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Ursula Heinen-Esser.

© IMAGO/Political-Moments

Nach „Mallorca-Affäre“ unter Druck geraten: NRW-Ministerin Heinen-Esser tritt zurück

Wegen ihres Mallorca-Urlaubs nach der Flut im Juli steht Umweltministerin Heinen-Esser in der Kritik. Nun legt sie ihr Amt nieder.

Fünf Wochen vor der Landtagswahl ist NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser zurückgetreten. Zuvor war bekannt geworden, dass sich die CDU-Politikerin wenige Tage nach der Katastrophe im vergangenen Juli mit weiteren Regierungsmitgliedern auf Mallorca getroffen hatte, um den Geburtstag ihres Mannes zu feiern.

„Ich bedaure das Bild, das mein eigenes Handeln und die nachträgliche Darstellung erzeugt hat“, sagte Heinen-Esser im Landtag. „Dieses Bild entspricht nicht dem, wie ich wirklich bin. Aber mit diesem Bild von mir in der Öffentlichkeit ist das notwendige Vertrauen in mich als Ministerin nachhaltig in Frage gestellt.“ Sie wolle nun ihre Familie schützen und Schaden vom Amt abwenden.

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SPD und Grüne im Düsseldorfer Landtag bezeichneten den Rücktritt als „überfällig“. Die SPD legte auch Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) den Rücktritt nahe, die mit Heinen-Esser auf Mallorca den Geburtstag deren Mannes gefeiert hatte. Man müsse die Frage stellen, ob Scharrenbach „noch über die notwendige Integrität verfügt, weiter im Amt zu bleiben. Ich bin nicht der Meinung“, so Kutschaty.

Grünen-Fraktionschefin Verena Schäffer sagte, Scharrenbach müsse sich ebenfalls erklären. „Denn mit ihr waren gleich zwei wichtige Ressortchefinnen in der Hochwasserkatastrophe nicht in NRW vor Ort.“

Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU), Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner (CDU) und die damalige Staatssekretärin Serap Güler (CDU) hätten am 23. Juli auf Mallorca an einem gemeinsamen „Abendessen“ teilgenommen, hatte Heinen-Esser zuvor einen Bericht des „Kölner Stadt-Anzeigers“ bestätigt.

„Schaden von ihrer Familie und vom Amt“ abwenden

Am Mittag hatte sie ihren Rücktritt noch abgelehnt. Am späten Nachmittag dann sagte Heinen-Esser, sie habe sich die Reaktionen angesehen. Es gebe kein Verständnis für ihr damaliges Handeln. Sie wolle nun mit dem Rücktritt „Schaden von ihrer Familie und vom Amt“ abwenden.

Sie habe deshalb am Nachmittag Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) ihren Rücktritt angeboten und der habe ihn angenommen. Die SPD hatte zuvor die umgehende Entlassung Heinen-Essers gefordert. Während Zehntausende Betroffene des Hochwassers mit den Folgen der Flut gekämpft hätten, hätten es sich hochrangige Vertreter der NRW-Landesregierung auf Mallorca „gut gehen lassen“, sagte SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty.

Nach „Salamitaktik und Vertuschungsversuchen der Umweltministerin“ zeige sich nun, dass „offenbar ein echter Skandal unter der Decke gehalten werden“ sollte. Grüne und AfD hatten Heinen-Esser zum Rücktritt aufgefordert.

Der Grünen-Abgeordnete Johannes Remmel sprach vom „Costa-Concordia-Moment“ der Ministerin. „Sie sind von Bord gegangen zu einem Zeitpunkt, als das Schiff am Sinken war“, sagte Remmel in Anspielung auf die Schiffskatastrophe 2012. „Sie haben den Ausschuss getäuscht und die Unwahrheit gesagt.“

Heinen-Esser will ihre Amtsgeschäfte „vollumfänglich“ wahrgenommen haben

Die Umweltministerin stand bereits seit längerem in der Kritik, weil sie ihren Mallorca-Aufenthalt nach dem Hochwasser am 15. Juli zwar kurz unterbrochen, dann aber am 16. Juli fortgesetzt hatte. Dies hatte sie im Untersuchungsausschuss des Landtags damit begründet, sie habe ihre minderjährige Tochter und deren Freunde zurückholen müssen, die auf der Insel zurückgeblieben waren.

Als Heinen-Esser dann dem Ausschuss ihre Flugdaten übersandte, wurde klar, dass sie am 25. Juli samt Mann und Tochter ihren regulär und bereits im Februar gebuchten Rückflug angetreten hatte. Heinen-Esser sagte, sie habe ihre Amtsgeschäfte auch auf Mallorca „vollumfänglich“ wahrgenommen und werde dem Untersuchungsausschuss am 22. April erneut Rede und Antwort stehen.

Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Ralf Witzel (FDP), begrüßte, „dass wir vonseiten der Landesregierung weitere Materialien in Aussicht gestellt bekommen haben“. Die Aussagebereitschaft der bisher vernommenen Zeugen sei unterschiedlich ausgefallen, sagte Witzel, ohne Namen zu nennen.

Da er als Vorsitzender zu Neutralität verpflichtet sei, verbiete es sich, alle Enthüllungen der letzten Wochen zu bewerten, „auch wenn einem das gelegentlich als politisch denkender und handelnder Mensch schwerfällt“, sagte Witzel.

Der FDP-Politiker machte noch einmal das Ausmaß der Flut deutlich. Mit 180 Städten und Gemeinden sei fast die Hälfte der Kommunen in NRW von dem Hochwasser betroffen gewesen. 49 Menschen hätten durch die Flut ihr Leben verloren. Ihnen sei der Ausschuss eine „lückenlose Aufklärung aller Ursachen und Verantwortlichkeiten schuldig“. Die Jahrhundertflut am 14. und 15. Juli 2021 habe „unvorstellbares Leid und Verwüstungen“ mit sich gebracht. (dpa)

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