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Soldatenfriedhöfe seien eine Versöhnungsgeste der ehemaligen Kriegsgegner, erklärt der Volksbund für Kriegsgräberfürsorge.

© Bernd Wüstneck/dpa

Nach Kritik der Linken: Volksbund verteidigt Grabpflege von Kriegsverbrechern

Deutschland sorgt dafür, dass Gräber von NS-Kriegsverbrechern gepflegt werden. Die Linke kritisierte das, der Volksbund betont die Bedeutung für die Versöhnung.

Die Linke sieht die Instandhaltung der Gräber von Kriegsverbrechern als „Verhöhnung der Opfer“. Vergangene Woche äußerte sich die Partei nach einer kleinen Anfrage im Bundestag. Kritikpunkt sind die öffentlich finanzierten Ausgaben für die Grabpflege von ehemaligen SS-Mitgliedern und KZ-Kommandanten.

„Es ist unerträglich, dass mit öffentlichen Geldern Gräber von Personen gepflegt werden, die als KZ-Kommandanten oder Militärangehörige an schlimmsten Verbrechen der NS-Zeit beteiligt waren. Das ist zynisch und kommt einer Verhöhnung der Opfer der Naziherrschaft gleich“, sagte André Hahn, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Linken-Fraktion im Bundestag. „Wer Gräueltaten oder Kriegsverbrechen während der NS-Diktatur begangen hat, darf nicht in das Privileg eines ‚ewigen Grabes‘ kommen, selbst wenn er im Krieg ums Leben gekommen ist.“

Nach dem Tagesspiegel-Bericht äußert sich nun der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, der im Auftrag der Bundesregierung über 800 Kriegsgräberstätten in Europa pflegt. Als Rechtsgrundlage nennt die Pressestelle des Volksbundes das Völkerrecht: „Kriegstote haben dauerndes Ruherecht. Das stellt uns in Deutschland vor besondere Herausforderungen“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme des Vereins. „Es ist nicht selbstverständlich, dass ausgerechnet diejenigen, die als Besatzer und teilweise auch Kriegsverbrecher während des Angriff- und Vernichtungskrieges des nationalsozialistischen Deutschlands andere Länder überfielen, nun dort auf Friedhöfen beigesetzt werden.“

Versöhnungsgeste früherer Kriegsgegner

Im Gegenteil sei es eine große Versöhnungsgeste der ehemaligen Kriegsgegner, dies den Deutschen zu ermöglichen. Der Volksbund sei sich dessen bewusst. In der Stellungnahme schreibt der Volksbund, die Kriegsgräberstätten und ihre Aufgaben hätten sich verändert und seien von „Orten der individuellen Trauer zu Orten der Mahnung und des Lernens“ geworden. Das sei auch ein Bildungsauftrag der Institution.

„Wir gehen auf die Biographien der Toten ein und wollen Friedhöfe zu Orten der Auseinandersetzung mit und der Verantwortung für Vergangenheit und Zukunft machen. Gerade die Tatsache, dass hier häufig einfache Soldaten neben Kriegsverbrechern, Zivilisten neben Internierten, Täter neben Opfern liegen – und dass manche auch beides waren – macht die komplexe und grausame Dimension dieses Krieges deutlich.“

832 Grabstätten in 46 Staaten

Nach Angaben der Bundesregierung betreut der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge aktuell 832 Kriegsgräberstätten in 46 Staaten mit etwa 2,8 Millionen deutscher Kriegstoten aus beiden Weltkriegen. Etwa zehn Prozent der geschätzt knapp zwei Millionen auf deutschen Kriegsgräberstätten ruhenden Toten des Zweiten Weltkriegs gehörten laut Mitteilung der Bundesregierung Verbänden der SS an.

Der Volksbund sagt dazu: „Was wissen wir über sie und über die anderen 90 Prozent? Vieles erfahren wir nur im Einzelfall.“ Zehn Prozent der Toten aus SS-Verbänden von den Kriegsgräberstätten zu entfernen, sei neben der technischen Machbarkeit nach 75 Jahren auch inhaltlich schwer zu begründen, heißt es. „Unser Weg ist es daher, über ihre und andere Biographien zu berichten und ein Bewusstsein für die Ursachen überzogenem Nationalismus, von Krieg und Gewalt zu schaffen.“

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