zum Hauptinhalt
Daniel Günther kann sich seinen Koalitionspartner nun aussuchen.

© REUTERS/Fabian Bimmer

Nach der Wahl in Schleswig-Holstein: Auf den Erdrutschsieg folgt in Kiel das Pokerspiel

CDU-Wahlsieger Daniel Günther triumphiert im Norden und hat nun alle Optionen für die Regierungsbildung. Die kleinen Parteien bringen sich bereits in Position.

Daniel Günther begann das Pokerspiel schon bei der Stimmabgabe. „Das Bündnis aus CDU, FDP und Grünen hat Schleswig-Holstein gut getan“, sagte der CDU-Politiker am Sonntagmittag im Wahllokal in Eckernförde. Schon zu diesem Zeitpunkt ahnte der Ministerpräsident, dass er auch in den kommenden fünf Jahren in Kiel regieren wird. Doch von seinen zwei Partnern wird er künftig nur noch einen benötigen.

Mit dem besten Wahlergebnis für die CDU im Norden seit 40 Jahren hat der 48-Jährige die Wahl in Schleswig-Holstein triumphal gewonnen. Mehr als 40 Prozent der Stimmen hatten ihm selbst die besten Umfragen vor der Wahl nicht zugetraut, doch der Landesvater profitierte von seinem Amtsbonus. 75 Prozent im Land sind zufrieden mit seiner Arbeit. Beliebter ist aktuell kein anderer Landeschef in der Republik.

Folglich hatte die CDU im Wahlkampf voll auf Günther gesetzt. „Unser Ministerpräsident“ stand schlicht auf den vielen Wahlplakaten. Inhaltlich hatte Günther wenig Ambitionen gezeigt. „Kurs halten“ hatte er zum Wahlkampfmotto gemacht. Ein bisschen mehr Geld für die Polizei, die Energie-Versorgungssicherheit gewährleisten, ansonsten fanden sich auf der Wahlkampf-Seite die fünf Lieblingslaufstrecken des Ministerpräsidenten. Nur eine Corona-Infektion konnte Günther im Wahlkampf-Endspurt kurz stoppen.

Doch den Grundstein für seinen Erfolg hat der CDU-Politiker in den vergangenen fünf Jahren gelegt. Etwas überraschend schaffte es Günther damals Amtsinhaber Torsten Albig (SPD) abzulösen. Seine Jamaika-Koalition hat gegen alle Voraussagen stabil und geräuschlos zusammengearbeitet, durch die Pandemie kam Schleswig-Holstein deutlich besser als die meisten anderen Bundesländer.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Und so bedankte sich Günther bei der Wahlparty in Kiel generös bei Grünen und FDP. Man habe gemeinsam einen „neuen Stil“ geprägt. „Das Vertrauen und die Unterstützung, die wir bekommen haben, liegt auch an unseren Koalitionspartnern.“ Eine Präferenz für die kommenden fünf Jahre äußert er nicht. Er werde Gespräche mit beiden Parteien führen, kündigte Günther an. Für ihn eine ideale Ausgangsposition. Er hat die Wahl und kann in Koalitionsverhandlungen nun den Ton diktieren.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Nur wenige Minuten nach der ersten Prognose hatten sich die beiden kleinen Koalitionspartner vor laufenden Kameras bereits in Stellung gebracht. „Daniel Günther ist schlau genug, zu sehen, wenn zwei Parteien gewinnen, was daraus zu folgen hat“, sagte Vizekanzler Robert Habeck in der ARD.

Der Grünen-Politiker kennt Günther gut, bis Mitte 2018 hat er als Landwirtschafts- und Energieminister in seinem Kabinett gearbeitet. Als Spitzenkandidat hatte Habeck die Grünen 2017 zu 12,7 Prozent geführt. Nun noch einmal deutliche Zugewinne und Platz zwei für die Grünen, die im Wahlkampf bewusst auf Angriffe auf Günther verzichtet hatten.

Die Abgrenzung zu den anderen Parteien war dem Spitzenduo in Person von Finanzministerin Monika Heinold und der Vizepräsidentin des Landtags in Kiel, Aminata Touré, schwer gefallen. Man will schneller klimaneutral sein und mehr Fläche für Windkraft ausweisen als die CDU, dafür lehnen sie weitere Öl-Bohrungen im Wattenmeer ab. Doch große Konfliktpunkte gab es nicht. Nach Hessen könnte es nun in Kiel bald eine zweite Schwarz- Grüne-Koalition geben.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Die FDP will das aber noch verhindern. „Ein fortschrittlicher Kurs ist nur mit der FDP möglich“, sagte Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki am Wahlabend. Doch für seine Partei könnte nach fünf Jahren in der Regierung schon wieder Schluss sein. Nach 11,5 Prozent bei der Wahl 2017 reichte es dieses Mal nur zu rund sieben Prozent. Ein „durchschnittliches Ergebnis“, räumte Kubicki ein.

Klar ist, dass eine Mehrheit aus CDU und FDP deutlich knapper ausfällt als ein Bündnis mit den Grünen. Inhaltlich sind sich Liberale und CDU aber näher. Wirtschaftsminister Bernd Buchholz hatte im Wahlkampf um Zweitstimmen geworben und sich als stabilen Partner von Günther inszeniert. Doch wieder einmal konnte die FDP aus einer Koalition mit der CDU nicht profitieren. Noch herbere Enttäuschungen gab es für die AfD, die laut Hochrechnungen erstmals aus einem Landtag herausflog. Und auch die Linke verfehlte die 5-Prozent-Hürde klar.

Doch der große Wahlverlierer ist die SPD. Nachdem die Genossen seit der Bundestagswahl in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und im Saarland jubeln konnten, landen sie im Norden der Republik abgeschlagen auf Platz drei. Noch nie schnitten die Sozialdemokraten hier, wo sie vor fünf Jahren noch die sogenannte „Küstenkoalition“ mit den Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW) anführten, so schlecht ab.

Den Spitzenkandidat der SPD kannten viele nicht

„Wir haben es nicht geschafft, unsere Themen zu setzen“, sagte Spitzenkandidat Thomas Losse-Müller enttäuscht. Tatsächlich dürfte es aber auch an der fehlenden Strahlkraft seiner Person gelegen haben. Denn der 49-jährige Ex-Banker, gebürtig aus Nordrhein-Westfalen und bis vor zwei Jahren noch Grünen-Mitglied, kam in Schleswig-Holstein nicht gut an.

Umfragen zufolge hätten für ihn in einer Direktwahl nur sechs Prozent der Wählerinnen und Wähler votiert, fast jeder Zweite im Land kannte seinen Namen nicht einmal. Daran konnten auch gemeinsame Auftritte mit Bundeskanzler Scholz – zuletzt am Freitag in Kiel – wenig ändern.

Rechnerisch wäre auch eine Koalition aus CDU und SSW möglich. Deren Spitzenkandidat Lars Harms brachte sich am Wahlabend selbst ins Gespräch: „Wir gucken uns das an, wir schnacken miteinander“, sagte Harms in der ARD. Es gebe jetzt alle möglichen Parteien, die mit der CDU koalieren könnten. „Wir wären sowohl in der Lage in der Regierung, als auch in der Opposition zu arbeiten“, sagte Harms. Die Entscheidung darüber wird nicht er, sondern Daniel Günther treffen. Für den Poker in Kiel hat er nun alle Karten in der Hand.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false