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Martin Sonneborn, Mitglied des Europäischen Parlamentes und Bundesvorsitzende der Partei „Die Partei“ (Archivbild)

© dpa/Gregor Fischer

Update

Nach Parteiaustritt von Nico Semsrott: „Die Partei“-Chef Sonneborn bedauert als rassistisch kritisierten Witz

Der Europaabgeordnete Semsrott hält Sonneborns Umgang mit Rassismusvorwürfen für inakzeptabel. Der Parteichef erklärt sich zu seinen Absichten.

Der Europaabgeordnete und Satiriker Nico Semsrott hat seinen Austritt aus der Partei Die Partei verkündet. Der 34-Jährige begründete dies am Mittwoch damit, wie Parteichef Martin Sonneborn mit Rassismusvorwürfen umgehe.

„Ich finde seine Reaktion auf die Kritik falsch und inakzeptabel. Das ging mir in der Vergangenheit schon in anderen Fällen so“, heißt es in einer Erklärung, die Semsrott auf Twitter verbreitete. Hintergrund ist unter anderem ein mittlerweile gelöschter Tweet Sonneborns von vergangener Woche.

Dort war der Parteichef mit einem T-Shirt zu sehen, dessen Schriftzug suggeriert, Asiaten könnten kein R aussprechen. Etliche Nutzer gaben an, sich rassistisch beleidigt zu fühlen. Sonneborn legte mit einem weiteren Tweet nach, der ein Cover der Satire-Zeitschrift „Titanic“ zeigt, deren Chefredakteur er früher war. Dazu schrieb er: „So, und jetzt bitte schön diskutieren, was Satire darf & soll, die Grenzen bitte nicht vergessen. Merke: der erste Zugriff („Wah! Rassismus!“) ist oft nicht der beste.“

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Semsrott wurde 2019 auf der Liste von Die Partei ins Europaparlament gewählt. Anders als Sonneborn, der als fraktionsloser Abgeordneter im EU-Parlament sitzt, hat er sich der Grünen-Fraktion angeschlossen. Semsrott warf Sonneborn nun einen „ignoranten Umgang mit Feedback“ vor. „Wenn sich Menschen von seinen Postings rassistisch angegriffen fühlen, muss er nicht viel tun. Es reichen Mitgefühl und der Respekt vor den Betroffenen, um das eigene Verhalten zu korrigieren.“

Wenn er Kritik keinen Raum geben könne, den gesellschaftlichen Kontext ausblende, „beleidigt seine Machtposition ausnutzt, sobald Betroffene sich gegen Beleidigungen wehren“ und den Schwerpunkt darauf lege, dass „andere nur zu doof seien, seine Kunst zu verstehen“, solle er gehen, „weil er aus der Zeit gefallen und am falschen Ort ist“. Er habe Sonneborn vor einigen Tagen gebeten, sich zu entschuldigen, schrieb Semsrott. „Er hat es nicht gemacht. Das ist also kein Versehen, er will das eindeutig so.“

Die Partei sei in der öffentlichen Wahrnehmung jedoch vor allem Sonneborns Projekt. Dafür wolle er sein Gesicht nicht weiter hergeben, so Semsrott. Sein Mandat als Europaabgeordneter werde er jedoch behalten.

Nico Semsrott.
Nico Semsrott.

© Philipp von Ditfurth/dpa

Sonneborn bedauert „misslungenen Witz“

Sonneborn bedauert inzwischen den kritisierten Witz. Es sei ihm nicht bewusst gewesen, dass sich jemand durch den Aufdruck eines satirisch gemeinten T-Shirts rassistisch diskriminiert fühlen könnte, schrieb er auf Twitter.

„Wenn ein Witz aber zu rassistischer Verletzung führt, statt Reflexionsanstöße zu geben oder zumindest ein befreiendes Lachen nach sich zu ziehen, dann ist es ein misslungener Witz. Es tut mir leid, dass Menschen durch die Reproduktion dieser Stereotype verletzt wurden.“

In seiner Erklärung vom Mittwochabend schrieb Sonneborn: „Die Exegese von Witzen gehört eigentlich nicht zu meiner Berufsbeschreibung.“ Mit dem T-Shirt habe er nach dem Sturm von Anhängern des US-Präsidenten Donald Trump auf das Kapitol die „zunehmend gegenstandsloser werdende weltpolitische Überheblichkeit der USA“ und die „sinophoben Ausfälle und Polemiken ihres Präsidenten“ karikieren wollen. Bei der Gestaltung des Shirts habe er sich „sprachlicher Stereotype bedient und ein billiges Klischee aufgenommen“. Die Wirkung habe er unterschätzt.

Sonneborn ging in seiner Erklärung aber nicht konkret auf die Vorwürfe von Semsrott zum Umgang mit der Reaktion auf den Witz ein. „Ich bedanke mich bei Nico Semsrott für die deprimierende Zusammenarbeit und wünsche ihm für die Zukunft viel Erfolg“, schrieb Sonneborn aber. (dpa)

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