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Wer kommt in sein Kabinett? Der gewählte US-Präsident Joe Biden

© Reuters/Jonathan Ernst

Nächster US-Präsident Joe Biden: Wie die Ministerriege aussehen könnte – und was das für Deutschland bedeutet

Joe Biden hat seinen Stabschef benannt, über sein Kabinett wird spekuliert. Ein Überblick über die wichtigsten Namen und was sie für Deutschland bedeuten.

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Donald Trump weigert sich weiterhin, seine Niederlage anzuerkennen. Trotzdem wird in den USA eifrig spekuliert, wer zum Kabinett des zukünftigen US-Präsidenten Joe Biden gehören könnte. Biden verspricht „das vielfältigste Kabinett“ der amerikanischen Geschichte, zu rechnen ist also mit vielen Frauen und People of Color – nach der seit Jahrzehnten „weißesten“ und männlichsten Regierung unter Trump.

Eine der wichtigsten Entscheidungen hat der Demokrat bereits bekannt gegeben: seinen Stabschef im Weißen Haus. Biden, der bekannt dafür ist, es allen recht machen zu wollen, wird aber auch viele enttäuschen müssen, die sich Hoffnungen machen. Vor allem beim linken Flügel seiner Partei. Ein Überblick über die wichtigsten Personalien.

Ein Bild aus dem Jahr 2014: Joe Biden und Ron Klain
Ein Bild aus dem Jahr 2014: Joe Biden und Ron Klain

© AFP/Mark Wilson

Chief of Staff - Biden benennt Stabschef

Es war die erste Personalie, die der President-elect verkündet hat: Die Aufgabe, als Stabschef im Weißen Haus die Regierungsgeschäfte zu koordinieren, soll Ron Klain übernehmen.

Der 59-Jährige gilt als enger Vertrauter Bidens. Der erfahrene Parteistratege arbeitet bereits für Biden, als dieser den Justizausschuss im US-Senat leitete und als er 1988 und 200 Präsidentschaftskandidat der Demokraten werden wollen.

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In dessen Zeit als Vizepräsident stand Klain ihm von 2009 bis 2011 als Stabschef zur Seite. Die akut wichtigste Erfahrung, die der Politprofi mitbringt: Vor sechs Jahren machte ihn Barack Obama zum Koordinator der Maßnahmen gegen die Ebola-Epidemie. Der an der Eliteuniversität Harvard ausgebildete Jurist muss nun mit dafür sorgen, dass die Regierung Biden die Coronakrise in den Griff bekommt.

Michele Flournoy im Jahr 2017.
Michele Flournoy im Jahr 2017.

© Chris Klepons/AFP

Verteidigung

Gehandelt für den Posten der Verteidigungsministerin (noch nie stand eine Frau an der Spitze des Pentagons) wird unter anderem die Senatorin Tammy Duckworth. Die in Thailand geborene Amerikanerin ist Veteranin, sie verlor während eines Brands in einem Hubschrauber 2004 beide Beine im Irak. Duckworth könnte aber auch Veteranenbeauftragte der Regierung Biden werden.

Als Favoritin für den Posten an der Pentagon-Spitze gilt Michèle Flournoy. Sie kennt die Behörde und viele hochrangige Mitarbeiter schon sehr gut – unter Barack Obama hat sie selbst die politische Abteilung geleitet.

Flournoys Pläne, die sie in den vergangenen Monaten in Interviews und Artikeln formuliert hat, sind ambitioniert und hätten große Relevanz für Europa.

Mehrfach hat sie gewarnt, dass die USA für die Herausforderungen im „Großmachtkonflikt“ mit China schlecht gerüstet sind – politisch wie technisch. Flournoy schwebt eine milliardenschwere Modernisierung des US-Militärs vor, vor allem mit Blick auf die Cyberabwehrfähigkeiten und den Einsatz künstlicher Intelligenz.

Der „Pivot to Asia“, die von Obama verkündete außen- und sicherheitspolitische Priorisierung Asiens, sei unvollendet geblieben, schrieb Flournoy kürzlich in „Foreign Affairs“, das sei ein Fehler. Die USA müssten sich sofort auf allen Ebenen – politisch, in Handelsfragen, aber auch militärisch – viel stärker auf asiatische Partner einstellen.

Umso mehr stellt Flournoy den Anspruch an Europa und besonders Deutschland, eigenverantwortlich zu handeln und die Aufgabe zu übernehmen, Russland im Zaum zu halten

Alter Wegbegleiter: Anthony Blinken und Joe Biden im Jahr 2013 im Weißen Haus. Im Hintergrund Susan Rice und John Kerry.
Alter Wegbegleiter: Anthony Blinken und Joe Biden im Jahr 2013 im Weißen Haus. Im Hintergrund Susan Rice und John Kerry.

© Jonathan Ernst/REUTERS

Nationaler Sicherheitsberater

Anthony Blinken, der den Wahlkämpfer Biden in außenpolitischen Fragen beriet, ist nun der am häufigsten genannte Name für den Posten des Nationalen Sicherheitsberaters des Präsidenten. In Washington heißt es, Blinken wolle lieber Außenminister werden, solle aber den Sicherheitsrat übernehmen. Blinken war von 2013 bis 2015 stellvertretender Nationaler Sicherheitsberater von Obama und von 2015 bis 2017 der Stellvertreter von Außenminister John Kerry.

