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Kein Fest des Schenkens. Für die Bevorzugung von Unternehmen und Reichen werden andere zahlen müssen.

© Andrew Harnik/dpa

Nach Entscheidung im US-Senat: Das böse Ende von Trumps Steuerreform ist gewiss

Über die Folgen seiner Steuerreform belügen Trump und die Republikaner die Öffentlichkeit. Offen ist nur, wann sie dafür abgestraft werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Die Republikaner leben ihre Triumphgefühle aus wie die Demokraten 2010 nach dem Beschluss von Obamacare. Damals folgte bald die Reue. Die Bürger lehnten die Gesundheitsreform ab, die Demokraten verloren die Kongresswahlen. Wiederholt sich das Muster für die Republikaner mit der Steuerreform?

Präsident Trump und die Partei sind vorerst in Hochstimmung. Am Ende des ersten Amtsjahres haben sie ihre erste große Reform verabschiedet. Vorbei sind die Monate der leeren Versprechungen, als sie die Mehrheit für die Abschaffung der Gesundheitsreform nicht aufbrachten und Gerichte mehrfach das Einreiseverbot für Muslime aus bestimmten Ländern stoppten. Nun haben sie geliefert, zudem in einer Herzensangelegenheit der Partei: Steuern runter!

Inhalt und Umstände des Gesetzes empören die Demokraten zurecht. Es ist ein Geschenk für die Wirtschaft und die Reichen. Sie kassieren den Großteil der Entlastung von 150 Milliarden Dollar pro Jahr. Die Steuern auf Unternehmensgewinne fallen von 35 auf 21 Prozent, der Spitzensteuersatz für Privatleute von 39,7 auf 37 Prozent. Ein Haushalt mit 730.000 Dollar Jahreseinkommen wird um 50.000 Dollar entlastet, ein Durchschnittshaushalt mit 50.000 Dollar Jahreseinkommen um nicht einmal tausend Dollar.

Das Kernstück von Obamacare entfällt

Trump und die Republikaner belügen die Öffentlichkeit dreist über die Folgen. Angeblich gehe es um die Entlastung der „Middle Class“. Die Steuersenkung für Privathaushalte ist jedoch befristet, nach 2025 wird die Hälfte der Amerikaner mehr zahlen als bisher. Die Entlastungen für Betriebe sind unbefristet. Trump behauptet, er selbst werde künftig viel mehr Steuern zahlen als bisher, „aber das ist okay“; ihm gehe es um die kleinen Leute. Tatsächlich wird er viele Millionen Steuern sparen.

Nebenbei verlieren 13 Millionen Amerikaner ihre Krankenversicherung. Denn die Versicherungspflicht, das Kernstück von Obamacare, entfällt, damit der Staat einige hundert Millionen Dollar an Subventionen für die Versicherung ärmerer Bürger sparen kann.

Die Republikaner kontern diese Analysen mit der Zuversicht, dass die Steuerreform zu höherem Wirtschaftswachstum führen und Jobs schaffen werde. Das komme allen zugute. Doch die Bürger sind misstrauisch. Laut Umfragen glaubt nur ein Drittel, dass sie Vorteile haben werden. Mehr als die Hälfte erwartet, dass es teurer für sie wird. Noch ein – beabsichtigter – Effekt: Das Defizit wird steigen, das soll den Staat zwingen, bei Ausgaben zu sparen. Die Folgen treffen besonders jene, die auf staatliche Leistungen angewiesen sind.

Zwiespältige Folgen für Deutschland

Das dicke Ende kommt gewiss. Offen ist, ob die Wähler die Republikaner bereits bei der Kongresswahl 2018 bestrafen oder ob die irreführende Konstruktion der Reform – vorab ein paar Dollar auch für arme Haushalte, gezahlt wird später – den Zorn hinauszögert.

Auch für Deutschland sind die Folgen zwiespältig. Firmen mit viel USA-Geschäft profitieren. Es wird noch attraktiver, in den USA zu investieren. Das bedeutet zugleich mehr Kostendruck für den Standort Deutschland. Erneut zeigt sich: Man darf sich über Trump beklagen, sollte ihn aber nicht zu früh abschreiben.

Christoph von Marschall ist erster Helmut-Schmidt-Fellow der ZEIT-Stiftung und des German Marshall Fund of the United States (GMFUS) und arbeitet derzeit in Washington an einer Studie über die Zukunft der Transatlantischen Beziehungen.

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