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Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) bei einer Rosneft-Veranstaltung im Jahr 2018

© dpa/Patrick Pleul

Update

Nach Druck wegen enger Russland-Kontakte: Schröder gibt Aufsichtsratsposten bei Ölkonzern Rosneft auf

Es sei unmöglich, das Mandat von Schröder zu verlängern, teilt der Rosneft-Konzern mit. Derweil bemüht sich Schröder, seine Altkanzler-Privilegien zu retten.

Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder verlässt den Aufsichtsrat des russischen Ölkonzerns Rosneft. Schröder, der Rosneft-Aufsichtsratschef ist, habe mitgeteilt, dass es ihm unmöglich sei, sein Mandat zu verlängern, teilte der Konzern am Freitag mit. Details oder Gründe wurden nicht genannt. Mit dem SPD-Politiker Schröder verlässt demnach auch der deutsche Geschäftsmann Matthias Warnig den Aufsichtsrat.

Der 78-jährige Schröder, langjähriger Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin, stand zuletzt unter massivem Druck. Aus dem Bundestag, seiner Partei und auch der Bundesregierung gab es Forderungen, er dürfe wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine nicht mehr als Öl- und Gaslobbyist für Russland tätig sein.

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Der SPD-Politiker hat außerdem Führungspositionen bei den Pipeline-Projekten Nord Stream 1 und Nord Stream 2 inne - beide Erdgasleitungen durch die Ostsee verbinden Russland und Deutschland. Die noch ausstehende Inbetriebnahme von Nord Stream 2 ist inzwischen von der Bundesregierung auf Eis gelegt. Warnig ist Chef der Nord-Stream-2-Betreibergesellschaft.

Putin hatte Schröder im Februar kurz vor Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine als „anständigen Menschen“ gelobt, weil er sich nicht abwende in schwierigen Zeiten. Der Kremlchef unterstützte auch Nominierung Schröders für den Aufsichtsrat des russischen Energiekonzerns Gazprom. Die Arbeit eines solchen „unabhängigen Experten“ werde der Zusammenarbeit mit Deutschland nur nutzen, sagte Putin am 15. Februar bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Kreml. Kurz danach begann der Krieg.

Die Gazprom-Hauptversammlung ist für den 30. Juni geplant. Es ist unklar, ob Schröder dafür weiter im Gespräch ist. In Deutschland sorgten die Pläne für Kritik. Schröder ist bereits Vorsitzender des Gesellschafterausschusses der Nord Stream AG und Präsident des Verwaltungsrats bei der Nord Stream 2 AG.

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Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte in einer ersten Reaktion, er nehme die Medienberichte zum Rückzug Schröders bei Rosneft zur Kenntnis. Er verwies darauf, dass Scholz erst am Donnerstagabend Schröder nochmals aufgefordert hatte, von seinen Posten bei russischen Staatsunternehmen zurückzutreten. „Es wäre am allerbesten, Gerhard Schröder würde seine Posten niederlegen“, sagte er auf einer Pressekonferenz in den Niederlanden.

Zuvor hatte der Bundestag Schröder sein Büro und seine Mitarbeiter gestrichen, was Scholz als „folgerichtig“ begrüßte. Die vom Europaparlament geforderten EU-Sanktionen lehnte der Kanzler aber ab. SPD-Fraktionsvize Detlef Müller sprach sich dafür aus, dass die Sanktionen des Bundestags gegen Schröder erhalten bleiben. „Die Entscheidung des Haushaltsausschusses, Altkanzler-Privilegien von Gerhard Schröder zu streichen, ist richtig und gilt weiterhin - auch nach Bekanntgabe, dass er seinen Posten als Aufsichtsratschef bei Rosneft aufgeben wird“, sagte er der „Welt“.

Druck auch von der SPD-Spitze

Auch die SPD-Spitze hatte Schröder schon vor Wochen aufgefordert, seine Posten niederzulegen. Die Parteichefs Lars Klingbeil und Saskia Esken erhielten auf einen entsprechenden Brief aber keine Antwort. Bei der SPD Hannover sind etliche Anträge auf Parteiausschluss Schröders eingegangen, bis Ende April waren es mehr als ein Dutzend.

Für Wirbel hatte unter anderem gesorgt, als Schröder mitten in der Eskalation vor dem russischen Angriff auf das Nachbarland Forderungen der Ukraine nach Waffenlieferungen als „Säbelrasseln“ kritisierte. Auch nach Beginn des Krieges hatte Schröder Putin in Moskau besucht, der Angriff auf die Ukraine ging danach dennoch weiter.

Aus der Unionsfraktion im Bundestag hieß es, dass Schröder sich hätten früher von Rosneft trennen müssen. „Der Schritt kommt viel zu spät“, sagte Andrea Lindholz (CSU), die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion. „Herr Schröder hätte sich sofort nach Kriegsbeginn von Putin und seinem Umfeld lossagen müssen.“ Er bleibe eine echte Distanzierung von der russischen Führung schuldig. „Es wirkt vielmehr so, als hoffe er, damit seine Amtsausstattung im Bundestag zu behalten und eine Aufnahme auf die EU-Sanktionsliste zu verhindern.“

Schröder lässt die am Donnerstag im Haushaltsausschuss des Bundestages beschlossene Streichung seiner Altkanzler-Privilegien juristisch überprüfen. Für Personalausgaben in Schröders Büro waren im vergangenen Jahr mehr als 400.000 Euro aus der Staatskasse geflossen. Anrecht auf ein Ruhegehalt und auf Personenschutz hat der frühere Kanzler dem Beschluss zufolge aber weiterhin. Schröder äußerte sich selbst zunächst nicht zu der Sache. (dpa)

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