Blinken steht für das Gegenteil von Trumps Außenpolitik, die vom „America First“-Gedanken geleitet war. Ihm schwebt eine aktive Rolle der USA in der Welt vor. In der China-Politik teilt er wenig überraschend Flournoys Haltung: Kooperation mit China ist möglich – aber aus einer Position der Stärke heraus, und das bedeutet letztlich technologische und militärische Überlegenheit.

Die frühere Sicherheitsberaterin von Barack Obama, Susan Rice, spricht bei der turnusmässigen Pressekonferenz.
Die frühere Sicherheitsberaterin von Barack Obama, Susan Rice, spricht bei der turnusmässigen Pressekonferenz.

© Jim Lo Scalzo/dpa

Außen

Als Favoritin für diesen Posten gilt Susan Rice. In der ersten Obama-Regierung war sie Botschafterin bei den Vereinten Nationen, in der zweiten Nationale Sicherheitsberaterin. Rice gilt als tough und direkt. Sie wurde auch als Vizepräsidentschaftskandidatin gehandelt. Bei den Vereinten Nationen setzte sie sich für den Klimaschutz, für Frauenrechte, für die Bekämpfung der Armut und für die Rechte von queeren und transMenschen ein.

Rice ist überzeugt, dass die USA wieder verstärkt ihre „Soft Power“ einsetzen müssten, dass sie eine Vorbildfunktion in der Welt haben.

Die Europaabteilung im Außenministerium könnte Julianne Smith leiten. Sie hat sehr enge Kontakte nach Deutschland und lebte zuletzt während Trumps Präsidentschaft als Fellow der Robert Bosch Akademie in Berlin. In dieser Zeit machte sie unter anderem den viel diskutierten Vorschlag, Deutschland brauche einen Nationalen Sicherheitsrat, ein Vorschlag, den Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer aufgriff.

Handel

Viel Arbeit wartet beim Thema Handel. Die von Trump angezettelten Streitigkeiten haben viel Schaden angerichtet. Als Handelsbeauftragter im Gespräch ist unter anderem der kalifornische Abgeordnete Jimmy Gomez.

Gomez wurde 1974 als Kind mexikanischer Einwanderer geboren. Nachdem Trump das amerikanisch-kanadisch-mexikanische Freihandelsabkommen Nafta in Frage gestellt hatte, verhandelte er für die demokratische Seite im Kongress das überparteiliche Nachfolgeabkommen USMCA. Trumps Zollpolitik gegenüber engen Partnern wie Kanada hat er stets scharf kritisiert. Handelsabkommen seien wichtig und eine Chance für Umweltstandards, den Klimaschutz und den Arbeitsschutz.

Agrar

Für dieses Ministerium sind zwei bekannte Demokratinnen aus dem ländlichen Teil Amerikas im Gespräch: Heidi Heitkamp, die frühere Senatorin aus North Dakota, sowie Minnesotas Senatorin Amy Klobuchar, die sich ebenfalls um die demokratische Präsidentschaftskandidatur beworben hatte. Der Posten ist wichtig bei dem Bemühen, stärker gegen die Stadt-Land-Polarisierung vorzugehen, von der Trump profitiert hatte.

Der linke Senator Bernie Sanders würde gern Arbeitsminister werden.
Der linke Senator Bernie Sanders würde gern Arbeitsminister werden.

© Matt Rourke/dpa

Arbeit

Der unterlegene Präsidentschaftsbewerber Bernie Sanders hat seine Ambitionen für dieses Ministerium gerade noch einmal in einem Interview klar gemacht. Aber der politisch linksstehende Senator aus Vermont könnte enttäuscht werden. Denn im Fall, dass die Republikaner bei den beiden am 5. Januar anstehenden Nachwahlen in Georgia ihre Senatsmehrheit verteidigen, haben sie bei wichtigen Personalfragen mitzureden. Dass Sanders ihre Zustimmung erhält, ist unwahrscheinlich. Als Favoriten gelten vielmehr der ehemalige Gewerkschafter und Kongressabgeordnete Andy Levin und die kalifornische Arbeitsministerin Julie Su.

Finanzen

Ähnlich dürfte es Elizabeth Warren, der Senatorin aus Massachusetts und ehemaligen Präsidentschaftsbewerberin gehen. Sie würde gerne Finanzministerin werden, um die Branche stärker zu regulieren und Verbraucherrechte zu stärken – genau das fürchten die Republikaner und viele an der Wall Street aber. Statt ihrer werden drei andere Frauen gehandelt:

Da wäre die frühere Notenbankchefin Janet Yellen, die frühere Fed-Direktorin Sarah Bloom Raskin und die derzeitige Fed-Direktorin Lael Brainard, die bereits in den Regierungen von Obama und Bill Clinton arbeitete. Brainard ist international gut vernetzt, was bei der Bekämpfung der Pandemie-Folgen wichtig ist. Wie Warren ist sie an stärkerer Regulierung interessiert, aber sie polarisiert deutlich weniger.

Aufgabe gesucht

Eine der in Medien besonders gern diskutierten Fragen ist die, welche Rolle der ehemalige Bürgermeister von South Bend und Ex-Präsidentschaftskandidat Pete Buttigieg übernehmen könnte. Der 38-Jährige gilt als Riesentalent und hat viele Großspenden eingetrieben. Er selbst liebäugelt angeblich mit dem Botschafterposten bei den Vereinten Nationen. Gehandelt wird er zudem als Veteranenminister, er selbst diente in Afghanistan. Auch das Minister für Wohnungsbau und Stadtentwicklung käme in Frage.

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