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Bitte bebauen! Innerstädtische Brachen sollen schneller für den Wohnungsbau genutzt werden können (Symbolbild).

© Jörn Hasselmann Tsp

Nach Protesten wegen Mietendeckel-Aus: Baulandmobilisierungsgesetz ist schärfer - und besser - geworden

Der Staat zeigt sich in Sachen Bauen handlungsfähig und -willig. Wenn Marktliberale das jetzt geißeln, verkennen sie eine fatale Entwicklung. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ralf Schönball

Berlins rechtlich nichtiger Mietendeckel hat vielleicht doch sein Gutes gehabt: Die heftigen Proteste von Mieterverbänden, Linken, Grünen und Teilen der SPD sowie die Demonstrationen tausender Mieter auf den Straßen Berlins unmittelbar nach der Veröffentlichung des Beschlusses vom Bundesverfassungsgericht dürften die Hardliner in der CDU kompromissfähig gemacht haben. Ein bundesweites Instrument zur Bekämpfung der unermüdlich steigenden Mieten in deutschen Metropolen – das so genannte Baulandmobilisierungsgesetz – fällt härter aus als erwartet.

Es könnte sogar das Schreckgespenst vieler Mietern verbannen: die drohende Kündigung, wenn ihr Haus am Immobilienmarkt gehandelt wird. Der Austausch der Mieter durch den neuen Eigentümer mit dem Ziel, durch Neuvermietung den hohen Kaufpreis bezahlbar zu machen, war nicht unüblich in Berlin. Dieser Praxis stellt das neue Gesetz nun Hürden in den Weg.

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Dafür hat die Koalition eine erst wachsweiche Regelung deutlich verschärft. Ein Beleg für die Schärfe ist der Protest von Immobilienverbänden, die darin das Ende der privaten Wohneigentumbildung sehen. Das ist es natürlich nicht.

Neu gebaute Wohnungen werden weiterhin am Immobilienmarkt zum Kauf angeboten. Dass wegen des „Umwandlungsverbots“ weniger in die Bestände investiert werden könnte, wie einige Kritiker befürchten, ist möglich. Allerdings dürfte dies nur solche Immobilien betreffen, die zum Verkauf grundsaniert werden sollen – dem will das Gesetz ja vorbeugen.

Es kommt ein Baugebot für freie Grundstücke

Verbesserungen gibt es auch bei dem in Berlin viel genutzten kommunalen „Vorkaufsrecht“: Die Bezirke habe künftig drei satt zwei Monate Zeit, in vereinbarte Kaufverträge über Wohnhäuser von Privaten einzusteigen. Sie können sogar Häuser kaufen, die noch gar nicht am Markt sind: Sogenannte Schrottimmobilien etwa, deren Eigentümer auf Verfall und Abriss spekulieren.

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Der größte Vorteil ist jedoch das Baugebot für freie Grundstücke. Gerade in Berlin gibt es zahlreiche Brachen in besten Lagen, die aus unterschiedlichsten Gründen bisher unbebaut geblieben sind. Hier kann der Bezirk künftig Druck machen auf den Eigentümer – und falls der nicht will oder kann notfalls selbst die dringend benötigten Wohnungen bauen. Denn nur Neubau hilft wirklich gegen die Wohnungsnot. Die Kleingartenkolonien, die von vielen mit Argusaugen betrachtet werden, da oftmals auf öffentlichem Grund, sind davon allerdings nicht betroffen .

Marktliberale mögen das neue Baulandmobilisierungsgesetz regulatorisches Gift nennen. Doch das greift zu kurz. Die hohen Mieten und Kaufpreise auf den Wohnungsmärkten der Metropolen können sich immer weniger Durchschnittsverdiener leisten. Ziehen die Familien fort, verlieren die Städte Millionen an Steuergeldern. Zudem sind menschenleere Innenstädte wie in beispielsweise in London nicht erstrebenswert.

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