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Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Hans-Georg Maaßen.

© dpa/ Wolfgang Kumm

Nach der Beförderung Maaßens: Geschacher, das Bürger von der Politik entfremdet

Mit Gunther Adler wird ein ausgewiesener Fachmann in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Kluge Regierungskunst sieht anders aus. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Falk Jaeger

Es kommt nicht so häufig vor, dass sich die Architektenschaft für Baupolitiker in die Bresche wirft. Für Bauminister Klaus Töpfer hat die Branche das getan. Er hatte sich in den neunziger Jahren durch kluge Fachpolitik den Respekt der Baukünstler erworben hatte. Und nun der beamtete Staatssekretär Gunther Adler (SPD). Er war bei der Regierungsbildung im März 2018, als die Große Koalition das von Barbara Hendricks SPD-geführte Bauministerium zerstückelte, ins Innenministerium übernommen worden.

Dort agierte er faktisch als Bauminister, wirkungsvoll und kaum behelligt von seinem Minister Horst Seehofer, der sich weder für Bauwesen und Stadtplanung interessiert, noch in der Öffentlichkeit eine eigene Position erkennen lässt, geschweige denn eigene Impulse setzt.

Das hingegen tat Gunther Adler. Er hatte allzeit ein offenes Ohr für die Nöte der Architekten, zum Beispiel wenn es um die Belange des leidigen Vertrags- und Vergabewesens und der Honorarordnung ging. Adler beackerte die komplexen Problemfelder im Clinch mit den Brüsseler EU-Behörden, von wo aus sich die deutschen Architekten permanenter Angriffe ausgesetzt sehen.

Nun wird der allgemein geschätzte Fachmann mit 55 Jahren in den einstweiligen Ruhestand versetzt, üblicherweise eine Strafmaßnahme bei Fehlverhalten oder „gestörtem Vertrauensverhältnis“. Doch nicht so bei Adler. Er muss einem neuen Staatssekretär für Sicherheit namens Hans-Georg Maaßen weichen.

Es geht um Macht und Posten, nicht um Inhalte

Abgesehen von der politischen Dimension, wenn der CSU-Minister einen SPD-Staatssekretär entlässt und der Koalitionspartner diesbezüglich offenbar klein beigibt, handelt es sich bei diesem politischen Geschacher exakt um jene Art Machenschaften, die den Bürger der Politik vollends entfremden. Es geht um Macht und Posten, nicht um Inhalte. Während Maaßens Eignung als Staatssekretär einerseits durchaus in Zweifel gezogen wird und für ihn erst Handlungsfelder gefunden werden müssen, wird andererseits ein bedeutendes Ressort seines Kopfes beraubt, das bis 1998 jahrzehntelang ganz selbstverständlich ein eigenes Ministerium beanspruchte, aber seitdem wechselweise mit anderen Ressorts wie Verkehr, Umwelt oder Reaktorsicherheit zusammengehen musste.

Bauen, Wohnen, Stadt- und Infrastrukturplanung sind jedoch in den vergangenen Jahren immer wichtiger und dringlicher geworden, das zuständige Ministerium hingegen wird politisch ins Abseits gedrängt. Nicht nur die Bundesarchitektenkammer protestiert, völlig zu Recht, und beklagt, dass die Architekten mit dem „ausgewiesenen Fachmann, der hohes Ansehen bei Kammern und Verbänden genießt“, einen kompetenten Ansprechpartner in der Regierung verlieren.

Bauen und Wohnen, Wohnungsmangel und Mietpreisexplosionen gehören neben der Flüchtlingspolitik in der Bevölkerung derzeit zu den meistdiskutierten Problemfeldern. In der Regierung wird das zuständige Ressort zu einer kopflosen Unterabteilung auf Ministerialratsebene degradiert. Kluge Regierungskunst sieht anders aus.

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