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Facebook-Chef Mark Zuckerberg bei einer Anhörung im Oktober 2019.

© Erin Scott/REUTERS

Update

Nach virtuellem Streik von Mitarbeitern: Zuckerberg verteidigt Umgang mit Trumps Facebook-Post

Anders als Twitter ist Facebook nicht gegen einen wohl gewaltverherrlichenden Post des Präsidenten vorgegangen. Das hat Facebook-Chef Zuckerberg Kritik eingehandelt.

Von Johanna Kleibl

Nach der deutlichen Kritik von Mitarbeitern hat Facebook-Chef Mark Zuckerberg den Umgang seines Unternehmens mit möglicherweise gewaltverherrlichenden Nachrichten des US-Präsidenten Donald Trump verteidigt. Die Posts seien überprüft worden und es sei richtig gewesen, sie nicht von der Plattform zu nehmen, zitierte eine Sprecherin die Aussagen von Zuckerberg in einem Videochat mit Mitarbeitern am Dienstagabend. 

Zuckerberg kündigte laut der Sprecherin an, nach Alternativen zu suchen, die es möglich machen, Nachrichten auf der Plattform zu lassen, aber zu kennzeichnen.

Am Montag waren Facebook-Mitarbeiter aus Protest gegen den Umgang des sozialen Netzwerks mit dem umstrittenen Post von Donald Trump in einen virtuellen Streik getreten. Wie die „New York Times“ berichtet, haben zahlreiche Mitarbeiter ihre Arbeit niedergelegt und vom Homeoffice aus mit einer Art „digitalem Walkout“ ihren Protest ausgedrückt.

Hintergrund ist die Entscheidung des Konzerns, einen Facebook-Post des US-Präsidenten, der als Gewaltaufruf verstanden werden kann, weder zu löschen noch mit einem Hinweis als gewaltverherrlichenden Inhalt zu markieren.

Wie viele Mitarbeiter sich an der Protestaktion beteiligten, ist nicht bekannt. Dem US-Nachrichtensender MSNBC gegenüber schätzte ein Facebook-Mitarbeiter die Anzahl der Protestierenden auf bis zu 600.

Laut New York Times haben zahlreiche Mitarbeiter ihre Profile und die automatische Abwesenheitsbenachrichtigung ihrer Emails mit dem Hinweis versehen, dass sie außer Haus seien, um ihren Protest auszudrücken. Zudem sollen Facebook-Mitarbeiter intern Petitionen verbreitet und mit ihrer Kündigung gedroht haben. 

Auch auf sozialen Medien wurde der Protest der Facebook-Mitarbeiter sichtbar. Unter dem Hashtag #TakeAction forderten Angestellte ihren Arbeitgeber auf, sich die Entscheidung zu Trumps Post noch einmal vorzunehmen. Sie solidarisierten sich mit der Schwarzen Community und der antirassistischen Bewegung #BlackLivesMatter.

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Der Entwickler Owen Anderson schrieb am Sonntag auf Twitter, er sei stolz, bekanntzugeben, dass er ab dem Abend kein Facebook-Angestellter mehr sei. Er habe sich schon lange darauf vorbereitet, das Unternehmen zu verlassen, doch nach der vergangenen Woche sei er froh, nicht mehr Regeln und Werte zu unterstützen, die er nicht selbst unterstütze.

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Trumps aggressive Rhetorik lässt Raum für Interpretation

Trump, dessen Äußerungen in sozialen Netzwerken mit aggressiver Rhetorik und Falschbehauptungen durchzogen sind, hatte am Freitag mit einem Post auf Facebook und Twitter für Empörung gesorgt, der von Kritikern als Gewaltandrohung und als Anstachelung zum Schießen auf Plünderer gelesen wird. 

Als Reaktion auf die in Ausschreitungen mündenden Proteste nach dem Tod des Schwarzen George Floyd durch einen brutalen Polizeieinsatz schrieb Trump, er habe dem Gouverneur von Minnesota die Unterstützung des Militärs zugesagt. „Wenn es Schwierigkeiten gibt, werden wir die Kontrolle übernehmen, aber wenn das Plündern beginnt, geht auch das Schießen los. Dankeschön!“, schrieb der Präsident am frühen Freitagmorgen auf Twitter und Facebook.

