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Rohrsysteme und Absperrvorrichtungen in der Gasempfangsstation der Ostseepipeline Nord Stream 1.

© Jens Büttner/dpa

Nach Wartung von Nord Stream 1: Putin droht mit Gasdrosselung

Zum Ende ihrer Wartung steht die Gaspipeline Nord Stream 1 wieder besonders im Fokus. Putin kündigt zwar Lieferungen an, warnt aber gleichzeitig.

Wird am Donnerstag wieder russisches Gas über Nord Stream 1 nach Deutschland und Europa fließen? Erste Hinweise gibt es bereits, aber auch neuerliche Warnungen aus Moskau. Der russische Gaskonzern Gazprom wird laut Russlands Präsident Wladimir Putin seine Verpflichtungen „in vollem Umfang“ erfüllen.

Entgegen Befürchtungen, dass Russland den Gashahn nicht wieder aufdrehen könnte, deutete Kremlchef Wladimir Putin in der Nacht zum Mittwoch Lieferungen auch nach der Wartung an. „Gazprom erfüllt seine Verpflichtungen, hat sie stets erfüllt und ist gewillt, weiterhin alle seine Verpflichtungen zu erfüllen“, zitiert die russische Agentur Interfax Putin nach einem Gipfeltreffen am Dienstag mit der Türkei und dem Iran in Teheran. Normalerweise werden zudem am Vortag geplante Liefermengen bei Netzbetreibern angemeldet.

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Entsprechende Anmeldungen sind laut dem Netzbetreiber Gascade Voraussetzung für den Transport nennenswerter Mengen. Das Unternehmen betreibt die beiden Empfangspunkte von Nord Stream 1 im vorpommerschen Lubmin. Zunächst standen entsprechende Anmeldungen, bei denen es sich erst einmal um vorläufige Angaben handelt, noch aus.

Bis kurz vor dem planmäßigen Abschluss der Routinewartung der Leitung stand Gaslieferungen ab Donnerstag zumindest aus Sicht des Betreibers der Pipeline, der Nord Stream AG, nichts im Weg. Nach Aussage eines Unternehmenssprechers müsste die Nord Stream AG den Markt andernfalls in festgelegter Weise informieren. Eine entsprechende Meldung gab es auch bis zum Mittwochvormittag nicht. Am Dienstagnachmittag floss laut Betreiberwebsite trotz Wartung eine geringe Menge Gas durch die Leitungen. Dieser Fluss sei technisch bedingt gewesen, berichtete der NDR unter Berufung auf die Nord Stream AG. Laut den Plänen der Betreiber sollen die Leitungen wieder ab Donnerstag, 6 Uhr, zur Verfügung stehen.

Putin mit deutlicher Warnung

Putin warnte in der Nacht zum Mittwoch aber vor einem weiteren Absenken der Liefermenge. Sollte Russland eine in Kanada reparierte Turbine nicht zurückerhalten, drohe Ende Juli die Durchlasskapazität nochmals deutlich zu fallen. „Dann gibt es nur 30 Millionen Kubikmeter am Tag.“ Die Pipeline kann pro Tag theoretisch mehr als 167 Millionen Kubikmeter transportieren. Die in Kanada reparierte Turbine wurde wegen der westlichen Sanktionen infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine lange zurückgehalten. Zuletzt hatte Kanada entschieden, die Turbine an Deutschland zu übergeben.

Kremlchef Putin brachte erneut die weitgehend parallel verlaufende, fertiggestellte, aber nicht betriebene Pipeline Nord Stream 2 ins Spiel. Nach der russischen Invasion in die Ukraine setzte Deutschland das Genehmigungsverfahren für den Betrieb der Leitung aus. „Eine Route haben sie geschlossen, bei der zweiten die gaspumpenden Aggregate unter Sanktionen gestellt“, zitierte Interfax Putin.

In Teheran forderte Putin in der Debatte um die Blockade ukrainischer Getreide-Exporte außerdem eine Rücknahme westlicher Sanktionen auf Ausfuhren von russischem Getreide: „Wir werden die Ausfuhr ukrainischen Getreides erleichtern, aber wir gehen davon aus, dass alle Beschränkungen im Zusammenhang mit möglichen Lieferungen für die Ausfuhr von russischem Getreide aufgehoben werden“, sagte er.

Putin in Teheran im Gespräch mit Journalisten.
Putin in Teheran im Gespräch mit Journalisten.

© IMAGO/ITAR-TASS

Putin hatte schon in der Vergangenheit erklärt, der Betrieb von Nord Stream 2 könnte die Gaspreise senken. Denkbar wäre, dass Moskau die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 durch die Drosselung von Nord Stream 1 erzwingen will.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hatte am Dienstag betont, die Bundesregierung habe alles dafür getan, dass es „kein technisches Argument mehr für die russische Seite“ gebe, die Pipeline nicht wieder ans Netz zu nehmen, auch durch die Bereitstellung der zuvor in Kanada gewarteten Turbine. Aber niemand würde „seine Hand ins Feuer legen wollen für politische Kräfte aus dem Umfeld von Wladimir Putin“, sagte er dem Deutschlandfunk.

Schon vor Beginn der jetzigen Wartung und Stilllegung von Nord Stream 1 vor anderthalb Wochen hatte der russische Staatskonzern Gazprom die Lieferungen durch die mehr als 1200 Kilometer lange Pipeline auf 40 Prozent gedrosselt und dies mit der fehlenden Turbine begründet. Sie ist laut Gazprom für die Kompressorstation Portowaja wichtig, die wiederum für den Betrieb von Nord Stream 1 essenziell sei.

Aus Sicht der Bundesregierung diene die Turbine Russland nur als Vorwand zur Drosselung der Gaslieferung. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums handele es sich lediglich um eine Ersatzturbine. Laut Putin geht Ende Juli allerdings eine andere Turbine regulär in Reparatur. (dpa/Reuters)

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