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Sudans Ministerpräsident Abdalla Hamdok wird nicht mehr in der Residenz des Generals festgehalten.

© Imago/Christian Spicker

Update

Nach Militärputsch im Sudan: EU und USA fordern Treffen mit entmachtetem Regierungschef

Der entmachtete Ministerpräsident des Sudans, Abdullah Hamduk, ist wieder zurück zu Hause. Das Militär gab auch deshalb nach, weil es Hilfszahlungen braucht.

Nach dem Militärputsch im Sudan fordern die Botschafter Deutschlands, der EU, der USA und anderer Länder ein Treffen mit dem entmachteten Ministerpräsidenten Abdullah Hamduk.

Man habe die Rückkehr Hamduks nach Hause zur Kenntnis genommen, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der EU-Delegation sowie der Botschaften Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, der USA und anderer Länder. Man erkenne Hamduk weiterhin als Regierungschef an, hieß es weiter. Man fordere die sofortige Freilassung rechtswidrig festgesetzter Minister und Vertreter der Zivilgesellschaft. 

Auch die Afrikanische Union zog Konsequenzen und suspendierte den Sudan. Die Mitgliedschaft sei mit sofortiger Wirkung auf Eis gelegt, hieß es in einer Mitteilung am Mittwoch. Das Land werde von allen Aktivitäten so lange ausgeschlossen, bis die entmachtete Übergangsregierung unter ziviler Führung wiederhergestellt sei.

Hamduk sei zurück zu Hause zusammen mit seiner Frau und werde schwer bewacht, gab das Büro Hamduks in einer Mitteilung auf der Facebook-Seite des Informationsministeriums in der Nacht zum Mittwoch bekannt. Es ist unklar, wie frei sich Hamduk bewegen kann. 

Zuvor hatte die EU den Putschisten mit einem Stopp ihrer Entwicklungshilfezahlungen gedroht. Die USA hat bereits Hilfen in Höhe von 700 Millionen US-Dollar vorläufig eingestellt. Auch Bundesaußenminister Heiko Maas forderte die Wiedereinsetzung der zivilen Regierung, Deutschland werde ansonsten seine Unterstützung unter diesen Bedingungen nicht fortsetzen.

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Das Militär hat am Montag in dem ostafrikanischen Land mit rund 44 Millionen Einwohnern die Macht übernommen. Al-Burhan verkündete die Entmachtung der zivilen Regierungsmitglieder und verhängte einen Ausnahmezustand.

Der Verbleib Hamduks, der seit August 2019 gemeinsam mit Al-Burhan an der Spitze einer Übergangsregierung stand, war nach der Machtergreifung des Militärs am Montagmorgen zunächst unklar gewesen. Daraufhin hatten Deutschland, die USA und die Vereinten Nationen, die sofortige Freilassung Hamduks gefordert. 

Am Dienstag hatte der höchste Militär, General Abdel Fattah al-Burhan, während einer Ansprache erklärt, dass Hamduk „zu seiner eigenen Sicherheit“ in der Residenz Al-Burhans festgehalten werde.

US-Außenminister Antony Blinken begrüßte die „Freilassung“, wie der Sprecher des Ministeriums, Ned Price, am Dienstagabend (Ortszeit) mitteilte. Blinken forderte demnach in einem Telefonat mit Hamduk die sudanesischen Streitkräfte erneut auf, alle inhaftierten zivilen Führer freizulassen und ihre Sicherheit zu gewährleisten.

Auch die EU forderte die sofortige Freilassung von rechtswidrig festgesetzten Ministern und Vertretern der Zivilgesellschaft. Wenn sich an der aktuellen Situation nichts ändere, werde dies schwerwiegende Folgen für finanzielles und anderes Engagement der Europäischen Union in dem Land haben, teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Dienstagabend im Namen der 27 Mitgliedstaaten mit. Hamduks Rückkehr nach Hause war zu dem Zeitpunkt noch nicht bekannt.

„Dieser Versuch, den Übergang des Sudans zur Demokratie zu untergraben, ist inakzeptabel“, hieß es in Borrells Erklärung. „Nach Jahrzehnten autoritärer Herrschaft und repressiver Diktatur muss das legitime Recht des sudanesischen Volkes auf eine bessere Zukunft unter Achtung von Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten und Demokratie, einschließlich der Wahl einer zivilen Regierung, geachtet werden.“

Bundesaußenminister Maas sprach in der Nacht zu Mittwoch von einer katastrophalen Entwicklung. „Der Putsch der Militärs wird, wenn er nicht sofort beendet wird, gravierende Folgen für das internationale Engagement haben, das Deutschland in den vergangenen Jahren maßgeblich unterstützt und koordiniert hat“, so der SPD-Politiker laut Auswärtigem Amt. Der Putsch entziehe diesem Engagement die Grundlage. Um gemeinsam vorzugehen, werde sich Deutschland eng mit seinen Partnern abstimmen.

EU unterstützt Sudan mit großen Geldbeträgen

Die EU unterstützte den Sudan und dessen rund 44 Millionen Einwohner zuletzt kontinuierlich mit großen Geldbeträgen. So wurden im vergangenen Jahr bei einer Partnerschaftskonferenz von den Institutionen und Mitgliedstaaten rund 770 Millionen Euro für Entwicklungshilfe und humanitäre Hilfe zugesagt. Davor stellte die EU zum Beispiel im September 2019 rund 278 Millionen Euro zur Unterstützung des zivilen Übergangs bereit.

Der UN-Sicherheitsrat konnte sich Diplomatenangaben zufolge zunächst nicht auf eine gemeinsame Stellungnahme einigen können. China und Russland hätten mit Blick auf einen Entwurf Änderungen gefordert.

Aus Sicherheitsratskreisen verlautete nach einer Dringlichkeitssitzung des mächtigsten UN-Gremiums am Dienstag in New York, die beiden Länder sähen die Vorkommnisse in Khartum nicht als Putsch - den andere Ratsmitglieder als solchen verurteilen wollten. Es werde an einem Kompromiss gearbeitet, der womöglich am Mittwoch stehen könnte.

Der Sudan wurde fast 30 Jahre lang von Omar al-Baschir regiert. Der Langzeit-Machthaber wurde im April 2019 nach monatelangen Massenprotesten und einem Militärputsch aus dem Amt getrieben. Daraufhin einigten sich das Militär und die zivile Opposition auf eine gemeinsame Übergangsregierung, die den Weg zu Wahlen ebnen sollte. Es folgten zahlreiche Reformen, wodurch sich das ölreiche, aber verarmte Land aus einer jahrzehntelangen Isolation befreien konnte. (dpa)

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