Der letzte Teil des Zitats „When the looting starts, the shooting starts“ wird von Kritikern als offene Gewaltandrohung des Präsidenten oder auch als Aufruf zur Gewalt verstanden. Zudem ist das Zitat historisch belastet. Mit derselben Formulierung hatte der Polizeichef von Miami, Walter Headley, 1967 ein brutales Vorgehen der Polizei gegen Kriminelle in vornehmlich von Schwarzen bewohnten Vierteln angekündigt und auch den Einsatz von Schusswaffen bei Protesten Schwarzer gerechtfertigt.

Trump erklärte am Freitagnachmittag, seine Äußerung sei als reine Tatsachenfeststellung im Sinne von „auf Plünderungen folgt Waffengewalt“ (Looting leads to shooting) zu verstehen und nannte als Beispiel Demonstranten, die in Minneapolis und Louisville erschossen worden seien. Er habe die Aussage „als Fakt, nicht als Statement“ gemeint, niemand außer „Hatern und Leuten, die Probleme in sozialen Netzwerken machen wollen“ sollte ein Problem damit haben.

Zuckerberg sieht Aussage von Redefreiheit gedeckt

Anders als Facebook hatte Twitter den betreffenden Beitrag mit einem Warnhinweis versehen, weil er das Verbot von Gewaltverherrlichung auf der Plattform verletze. Zudem benannte Twitter den historischen Kontext des Zitats, dessen Zusammenhang mit Gewalt und das Risiko, dass die Worte heute „ähnliche Taten“ nach sich ziehen könnten. Wegen des öffentlichen Interesses sei der Tweet jedoch nicht gelöscht worden, so die Erklärung von Twitter.

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Auch die „Gemeinschaftsstandards“ von Facebook räumen dem Netzwerks das Löschen von Inhalten wegen Gewalt und Anstiftung zu Gewalt ein. Demnach entfernt Facebook Beiträge, die zu schweren Gewalttaten aufrufen oder diese unterstützen. „Wir entfernen entsprechende Inhalte, deaktivieren Konten und arbeiten mit den Strafverfolgungsbehörden zusammen, wenn wir der Ansicht sind, dass eine echte Gefahr von Körperverletzung oder eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit besteht.“ Beim umstrittenen Post des Präsidenten verzichtete die Plattform auf entsprechende Sanktionen.

Am Freitag (Ortszeit) erklärte Facebook-CEO Mark Zuckerberg in einem langen Beitrag, warum Facebook nicht auf den Äußerung Donald Trumps reagierte. Er persönlich habe eine zutiefst negative Reaktion „auf solch eine spaltende und aufwiegelnde Rhetorik“, so Zuckerberg.

Doch er handle nicht auf persönlicher Ebene, sondern als Vorsitzender einer Organisation, die sich der freien Äußerung verschrieben habe. Man habe sich den betreffenden Post sehr genau angesehen, um einzuschätzen, ob er gegen die Regeln von Facebook verstoße. „Wir haben den Post als Warnung vor staatlichem Handeln gelesen und wir denken, dass die Leute wissen sollten, wenn die Regierung plant, das Militär einzusetzen.“

Zuckerberg zog Konferenz vor

In Reaktion auf den Streik seiner Mitarbeiter hat Zuckerberg die wöchentliche Konferenz mit seinen Angestellten von Donnerstag auf Dienstag vorgezogen. Am Sonntag hatte Zuckerberg zudem angekündigt, sein Unternehmen werde 10 Millionen US-Dollar an Organisationen spenden, die sich gegen Rassismus einsetzen. Die interne Auseinandersetzung wird von Experten als eine Schwächung von Mark Zuckerberg in seinem Unternehmen gewertet.

Erst am Donnerstag hatte Trump eine Verfügung unterzeichnet, die den Schutz sozialer Medien vor Strafverfolgung beenden und zudem die Möglichkeit der Plattformen beschneiden soll, Inhalte zu moderieren. Trump wirft schon seit längerer Zeit Medien und sozialen Netzwerken vor, dass sie bestimmte Äußerungen zu seinem Nachteil unterdrückten oder förderten. 

Auf Facebook werden grundsätzlich keine Äußerungen von Politikern mit Faktenchecks versehen. Zuckerberg hatte erst kürzlich in einem von Fox News veröffentlichten Interview gesagt, er glaube daran, dass Facebook nicht der Schiedsrichter über die Wahrheit bei allem sein sollte, was Menschen online sagten. (mit Reuters)

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