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Ein Schützenpanzer „Marder“ nimmt an einer Übung der Bundeswehr teil.

© Philipp Schulze/dpa

Nach Russlands Invasion: Ukraine will „Marder“-Panzer offenbar direkt bei Rüstungsfirma kaufen

Im Streit um deutsche Panzer-Lieferungen plant Kiew einem Bericht zufolge, bei Rheinmetall zu bestellen. Die „Marder“ müssen aber erst instand gesetzt werden.

Die Ukraine will offenbar direkt beim Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall deutsche "Marder"-Schützenpanzer kaufen. Wie die "Bild am Sonntag" (BamS) berichtete, plant der Konzern, bis Jahresende 35 Panzer an die Ukraine auszuliefern. Die ausgemusterten Panzer müssen demnach jedoch zunächst instand gesetzt werden.

Rheinmetall hatte ursprünglich vorgeschlagen, dass die Bundeswehr sofort einsatzfähige "Marder" an die Ukraine liefert, und danach von Rheinmetall die reparierten Panzer bekommt. Dies lehnte das Verteidigungsministerium aber ab, da die Bundeswehr-"Marder" sowohl an der Nato-Ostflanke als auch für Übung und Ausbildung im Einsatz seien. Zudem bezweifelt das Ministerium, dass die ausrangierten Rheinmetall-"Marder" schnell wieder fit gemacht werden können.

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Wie das Blatt berichtete, hat sich das Verteidigungsministerium die Panzer jedoch nicht einmal angesehen, um den Zustand und den Inspektions- und Wartungsbedarf einschätzen zu können. Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk sagte der Zeitung: "Wenn das stimmt, dass das BMVg die Marder bis dato gar nicht inspiziert hat, ist das ein Skandal. Obwohl dieser Vernichtungskrieg Russlands gegen die ukrainische Zivilbevölkerung seit 45 Tagen tobt, herrscht in Berlin keine Eile."

"Wir brauchen jetzt schwere Waffen. Der Schützenpanzer Marder wäre ein Weg“, sagte Melnyk dem Nachrichtenportal "The Pioneer". Beim Rüstungskonzern Rheinmetall würden 100 "Marder“-Panzer auf dem Hof stehen, die zwar generalüberholt und der Bundeswehr erst später zur Verfügung gestellt werden könnten, sagte Melnyk. "Dafür könnten wir von der Bundeswehr die einsatzfähigen Schützenpanzer bekommen, die derzeit irgendwo dort im Einsatz sind, wo kein Krieg ist. Das wäre eine kreative Lösung und eine große Hilfe. Es müssen ja nicht gleich alle 100 Stück sein. Ein Marder pro Woche wäre schon gut."

Weitere Verzögerung droht dem Bericht zufolge auch bei der Munition für die Panzer. Nach BamS-Informationen fragte Rheinmetall Ende März beim Ministerium von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) den Rückkauf von vier Millionen Schuss "Marder"-Munition an, um diese an die Ukraine liefern zu können – bisher ohne Antwort.

Militärexperten halten den Marder für einen Einsatz in der Ukraine für sehr geeignet. Der fast sieben Meter lange Schützenpanzer soll Panzergrenadiere geschützt zu Gefechten transportieren und davon wegbringen. Er kann bis zu sieben Soldaten transportieren, gilt mit seinen Ketten als besonders wendig und flexibel im Kampf. So kann der Schützenpanzer etwa Gewässer wie Flüsse mit einer Tiefe von 1,50 Metern durchqueren und Hänge mit einer Steigung von bis zu 60 Grad hochfahren.

Eine 20-mm-Bordmaschinenkanone soll den abgesetzten Panzergrenadieren Schutz vor gegnerischer Infanterie bieten. Mit einer installierten Panzerabwehrwaffe kann der Richtschütze, der neben dem Kommandanten und dem Fahrer im Rumpf sitzt, sogar feindliche Kampfpanzer und gepanzerte Fahrzeuge bekämpfen.

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Einem anderen Zeitungsbericht zufolge liegt der Ukraine zudem ein milliardenschweres Angebot für die Lieferung deutscher Panzerhaubitzen vor. Wie die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf Regierungskreise in Kiew berichtete, bietet der Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann (KMW) der Ukraine die Lieferung von 100 Stück der schweren Waffen an. Die Offerte sei bereits auf Arbeitsebene an die Bundesregierung übermittelt worden.

Konkret geht es dem Bericht zufolge um die Panzerhaubitze "2000". Die 100 Haubitzen haben demnach einschließlich Ausbildungspaket und Ersatzteilen einen Wert von 1,7 Milliarden Euro. Vom Hersteller war auf Anfrage der Zeitung kurzfristig keine Stellungnahme zu erhalten.

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Die Lieferung soll dem Bericht zufolge nach den Vorstellungen der Ukraine in einem Ringtausch erfolgen. Die Bundeswehr soll Kiew demnach 100 ihrer Haubitzen kurzfristig zur Verfügung stellen. Wie es aus ukrainischen Regierungskreisen mit Verweis auf das Angebot von KMW hieß, könnten die ersten neuen Haubitzen 30 Monate nach Vertragsunterzeichnung geliefert werden, also frühestens in der zweiten Hälfte des Jahres 2024. Die komplette Lieferung wäre erst 2027 abgeschlossen.

Panzerhaubitzen ähneln Panzern und stehen bei einem Gefecht in der Regel nicht in der ersten Reihe. Panzer müssen an feindliche Ziele heranrücken, Haubitzen feuern Dutzende Kilometer weit. Unklar ist derzeit, über wie viele Haubitzen die Bundeswehr verfügt. Zahlen aus den vergangenen Jahren liegen dem Bericht zufolge bei etwa 120 Stück. Das Verteidigungsministerium konnte eine entsprechende Anfrage der Zeitung mit Verweis auf Kurzfristigkeit am Samstagnachmittag nicht beantworten. (AFP, Tsp)

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