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Vier Mitglieder der US-Delegation mit dem taiwanesischen Außenministeriumsbeamten Douglas Yu-tien Hsu (Mitte) nach der Ankunft in Taipeh.

© AFP PHOTO/Ministry of Foreign Affairs

Update

Nach umstrittenem Pelosi-Besuch: Weitere US-Delegation in Taiwan eingetroffen

Nancy Pelosis aufsehenerregender Besuch ist keine zwei Wochen her. Nun besuchen Mitglieder des US-Kongresses den Inselstaat. Der Stopp soll zwei Tage dauern.

Nur elf Tage nach der Visite von US-Parlamentspräsidentin Nancy Pelosi ist der nächste hohe Besuch aus Washington in Taiwan eingetroffen. Die von Senator Ed Markey angeführte fünfköpfige Kongressdelegation landete am Sonntagabend (Ortszeit) mit zwei Maschinen der US Air Force in Taipeh. Sie will dort eine Nacht bleiben und am Montagmorgen auch Präsidentin Tsai Ing-wen treffen.

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Bemerkenswert ist angesichts der kontroversen Debatte einschließlich chinesischer Kriegsdrohungen, die Pelosis Reise vorangegangen waren, dass diesmal nichts im Voraus an die Öffentlichkeit gelangte. Erst eine Stunde vor der Landung berichteten taiwanesische Medien.

Ganz überraschend sei die Reise aber nicht, sagt Marcin Jerzewski, Leiter des Taipeh-Büros der Denkfabrik European Values Center for Security Policy, im Gespräch mit dem Tagesspiegel. „Man muss sie als Unterstreichen einer Norm verstehen: Parlamentarische Diplomatie mit Taiwan ist auch unter den Einschränkungen der Ein-China-Politik normal.“ Taiwans Außenministerium twitterte: „Wir danken den gleichgesinnten US-Parlamentariern für den Besuch zur rechten Zeit und die felsenfeste Unterstützung.“

Republikanische Senatorin aus Tennessee in Taiwan

Ungeachtet der Spannungen mit China ist erneut eine Kongresspolitikerin aus den USA nach Taiwan gereist. Das Flugzeug mit der republikanischen Senatorin Marsha Blackburn aus Tennessee an Bord landete am späten Donnerstagabend (Ortszeit) auf dem Songshan-Flughafen in Taipeh, wie Taiwans Außenministerium der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Die Visite war bis zur letzten Minute geheim gehalten worden. Die Senatorin hatte zuvor Fiji, die Salomonen im Südpazifik und Papua-Neuguinea besucht.

Entgegen ersten Berichten kam die US-Senatorin alleine und ohne andere Kongressvertreter.

Abgeordnete beider großer US-Parteien gehören zur Delegation

Eine Lektion aus Pelosis Besuch sei die Zusammensetzung der Delegation, die Abgeordnete aus beiden US-Parteien umfasst, sagt Jerzewski. Neben dem Demokraten Markey besteht sie aus vier Mitgliedern des Repräsentantenhauses, darunter eine Republikanerin. „Das soll den Eindruck der Spaltung in Washington ausräumen“, sagt der Taiwan-Experte.

[Exklusiv bei T+: De-facto-Botschafter Shieh nach Pelosis Besuch in Taipeh:„Die Hemmungen, nach Taiwan zu reisen, müssen fallen“]

Die Gruppe, deren Zwischenstopp Teil einer größeren Indopazifik-Reise ist, will in Taipeh Gespräche über die Beziehungen zwischen USA und Taiwan, regionale Sicherheit, globale Lieferketten und die Klimakrise führen. Auch ein Treffen mit Abgeordneten des taiwanesischen Verteidigungsausschusses ist vorgesehen.

Die Volksrepublik China betrachtet das faktisch unabhängige und demokratisch regierte Taiwan als Teil ihres Staatsgebiets, obwohl sie es nie regiert hat. Als Reaktion auf den Besuch Pelosis hatte sie groß angelegte Militärübungen rund um Taiwan durchgeführt und dabei auch eine mögliche Eroberung geübt. Die USA hatten dies jüngst erneut kritisiert. „China hat überreagiert“, sagte ein hochrangiger US-Regierungsmitarbeiter am Freitag bei einer Telefonschalte mit Journalisten. Die Aktionen seien „provokativ, destabilisierend und beispiellos“ gewesen.

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„Das Vorgehen Chinas steht im Widerspruch zu dem Ziel von Frieden und Stabilität“, sagte der Regierungsmitarbeiter. Es sei Teil einer „Druckkampagne“ gegen Taiwan, die noch nicht beendet sei. „Wir erwarten, dass sie sich in den kommenden Wochen und Monaten fortsetzen wird.“ Ziel sei, Taiwan einzuschüchtern und die Widerstandsfähigkeit der demokratischen Inselrepublik zu untergraben.

Auch nach dem formalen Ende der Schießmanöver rund um Taiwan vergangene Woche lässt Peking seine Kampfjets jenseits des Medians der Taiwanstraße fliegen. Am Sonntag verletzten laut Taiwans Verteidigungsministerium mindestens zehn chinesische Maschinen die als Pufferzone geltende Mittellinie. Bislang hatte Chinas Luftwaffe sie respektiert.

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„Auch China geht es gerade darum, Normen zu setzen, allerdings nicht durch ein Unterstreichen, sondern ein Ausdehnen von Normen“, sagt Jerzewski. Er erwartet, dass Peking als Reaktion auf die Reise der US-Delegation seine militärischen „Grauzonen-Operationen“ wieder verstärken wird. Als Grauzone ist das Agieren zwischen Frieden und Krieg bekannt.

Die Präsidenten Xi und Biden planen ein Treffen im November

Die USA hatten ihrerseits am Freitag angekündigt, in den kommenden Wochen die Taiwanstraße mit Schiffen und Flugzeugen durchqueren zu wollen. Das US-Militär werde „im Einklang mit ihrer langfristigen Verpflichtung für die Freiheit der Navigation (…) weiterhin fliegen, auf der See fahren und dort operieren, wo das Völkerrecht das erlaubt“, sagte der US-Koordinator für die Asien-Pazifik-Region, Kurt Campbell. Dazu gehöre auch die Meerenge zwischen China und Taiwan. Außerdem soll bald ein neuer Handelsplan zwischen Taiwan und den USA veröffentlicht werden.

Über Chinas unmittelbare militärische Eskalation hinaus scheinen die Zeichen aber auf Diplomatie zu stehen. Wie das „Wall Street Journal“ berichtet, wollen die beiden Präsidenten Joe Biden und Xi Jinping im November persönlich aufeinandertreffen, womöglich in Thailand.

Zuletzt haben sich Staaten verstärkt von China abgewandt. Estland und Lettland haben am Donnerstag das bis dato als „16+1“ bekannte Forum für die Kooperation zwischen China und Mittel- und Osteuropa verlassen. Zuvor war Litauen ausgetreten. Kurz nach Pelosi besuchte Litauens Vize-Verkehrsministerin, Agne Vaiciukeviciute, Taiwan – woraufhin Peking sie, wie auch Pelosi, persönlich sanktionierte. (mit dpa)

Cornelius Dieckmann

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