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Renate Künast (Grüne) demonstrierte mit Tierschützern am Rande des "Agrargipfels" vor dem Bundeskanzleramt.

© Kay Nietfeld/dpa

Nach Gesprächen im Kanzleramt: Opposition kritisiert Ergebnisse des Bauerngipfels

Am Montag begrüßte Kanzlerin Angela Merkel 80 Vertreter aus der Landwirtschaft im Kanzleramt. Die Ergebnisse der Diskussion stießen auf viel Kritik.

Nachdem vergangene Woche tausende Landwirte Berlin mit ihren Traktoren lahmgelegt hatten, um gegen die Agrar- und Umweltpolitik der Bundesregierung zu protestieren, lud Kanzlerin Angela Merkel am Montag 80 Vertreter zum Bauerngipfel ein. Auslöser für die Proteste war das im September beschlossene Agrarpaket der Regierung, das unter anderem vorsieht, den Einsatz von Glyphosat zu verbieten.

Merkel sagte, sie wolle die Landwirte in politische Entscheidungen miteinbeziehen, da die Zukunft neue Antworten verlange: "Aber das wollen wir mit Ihnen machen, und das wollen wir nicht gegen Sie machen." Die Ergebnisse, die Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner im Anschluss der dreistündigen Gesprächsrunde der Presse präsentierte, wurden von der Opposition stark kritisiert.

"Dieser Agrargipfel diente der Union vor allem dazu, sich kurzfristig gute Stimmung zu erkaufen, gelöst ist aber nichts", sagte die frühere Landwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne) dem Tagesspiegel. Die Bauern hatten bei ihren Demonstrationen mehr Wertschätzung gefordert.

Zusätzliche finanzielle Belastungen würden die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe auf dem Weltmarkt und damit die regionale Lebensmittelproduktion schwächen. Zudem fehle es landwirtschaftlichen Betrieben an Planungssicherheit und Unterstützung, um die Betriebe zu Gunsten des Tierwohls umzustellen.

Beschlossen wurde im Kanzleramt, dass es neue Kommissionen und runde Tische geben soll. Konkrete Aussagen gibt es wenige. Zumindest einige Termine stehen schon fest. Noch im Dezember will das Landwirtschaftsministerium eine Ackerbaustrategie vorstellen, in der Lösungswege für die Zielkonflikte präsentiert werden.

Wie kann die Produktivität der Landwirte gleichbleiben, wenn auf Pflanzenschutzmittel wie Glyphosat verzichtet wird? Auch nationale Dialogforen sind geplant. Den Auftakt macht Klöckner am 21. Januar auf der Grünen Woche. Im März soll die Kommission zur Nutztierhaltung unter Leitung des früheren Bundeslandwirtschaftsministers Jochen Borchert erste Ergebnisse vorstellen.

Mehr Wertschätzung für Landwirte

Die Ministerin gab außerdem Pläne für eine "Wertschätzungskampagne für landwirtschaftliche Produkte und deren Erzeuger" bekannt. Dabei machten weder sie, noch Kanzlerin Merkel klare Aussagen dazu, ob die Landwirte auch mit finanzieller Unterstützung der Regierung rechnen können.

Von Klöckner hieß es: "Es wird Kompromisse und Ausgleiche geben." Die höheren Landwirtschaftskosten könnten durch höhere Preise, Investitionszuschüssen oder Prämien ausgeglichen werden. "Es wird von allem etwas sein", sagte Klöckner.

Zukunftskommission Landwirtschaft

Unter Federführung des Deutschen Bauernverbandes und des Aktionsbündnisses "Land schafft Verbindung"soll außerdem eine Zukunftsmission Landwirtschaft gegründet werden. Renate Künast kritisiert: "Die jetzt vorgeschlagene "Zukunftskommission Landwirtschaft" springt viel zu kurz.

Die Auswirkungen der Agrarbranche auf Klimaschutz, Artenvielfalt, Tierschutz und die menschliche Gesundheit dürfen nicht länger ignoriert werden. Damit treibt die Bundesregierung die Spaltung zwischen Gesellschaft und Landwirtschaft weiter voran."

Kritik von FDP und Grünen

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte, die Subventionen anders zu verteilen und an gesellschaftliche Leistungen zu binden. "Statt industrieller Großbetriebe sollten Bäuerinnen und Bauern gefördert werden, die sich für Natur-, Umwelt-, Klima- und Tierschutz einsetzen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Kritik kam auch von der FDP. "Wir benötigen dringend eine Kurskorrektur", sagte der FDP-Agrarexperte Gero Hocker der deutschen Presseagentur. Maßnahmen müssten strikt wissenschaftlich belegt und mit wirtschaftlichen Folgenabschätzungen versehen sein.

"Guter Auftakt für notwendigen Dialog"

Joachim Rukwied, der Präsident des Deutschen Bauernverbands, bewertet die Gesprächsinitiative der Bundesregierung dafür positiv: "Es ist ein guter Auftakt für einen notwendigen Dialog, den wir jetzt intensivieren und fortsetzen müssen."

Von weiteren Gesprächen erhofft Rukwied sich, das Verständnis von Gesellschaft und Landwirtschaft beidseitig zu verbessern. Spätestens im kommenden Herbst können die Beteiligten Bilanz ziehen. Angela Merkel hat ein weiteres Treffen im Kanzleramt angekündigt.

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