sieben-Tage-Inzidenz über 100, die Liste der Kreise, die davon betroffen sind, ist lang.

Auch Niedersachsen hat sich für das Instrument der nächtlichen Ausgangssperren entschieden. Bewohner einer Kommune mit einer Tagesinzidenz über 150 dürfen demnach ihr Grundstück zwischen 21 und 5 Uhr nur noch aus triftigen Gründen verlassen. Die Sonderregelung der Region Hannover, wo die Regelung ab 22 Uhr gilt, sei im Ermessensspielraum der Behörden, wie es am Dienstag aus dem Krisenstab des Landes hieß.

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In Baden-Württemberg werden nächtliche Ausgangsbeschränkungen an die Infektionszahlen gekoppelt. „Ausgangsbeschränkungen seien spätestens ab einer 7-Tage-Inzidenz von 150 ernsthaft in Betracht zu ziehen“, heißt es aus dem Sozialministerium, berichtet die Stuttgarter Zeitung. Damit richtet das Ministerium einen dringenden Appell an die Stadt- und Landkreise, dessen Umsetzung liegt allerdings in deren alleiniger Verantwortung. 

Auch Mecklenburg-Vorpommern knüpft nächtliche Ausgangssperren an eine Inzidenz von mehr als 150 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner in 7 Tagen, jedoch nur dann, wenn es nicht möglich ist, die Infektionen lokal einzugrenzen.

Allgemeine Ausgangsbeschränkungen sind in Sachsen vorgesehen, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz von über 100 in einem Landkreis oder einer Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen überschritten wird. Die Wohnungen dürfen dann nur mit triftigen Grund verlassen werden, allerdings auch etwa zur Bewegung an der frischen Luft.

[Lesen Sie auch: Warum FFP2-Masken vor einer Corona-Infektion bewahren können (T+)]

In Sachsen-Anhalt muss der Inzidenzwert an fünf aufeinanderfolgenden Tagen bei 200 liegen. Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen überlassen die Entscheidung den Kommunen, welche strengeren Maßnahmen ab einer Inzidenz über 100 sie ergreifen. In Hessen können die regionalen Behörden in Ausnahmesituationen Ausgangssperren verhängen, ab einer Inzidenz von 200 sind sie vorgeschrieben.

Saarlands Ministerpräsident hält Ausgangssperren für nicht wirksam

Berlin, Schleswig-Holstein und Thüringen haben bislang keine Ausgangssperren in ihren Verordnungen erlassen, dasselbe gilt für das Saarland. Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans hatte erst am Montag in einem Gespräch mit dem ZDF erklärt, er halte Ausgangssperren für nicht wirksam.

In Berlin hat der Senat am Donnerstag allerdings die Maßnahmen noch einmal verschärft - die neuen Beschlüsse kommen einer Ausgangssperre recht nahe. Ab Freitag dürfen sich im Freien dürfen Menschen nachts zwischen 21 und 5 Uhr nur noch alleine oder zweit aufhalten. Tagsüber bleibt es bei der bisherigen Regelung von maximal fünf Personen aus zwei Haushalten. Nach den Ostertagen ab Dienstag (6. April) sind dann nachts sind dann zwischen 21 und 5 Uhr keine Besuche mehr erlaubt. 

In Bremen gibt es Ausgangssperren bislang nur in Bremerhaven, wo die Sieben-Tage-Inzidenz zuletzt bei 266 lag. Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte steht Ausgangssperren kritisch gegenüber: Ihre Wirkung werde oft überschätzt, sagte er der Zeitung „Die Welt“. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebiete es, zunächst alle milderen Maßnahmen der Pandemiebekämpfung auszuschöpfen. Eine Ausgangssperre müsse „das allerletzte Mittel“ sein.

Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, hält nichts von Ausgangssperren. „Ausgangssperren oder Reiseverbote sind nicht wirklich zielführend. Wir sollten diese harten Maßnahmen ganz schnell wieder wegpacken“, sagte Gassen der „Rheinischen Post“. Hinter der Idee der Ausgangssperre stehe ein „merkwürdiges Menschenbild“.

Kanzlerin Angela Merkel hatte die Bundesländer am Wochenende mit Nachdruck an die vereinbarte Corona-Notbremse erinnert und angedeutet, dass auch der Bund einschreiten könne, sollten die Länder ihrerseits nicht die erforderlichen Maßnahmen einleiten.

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