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Komplizen - und Rivalen. Der damalige Wirtschaftsminister Macron (links) und der frühere Regierungschef Valls im April 2015.

© Philippe Wojazer/Reuters

Nach der Wahl in Frankreich: Ziemlich beste Freunde

Frankreichs Ex-Premier Manuel Valls will bei der Parlamentswahl für den künftigen Präsidenten Macron antreten - doch die beiden waren einst Rivalen.

Die Ankündigung des früheren Premierministers Manuel Valls ließ aufhorchen: Der Sozialist kündigte am Dienstag an, er wolle für die Bewegung des künftigen Präsidenten Emmanuel Macron als Kandidat bei den Parlamentswahlen im Juni in Frankreich antreten. Doch bei der Bewegung Macrons, die inzwischen in „La République en marche“ („Die Republik in Bewegung“) umgetauft wurde, war man zunächst unschlüssig, ob man den Ex-Regierungschef überhaupt willkommen heißen soll.

Valls hielt lange in Nibelungentreue zu Hollande

Den am Sonntag zum Präsidenten gewählten Macron und Valls verbindet eine besondere Geschichte. Als Mitglieder in der Regierung des scheidenden Präsidenten François Hollande waren sie Rivalen. Als der damalige Wirtschaftsminister Macron vor einem guten Jahr seine Bewegung „En Marche“ gründete, warf ihm Valls mangelnde Loyalität gegenüber Hollande vor. Valls hielt seinerzeit lange in Nibelungentreue zum Staatschef – auch noch zu jenem Zeitpunkt, als Macron seinen Job als Wirtschaftsminister im vergangenen August hinschmiss. Einige Monate später kündigte Macron seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl an. Dies brachte ihm Valls’ Vorwurf ein, einen „unverantwortlichen naiven Alleingang“ zu unternehmen.

Bei "La République en marche" weiß man zunächst nichts von Valls' Kandidatur

Der Alleingang hat Macron bekanntermaßen bis in den Elysée-Palast geführt, und inzwischen ist auch Valls’ Kritik am früheren Wirtschaftsminister Schnee von gestern. Valls hatte schon früh im Präsidentschaftswahlkampf Macrons Bewegung unterstützt – ein klares Zeichen, dass er die (Noch-)Regierungspartei der Sozialisten für tot hält. Allerdings will ihn die Bewegung „La République en marche“ keineswegs mit offenen Armen aufnehmen. Ein Sprecher der Bewegung erklärte am Dienstag zunächst, ihm sei nicht bekannt, dass Valls zu den 577 Kandidaten für die Parlamentswahl gehöre, deren Namen bis Donnerstag bekannt gegeben werden sollen.

Umstrittene Forderung zum Kopftuch

Valls ist bei den Franzosen umstritten. Bei den Sozialisten gilt er als rechter Hardliner. Mit seinen Aussagen über Roma, die er für „Bettelei und Diebstähle“ verantwortlich machte, oder seiner Forderung eines Kopftuchverbots an Universitäten hat er sich nicht überall Freunde gemacht.

Distanz zum linken Lager der Sozialisten

Andererseits verbindet den künftigen Präsidenten Macron und den früheren Premierminister Valls auch einiges. Beide wollen nichts mehr mit der linken Strömung bei den Sozialisten zu tun haben, wie sie durch deren Präsidentschaftsbewerber Benoît Hamon beim Rennen um den Elysée-Palast vertreten wurde. Hamon kam bei der Präsidentschaftswahl gerade einmal auf einen Stimmenanteil von gut sechs Prozent und stürzte die frühere stolze Regierungspartei in eine tiefe Krise. Viele gemäßigte Sozialisten wie Valls sind inzwischen zur Bewegung von Macron übergelaufen. Um den politischen Aderlass zu stoppen, erklärte der Vorsitzende der Sozialisten, Jean-Christophe Cambadélis, dass Valls im Fall einer Kandidatur unter dem Banner von Macrons Bewegung aus der Partei austreten müsse.

Auch Konservative nähern sich der Macron-Bewegung an

Die Versuchung, ins Lager des künftigen Präsidenten überzuwechseln, verspüren derweil auch etliche Politiker aus den Reihen der konservativen Republikaner. Wie die Sozialisten hatten sie es nicht geschafft, in die Stichwahl ums Präsidentenamt am vergangenen Sonntag zu gelangen. Im Gegensatz zu den Sozialisten können sich die Konservativen aber nach wie vor auf eine solide Wählerbasis stützen; ihr Kandidat François Fillon war in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl auf einen Stimmenanteil von 20 Prozent gekommen. Derweil mehrten sich am Dienstag bei den Republikanern die Stimmen derer, die zur Zusammenarbeit mit der Regierungsmannschaft von Macron aufriefen. So forderte der Ex-Premierminister Alain Juppé die Partei auf, keine „Fundamentalopposition“ gegen den neuen Präsidenten zu betreiben.

Wer wird neuer Premierminister?

Wen Macron nach seiner Amtseinführung am kommenden Sonntag zum Premierminister ernennt, bleibt derweil das Geheimnis des „En Marche“-Gründers. Als Kandidat genannt wird unter anderem Macrons Vertrauter Richard Ferrand. Während Ferrands politische Vergangenheit mit den Sozialisten verbunden ist, kommt ein weiterer Anwärter auf den Posten des Regierungschefs aus den Reihen der Republikaner: der Bürgermeister der Hafenstadt Le Havre, Edouard Philippe.

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