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Auch in der Altenpflege soll es Bonuszahlungen für Mitarbeiter geben.

© Jens Wolf / dpa

Nach dem Klatschen: Kommen Bonuszahlungen auch in der Altenpflege?

Steuerfreie Boni sollen Anerkennung für Mehrarbeit in der Corona-Krise sein. Auf Dauer müssten Berufe wie die Altenpflege besser entlohnt werden, fordern Grüne und Linke.

Freundliche Worte an der Ladentheke, Beifall vom Balkon für das medizinische Personal – alles ein „schöner Ausdruck unserer Verbundenheit in dieser schweren Zeit“, wie Vizekanzler Olaf Scholz zu Beginn des Wochenendes sagt. Doch die nett gemeinten Gesten hält er nicht für ausreichend. „Wir wollen mehr tun, um die Helferinnen und Helfer angemessen zu würdigen“, fügt der SPD-Politiker hinzu.

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Das Finanzministerium hat deshalb die Anweisung erlassen, dass in der Corona-Krise Bonuszahlungen an die Beschäftigten bis zu einer Summe von 1500 Euro steuer- und sozialabgabenfrei bleiben. Voraussetzung ist, dass die Prämien zwischen dem 1. März und dem 31. Dezember 2020 zusätzlich zum normalen Arbeitslohn ausgezahlt werden.

Viele der in der Corona-Krise gefragten Berufe sind schlecht bezahlt

Dahinter steckt nicht zuletzt die Erkenntnis, dass viele Berufe, die jetzt in der Krise besonders gefragt sind und als „systemrelevant“ gelten, bisher eher schlecht bezahlt werden: seien es die Kassiererin im Supermarkt, der Regaleinräumer, der Altenpfleger oder die Krankenschwester. Wegen der Mehrbelastung durch die Corona-Krise hatten etliche Einzelhändler bereits Boni für ihre Mitarbeiter angekündigt. Nun sind offenbar auch Sonderzahlungen für Beschäftigte in der Altenpflege im Gespräch. 

Steuerfreie Anerkennungsprämie wäre „das richtige Signal“

In der Corona-Pandemie werde in der ambulanten Pflege und in den Pflegeheimen Herausragendes geleistet, sagte Florian Lanz, Sprecher des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung, der auch die Pflegekassen vertritt, dem Tagesspiegel. Der Umgang mit pflegebedürftigen Menschen erfordere gleichermaßen hohe Professionalität und menschliche Wärme: „Eine steuerfreie Anerkennungsprämie wäre das richtige Signal“, sagt Lanz.

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Bei der Festlegung der Höhe einer möglichen Anerkennungsprämie sei Augenmaß gefragt, denn schließlich werde sie aus Beitragsgeldern finanziert. „Auch sollte nicht nach Ost oder West, Nord oder Süd unterschieden werden, denn nirgendwo kann Pflege auf Distanz oder gar vom Homeoffice aus geleistet werden“, sagt der Verbandssprecher. Deshalb sollten sich die Pflege-Arbeitgeber mit der Politik auf einen bundesweit einheitlichen Wert für diese Prämie verständigen.

Sonderzahlungen in der Pflege und im Einzelhandel wegen der Corona-Krise

Auch der Vizepräsident des Arbeitgeberverbands Pflege, Friedhelm Fiedler, hält Sonderzahlungen für machbar. „Wir sind offen für einen einmaligen Bonus in Höhe von bis zu 1500 Euro“, sagte er der „Bild“-Zeitung. In den stationären Pflegeeinrichtungen und den ambulanten Pflegediensten arbeiten nach Angaben des Statistischen Bundesamts mehr als eine Millionen Menschen, mehr als 85 Prozent der Beschäftigten sind Frauen. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte außerdem für eine Extra-Vergütung der Pflegekräfte in den Kliniken oder Arztpraxen geworben.

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Im Lebensmitteleinzelhandel hatte mehrere Ketten Sonderzahlungen angekündigt: Lidl, Kaufland und Aldi zahlen ihren Mitarbeitern in den Filialen und in der Logistik einen Bonus in Form eines Warengutscheins von bis zu 250 Euro. Auch die Real-Beschäftigten erhalten in der Woche vor Ostern Warengutscheine – im Wert von 100 Euro. Die Rewe-Gruppe, zu der Rewe und Penny gehören, kündigte ebenfalls Sonderzahlungen an.

Grüne und Linke fordern grundsätzlich bessere Bezahlung

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt begrüßte, dass Finanzminister Scholz sich endlich bewegt habe und Bonuszahlungen in Coronazeiten steuerfrei würden. „Wichtig ist aber nicht nur die Steuerfreiheit, sondern dass auch gezahlt wird“, sagte sie dem Tagesspiegel.

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„Die vielen Menschen in der Pflege, in Krankenhäusern oder den Supermärkten, die trotz Infektionsrisiko täglich viel für uns alle leisten, sollten solche Bonuszahlungen auch wirklich rasch bekommen“, appellierte sie an die Arbeitgeber. Bonuszahlungen ersetzten außerdem keine Lohnerhöhungen und keine Tarifverhandlungen, sagte die Grünen-Politikerin. „Wir müssen daran denken, dass die Menschen, die jetzt eine so wichtige Arbeit erbringen, auch in Zukunft besser bezahlt werden.“

Auch im Einzelhandel soll es  wegen der Corona-Krise Sonderzahlungen geben - beispielsweise in Form von Einkaufsgutscheinen für die Mitarbeiter.
Auch im Einzelhandel soll es  wegen der Corona-Krise Sonderzahlungen geben - beispielsweise in Form von Einkaufsgutscheinen für die Mitarbeiter.

© Sven Hoppe/dpa

Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, begrüßte ebenfalls, dass es Bonuszahlungen für die Belastung der Beschäftigten in der Corona-Krise geben solle. Doch zugleich mahnte er, die notwendige Besserstellung von Pflegekräften könne man nicht mit einer Einmalzahlung erledigen. „Kassen und Arbeitgeber sollen nicht glauben, das Thema damit vom Tisch zu bekommen“, sagte er. Bereits vor der Corona-Krise seien Krankenhausstationen häufig unterbesetzt gewesen, ein großer Teil der Pflegekräfte habe den Beruf wegen Überlastung und schlechter Bezahlung vorzeitig aufgegeben. „Den Pflegenotstand werden wir nur mit einer generellen Aufwertung der Pflegearbeit in den Griff bekommen“, sagte Riexinger.

Riexinger: Aussetzung von Tarifverhandlungen sind „falsches Signal“

Für den Linksparteichef ist es deshalb auch das „völlig falsche Signal“, dass die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und die Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche ihre Verhandlungen über einen Tarifvertrag in der Altenpflege infolge der Corona-Krise erst einmal aussetzen, wie am Samstag bekannt wurde.

Der Geschäftsführer des Arbeitgeberverbands, Gero Kettler sagte, die Pflegekräfte bräuchten zwar dauerhaft ein höheres Entgelt, aber jetzt hätten Sofortmaßnahmen wie tariflich vereinbarte Bonuszahlungen Vorrang. „Es wird hoffentlich nicht beim Klatschen bleiben“, sagt er.

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