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Schon 2017 hatten Anton Hofreiter (l.) und Winfried Kretschmann inhaltliche Differenzen.

© Jens Büttner/dpa

Nach Hofreiter-Aussage: So gefährlich kann die Einfamilienhaus-Debatte für die Grünen werden

Einen Monat vor den Landtagswahlen im Südwesten warnt Grünen-Politiker Hofreiter vor den ökologischen Folgen von Eigenheimen. Die Partei reagiert alarmiert.

Grünen-Chef Robert Habeck wirkt am Montag genervt. In einer Pressekonferenz kommt er von selbst auf das Thema zu sprechen, über das man in der Partei am liebsten gar nicht mehr sprechen würde: „Es wird Einfamilienhäuser in Deutschland weiter geben“, sagt Habeck. Eigentlich ein selbstverständlicher Satz. Doch seit dem Wochenende muss er bei den Grünen scheinbar betont werden.

Grund war ein Interview im „Spiegel“, in dem Anton Hofreiter, Fraktionschef der Grünen im Bundestag, gesagt hatte: „Einparteienhäuser verbrauchen viel Fläche, viele Baustoffe, viel Energie, sie sorgen für Zersiedelung und damit auch für noch mehr Verkehr.“ CDU und FDP hatten den Grünen damit schnell eine neue Verbotsdebatte angehängt. Nach Veggie-Day, Tempolimit und Fahrverboten nun also das Einfamilienhaus?

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„Ich würde mir Differenziertheit in dieser Debatte wünschen“, sagt Habeck am Montag etwas müde in die Kamera. Natürlich seien die Grünen nicht für ein Verbot von Einfamilienhäuser. Im Gegenteil: „Wir wollen den Erwerb von Wohneigentum für private Eigentümer erleichtern.“

Dafür fordern die Grünen eine Staffelung der Grunderwerbsteuer, sie wollen die Maklergebühren deckeln und ein Immobilienregister einführen. In den vergangenen Jahren hätten sich die Preise für Einfamilienhäuser in Großstädten verdoppelt. Die Grünen wollen den Trend stoppen und für billigeres Bauland sorgen. Den Namen Hofreiter nennt Habeck nicht einmal.

Grünen müssten unterschiedliche Lebensrealitäten anerkennen

"Er hat sich aufs Glatteis führen lassen“, sagt ein Grüner aus Baden-Württemberg über Hofreiter. Die Fragen in dem Interview seien provokant gewesen und bei "Kampfbegriffen" wie "enteignen" müsse man vorsichtig formulieren.

Ein anderer Südwest-Grüner sieht es ähnlich. Inhaltlich stehe er voll zu Hofreiters Aussagen, allerdings müssten die Grünen die unterschiedlichen Lebensrealitäten mehr anerkennen. Man dürfe die Wohn-Frage nicht nur aus einer städtischen Perspektive heraus argumentieren.

Einen Monat vor der Landtagswahl im Südwesten ist man alarmiert. Eine Eigentums-Debatte im Land der Häuslebauer? Ausgelöst ausgerechnet durch Hofreiter. Der Wortführer des linken Flügels liegt mit dem Oberrealo Winfried Kretschmann seit Jahren über Kreuz. Vor allem beim politischen Umgang mit Verbrennungsmotoren sind sich Hofreiter und der baden-württembergische Landesvater uneins.

Dass Hofreiter mit dem Interview seinem Parteifreund im Wahlkampf eine mitgeben wollte, glauben aber nicht mal Kretschmann-Vertraute. Die Landtagswahl in Baden-Württemberg sei richtungsweisend für die Bundestagswahl. „Jeder von uns hat deshalb ein Interesse an einem Erfolg von Kretschmann“, sagt ein Realo-Grüner.

Die aktuelle Debatte bewertet er als "Sturm im Wasserglas". Hofreiter habe keinen Fehler gemacht, er habe ja explizit gesagt, die Grünen wollen „nicht die eigenen vier Wände verbieten“. Die Reaktionen der anderen Parteien seien Vorboten des Wahlkampfs, aus denen man lernen müsse. „Wir dürfen nicht solche Steilvorlagen geben.“

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