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AfD-Chef Alexander Gauland.

© picture alliance / Michael Kappe

Nach Gastbeitrag in der "FAZ": „Adolf Hitler light“ - Historiker gehen mit Gauland ins Gericht

Die Historiker Wolffsohn und Benz werfen Alexander Gauland vor, Argumentation und Duktus einer Hitler-Rede übernommen zu haben. Der AfD-Chef weist das zurück.

Namhafte Historiker haben AfD-Chef Alexander Gauland vorgeworfen, in einem Zeitungsbeitrag Duktus und Argumentation einer Rede Adolf Hitlers übernommen zu haben, die dieser 1933 vor Arbeitern in Berlin-Siemensstadt gehalten hatte.

In einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel schreibt der renommierte Antisemitismus- und NS-Forscher Wolfgang Benz, Gaulands in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ erschienener Text sei „ganz offensichtlich eng an den Hitlers geschmiegt“. Es handele sich nicht um ein Plagiat, aber um eine Paraphrase. Diese wirke so, „als habe sich der AfD-Chef den Redetext des Führers von 1933 auf den Schreibtisch gelegt, als er seinen Gastbeitrag für die ,FAZ’ schrieb.“

Gauland schreibt von „globalistischer Klasse“

Gauland, der bis 2012 auch Kolumnist des Tagesspiegels war, hatte am Wochenende in der „FAZ“ in seinem Gastbeitrag zum Thema Populismus die angebliche Heimatlosigkeit der Eliten angeprangert. Eine „globalistische Klasse“ gebe kulturell und politisch den Takt vor. Ihre Mitglieder fühlten sich in einer abgehobenen Parallelgesellschaft als Weltbürger, schrieb der AfD-Politiker. Ihnen gegenüber stünden „diejenigen, für die Heimat noch immer ein Wert an sich ist und die als Erste ihre Heimat verlieren, weil es ihr Milieu ist, in das die Einwanderer strömen“.

Irgendwann ist es nicht mehr Meinungsfreiheit sondern Volksverhetzung, auch wenn es sanft in Wattebällchen eingepackt ist.

schreibt NutzerIn haarspree

Hitler hatte in seiner Siemensstadt- Rede 1933 gegen „eine kleine, wurzellose, internationale Clique“ Front gemacht, die überall und nirgends zu Hause sei, heute in Berlin lebe und morgen in Brüssel. Das Volk aber könne ihnen nicht nachfolgen, es sei „gekettet an seine Heimat, ist gebunden an die Lebensmöglichkeiten seines Staates, der Nation“.

Historiker Benz schreibt, Gauland habe die Kritik an der „internationalen Clique“ für den heutigen Sprachgebrauch modernisiert, indem er sie „globalistische Klasse“ nenne. „Nach dieser Methode wird aus den Städten Berlin, Brüssel, Paris, Prag, Wien oder London, zwischen denen die Internationalen bei Hitler hin und her ziehen, bei Gauland Berlin, London und Singapur.“

Historiker Wolffsohn: Das hat Methode

Auch der Zeithistoriker Michael Wolffsohn geht hart mit dem AfD-Vorsitzenden ins Gericht. Er sagte dem Tagesspiegel: „Es ist schlimm, dass Gauland seinen gebildeten Anhängern signalisiert, dass er Rede und Duktus Hitlers kennt und dass er die gegen die Juden gerichteten Vorwürfe Hitlers nun auf die Gegner der AfD von heute überträgt.“ Wer die Hitler-Rede dagegen nicht kenne, dem juble Gauland „Adolf Hitler light“ unter.

Wolffsohn fügte hinzu, Gaulands Umgang mit der NS-Vergangenheit habe Methode. Er verwies in diesem Zusammenhang auf Gaulands Äußerung, Hitler und die Nationalsozialisten seien „nur ein Vogelschiss“ in tausend Jahren deutscher Geschichte. Zugleich warnte Wolffsohn wie bereits bei früheren Gelegenheiten davor, die AfD pauschal als „Nazi-Partei“ abzustempeln. „Sie ist es auch, aber nicht nur. Und genau das macht sie so gefährlich.“

Der frühere SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel erkennt bei Gaulands Text und Hitlers Siemensstadt-Rede ebenfalls Parallelen. In einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel schreibt Gabriel: „Hitlers Anhänger verstanden ihn und schrien bei seinen Parolen gegen die internationalen Eliten ,Juden’ dazwischen – selbst dort, wo er sie nicht direkt erwähnte.“ Genau das solle dieser Text von Gauland jetzt wieder erreichen. „Nur dass nicht die Juden gemeint sind, sondern wir. Die Demokraten dieses Landes“, schreibt Gabriel.

Gauland: Kenne keine entsprechende Passage

Gauland selbst wies die Anschuldigungen zurück. „Ich kenne keine entsprechende Passage von Adolf Hitler“, sagte der AfD-Chef dem Tagesspiegel. „Und wenn selbst Jakob Augstein meine Gedanken nachvollziehen kann, erübrigt sich wohl jeder Vorwurf ,nationalsozialistischer’ Anleihen.“ Damit bezog sich Gauland auf einen Meinungsbeitrag des Verlegers Augstein, der auf „Spiegel Online“ von einem „klugen Text“ gesprochen hatte, der aber aus richtigen Gedanken zur Elitenkritik die falschen Schlüsse ziehe.

An den Äußerungen von AfD-Chef Gauland gab es in der Vergangenheit immer wieder heftige Kritik - etwa auch als er davon sprach, die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, in Anatolien zu „entsorgen“. Gauland steht innerhalb der AfD Björn Höcke nahe, dem thüringischen Landeschef und „Spiritus Rector“ des nationalistischen „Flügels“. Über ihn hielt Gauland oft schützend die Hand.

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