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Innensenator Grote feierte seine Vereidigung mit 30 Freunden in einer Bar.

© dpa

Nach Umtrunk mit 30 Gästen: Änderung von Corona-Regeln wird zum Problem für Hamburgs Innensenator

Hamburgs Innensenator Andy Grote setzt sich über das Corona-Einschränkungen hinweg. Kein Problem: Dann werden sie eben nachträglich geändert.

Vier Eltern haben in Hamburg eine Bußgeld-Rechnung über insgesamt 900 Euro bekommen, weil ihre Kinder vor der Schule zu nah beieinander gestanden hatten. In Hamburg versammelte Innensenator Andy Grote (SPD) am 10. Juni anlässlich seiner Vereidigung 30 Freunde in einer Bar in der Hafencity, um miteinander anzustoßen. Wie hoch hier die Strafe ausfällt, ist noch offen. Die Bußgeldstelle prüft den Vorgang, seit sie in einer anonymen Mail auf die Feier hingewiesen wurde.

Mehr als zwei Wochen schon wird in der Stadt über Grotes Corona-Umtrunk diskutiert. Der Innensenator gestand einen schweren Fehler ein und zeigt sich reumütig, gleichzeitig jedoch verweist Grote auf eine Art Gesetzeslücke in der Eindämmungsverordnung, nach der es eben nicht verboten sei, auch in größerer Gruppe einen „gemeinsamen Gastronomiebesuch“ zu unternehmen. Eine Regelung, von der die meisten Hamburger, darunter auch die Gastronomen, zuvor noch nie etwas gehört hatten.

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Auf der städtischen Website hamburg.de, auf der Hinweise für die Bürger zu lesen sind, hieß es dazu bis vor einigen Tagen: „Bei allen Treffen dürfen nicht mehr als 10 Menschen aus diesen Haushalten zusammenkommen. Die Kontaktbeschränkung gilt auch für die Gastronomie“. Wie das „Hamburger Abendblatt“ berichtete, wurde diese Passage geändert.

Grote änderte die Regeln

Jetzt steht dort: „Bei allen Treffen dürfen nicht mehr als 10 Menschen aus diesen Haushalten zusammenkommen. Die Kontaktbeschränkung gilt auch für die Gastronomie, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann oder keine geeigneten Trennwände vorhanden sind.“ Das passt genau zur Argumentation des Innensenators, der immer betont hatte, bei seinem Umtrunk seien alle Abstandsmaßnahmen problemlos einzuhalten gewesen. Aus dem Senat hieß es auf eine „Bild“-Anfrage, der Passus sei missverständlich formuliert gewesen und daher nachträglich geändert worden.

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Während also die meisten Menschen in der Hansestadt seit Monaten keine Kindergeburtstage, Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen begehen, soll es die ganze Zeit erlaubt gewesen sein, sich einfach mit 30 Mann in einer Bar zu treffen, solange der Abstand eingehalten werden kann und es keine Feier im eigentlichen Sinne ist? Das ist schwer vermittelbar, zumal rechtlich unklar ist, worum genau es sich bei Grotes Umtrunk denn gehandelt hat. Er selbst gab zuletzt im Innenausschuss an, dass er die Teilnehmer Tage zuvor persönlich eingeladen hat; er hat einige Tage vor dem Umtrunk den Raum reserviert; und er hat am Ende die Rechnung bezahlt.

Die Opposition fordert Grotes Rücktritt

Die juristischen Feinheiten muss nun die Bußgeldstelle ermitteln. Politisch sind die Fronten klar. Die Opposition fordert Grotes Rücktritt. SPD-intern dominieren Unverständnis über den Umtrunk und Entsetzen über das Krisenmanagement. Bürgermeister Peter Tschentscher steht hinter seinem Senator: „Zum Rücktritt muss ich sagen: Herr Grote ist wirklich ein sehr guter Innensenator gewesen die letzten Jahre und deshalb rechtfertigt ein solch einmaliger Fehler keinen Rücktritt“, sagte er kürzlich im Interview bei Sat1. Wie der Innensenator bei einer möglichen zweiten Corona-Welle die Hamburger wieder auf harte Eindämmungsmaßnahmen einschwören oder auch nur die geltenden Maßnahmen mit der nötigen Autorität durchsetzen wolle, fragte dagegen die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein im Innenausschuss. Noch deutlicher wurde CDU-Innenexperte Dennis Gladiator: „Bisher hieß es, in Altona geht man ,cornern‘, jetzt gehen junge Leute schon ,groten‘.“

Karolina Meyer-Schilf

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