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Nicola Beer, Generalsekretärin der FDP.

© dpa/ Gregor Fischer

Nach erneuter Distanzierung von Orbán: Nicola Beer soll die FDP ins Europaparlament führen

Der Europaparteitag der FDP hat die Generalsekretärin als Spitzenkandidatin für die Europawahl benannt. Erneut distanzierte sie sich von Victor Orbán.

Es dauert keine vier Minuten, bis FDP-Generalsekretärin Nicola Beer sich distanziert – was die Delegierten auf dem Europa-Parteitag in Berlin von ihr ganz klar hören wollen, spricht sie auch deutlich aus: „Ich habe keinerlei Sympathien für Herrn Orbán – ganz im Gegenteil. Ich habe auch keinerlei Bindung zu seiner Partei“, ruft sie. „Grundrechte stehen in der EU nicht zur Disposition.“

Damit grenzt sie sich erneut und unmissverständlich von dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán ab. Das verschafft ihr den nötigen Rückhalt in der Partei: Mit knapp 86 Prozent der Stimmen wird sie ohne Gegenkandidaten zur Spitzenfrau der Liberalen für die Wahl zum EU-Parlament gewählt. Sie soll das FDP-Gesicht für Europa sein. Zugleich macht die nicht immer unumstrittene Generalsekretärin damit auch Platz in ihrem bisherigen Amt für mögliche Nachfolgerinnen wie die migrationspolitische Sprecherin Linda Teuteberg oder Parteivize Katja Suding.

Zuletzt hatte Beers innerparteiliche Unterstützung weiter nachgelassen: Laut einem „Spiegel“-Bericht soll sie versucht haben, Europaabgeordnete ihrer eigenen Partei kurz vor der Abstimmung über ein Strafverfahren gegen Ungarn wegen Rechtsstaatsverstößen dazu zu drängen, diesem nicht zuzustimmen. Ihr Ehemann Jürgen Illing soll zudem den ehemaligen Orbán-Minister Zoltan Balog FDP-Politikern als Gesprächspartner empfohlen haben. Balog ist ein alter Freund des Ehepaars, im Herbst 2018 traute er die beiden in Budapest. Unter Balogs Führung wurde jedoch damals auch ein Gesetz verabschiedet, das die Central European University (CEU) des US-Investors George Soros ins Visier nahm und ihren Betrieb in Ungarn massiv einschränkte.

Beer: "Für uns ist Europa zuvörderst eine Wertegemeinschaft"

Nun versichert Beer, sie und die FDP wollten mit der „illiberalen Demokratie“ Orbáns „nichts, aber auch gar nichts zu tun haben“. Europa müsse – auch vor dem Hintergrund des Brexit – seine Chancen nutzen, um Populisten von rechts und links den Wind aus den Segeln zu nehmen. „Für uns ist Europa zuvörderst eine Wertegemeinschaft und nicht nur eine Wirtschaftsgemeinschaft“, sagt sie. Die Delegierten applaudieren kräftig. Stehende Ovationen am Ende der Rede kommen zwar nur zögerlich. Doch die Erinnerung an das Trauma von 2013, als die Partei von internen Querelen begleitet aus dem Bundestag flog, schließt die Reihen.

Bei der letzten Europawahl kam die FDP auf gerade einmal 3,4 Prozent und agiert auf EU-Ebene mit drei zuletzt unbekannten Gesichtern. Doch in aktuellen Umfragen steht die Partei zwischen sieben und zehn Prozent. Sie kann sich Hoffnungen machen, mit acht oder neun Abgeordneten ins EU-Parlament einzuziehen.

FDP weiter gegen "Transferunion" und Eurozonenhaushalt

Inhaltlich wollten die Liberalen bei ihrem Parteitag ein Programm verabschieden, das vor allem auf Bildung, Innovation und Digitalisierung sowie strukturelle EU-Reformen setzt. Junge Menschen sollen nicht nur in einem anderen europäischen Land studieren, sondern auch dort ihre Ausbildung machen können. Zudem setzt sich die Partei für eine „echte EU-Außenministerin“ sowie eine europäische Armee ein. Eine „Transferunion“ und einen Eurozonenhaushalt lehnen die Freien Demokraten weiter ab.

Das jedoch könnte zum Konflikt mit „En Marche“ von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron führen: Marcon steht einem Eurozonenhaushalt positiv gegenüber. Trotzdem würde die FDP mit der Bewegung eigentlich gern eine Fraktionsgemeinschaft bilden – und so zweitstärkste Fraktion werden. 

Parteichef Christian Lindner warnt, das europäische Projekt stehe vor einer „Bewährungsprobe“. Er erwarte eine Gestaltungswahl für das europäische Werteprojekt. „Es geht um unseren Way of Life.“ Kritisch sieht Linder die Brexit-Politik der Bundesregierung, die stärker das Gespräch mit Großbritannien suchen solle.

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