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Grablichter, Kerzen und Blumen liegen vor einem Kaufhaus in der Innenstadt von Würzburg.

© Daniel Karmann/dpa

Nach der Messerattacke von Würzburg: Die Sicherheitslücken sind bekannt, warum werden sie nicht angegangen?

Die Identität einiger Geflüchteter ist nicht feststellbar. Auch psychisch kranke Personen werden nicht identifiziert. Es gibt Gesprächsbedarf. Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Barbara John

Ist es ein unrealistischer Wunsch, dass Mordtaten und Mordversuche wie jener in Würzburg am 25. Juni 2021 sich nicht wiederholen? Ein erster Fall dieser Art – der Täter ein Geflüchteter, der eventuell schwere psychische Probleme hat – war die Tat nicht. Da stellt sich schon die Frage, ob wirklich alles getan wird, um solche Taten zu verhindern.

Wir alle brauchen ein gewisses Maß an Gewissheit, geschützt zu sein vor explosiv ausbrechender Gewalt. Auf dieses Vertrauen nicht bauen zu können, wäre wie ein Alptraum am helllichten Tag. Einheimische und Zugewanderte in Deutschland teilen diesen Wunsch uneingeschränkt.

Sichtbar wurde das auch in Würzburg, als selbstverständlich und spontan Nichtmigranten und Migranten gemeinsam versuchten, den Attentäter aufzuhalten. Ihr Einsatz in dieser Notsituation war todesmutig. Politiker waren voll des Lobes, doch nebenbei machte auch der triviale Spruch wieder die Runde, dass es keine absolute Sicherheit gebe.

Roulettespiel in der Asylpolitik

Das hört sich an, als handele es sich bei den Taten um unvermeidbare Begleiterscheinungen. Niederträchtig und entsetzlich zwar, und wenn überhaupt, nur mit besserer Integration und mehr Psychotherapie für traumatisierte Asylsuchende zu vermeiden.

Niemand bei Verstand verlangt absolute Sicherheit, auch nicht in der Migrationspolitik.

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Aber in der Asylpolitik können wir mittlerweile von einer absoluten Unsicherheit sprechen. Sicherheitsüberprüfungen vor oder unmittelbar nach der Einreise von Asylsuchenden sind dem europäischen, speziell dem deutschen Aufnahmesystem völlig fremd. Worin sollten die auch bestehen, wenn ein großer Teil der Antragsteller ohne Identitätsnachweise einreist? Die Regierung weiß darum, hüllt sich aber in Schweigen.

Im Bericht der „Fachkommission der Bundesregierung zu den Rahmenbedingungen der Integrationsfähigkeit“ (November 2020) heißt es immerhin zu Asylsuchenden ohne Identitätsnachweis: „Es wäre unbedarft anzunehmen, dass darunter keine Kriminellen, bzw. Terroristen seien oder dass dies sicher überprüft werden könnte.“

Psychisch labile oder schwer gestörte Personen gehören natürlich auch dazu. Selbst ohne Anerkennung einer Schutzbedürftigkeit bleiben die meisten im Land, weil fehlende Rückführungsabkommen oder Abschiebestopps die Rückkehr, oft auf Dauer, verhindern.

Gerade weil es geboten ist, die Akzeptanz von Flüchtlingen nicht zu untergraben durch pauschale Infragestellung ihrer Friedfertigkeit, müssen die bekannten Sicherheitsrisiken endlich zum Thema gemacht werden. Und Lösungen zur Erhöhung der Sicherheit müssen diskutiert werden.

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