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Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP, auf der Bühne der Stuttgarter Oper.

© dpa/Sebastian Gollnow

Nach dem FDP-Dreikönigstreffen: Die Liberalen brauchen mehr als nur den Willen zum Regieren

Die FDP will unbedingt an die Macht. Doch ihre strategischen, inhaltlichen und personellen Probleme machen das fast unmöglich. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Paul Starzmann

Der Wille ist da. Ein Platz am Kabinettstisch, ein Ministerium leiten, endlich mitregieren – nichts wünschen sich die Liberalen sehnlicher als das. Das machte FDP-Chef Christian Lindner beim Dreikönigstreffen der Freidemokraten am Mittwoch deutlich. „Wir haben Lust auf Gestaltung“, sagte er.

Neu ist das nicht. Schon vor einem Jahr betonte Lindner den Regierungsanspruch seiner Partei. Nach dem Ausstieg aus den Jamaika-Sondierungen 2017 wollen die Liberalen das Drückeberger-Image endlich abschütteln – und zeigen, dass sie Verantwortung übernehmen wollen. Doch ob die Liberalen das auch können, daran sind Zweifel angebracht. Haben sie tatsächlich das Zeug zum Regieren? Das Personal, die Ideen, die Kraft?

In den Umfragen sieht es nach wie vor nicht gut aus für die FDP. Zwischen sechs und sieben Prozent liegt die Partei bundesweit. Das muss zwar noch nichts heißen; auch im Januar 2017 lagen die Freidemokraten bei fünf Prozent – und zogen dann mehr als doppelt so stark in den Bundestag ein. Doch damals gab es keine Coronakrise, keine so hohe Zustimmung zur Regierung. Und auch keinen Höhenflug der Grünen, die sich längst auf eine Koalition mit der Union vorbereiten.

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Inhaltlich haben die Freidemokraten den schwarz-grünen Machtperspektiven wenig entgegenzusetzen. Es ist verständlich, dass die Partei in einer Zeit der eigenen Schwäche auf ihren Markenkern – die Wirtschaftskompetenz – setzt. Doch das Credo „mehr Markt, weniger Staat“ dürfte in Zeiten wie diesen außerhalb der FDP-Stammwählerschaft kaum verfangen. Darüber hinaus wirkt die selbsternannte „Fortschrittspartei“ gesellschaftspolitisch in Teilen seltsam antiquiert.

FDP gegen den „Zeitgeist“?

Zwar sprach Lindner beim Dreikönigstreffen die „Rollenmuster in der Familie“ und den „Alltagsrassismus“ auf dem Job- und Wohnungsmarkt an. Doch mehr als eine Art Mentalitätswandel forderte er mit Blick auf die tägliche Diskriminierung nicht ein. Das lasse sich nicht alles gesetzlich regeln, betonte Lindner. Etwas mehr Elan im Kampf gegen Ungerechtigkeiten würde man sich allerdings schon wünschen von einer Partei, die „Lust auf Gestaltung“ hat. In der FDP debattiert man indes darüber, ob man sich mit solchen Themen nicht zu sehr dem „Zeitgeist“ unterwerfe. Modern wirkt das nicht gerade.

Auch personell muss sich in der FDP etwas tun, damit sie nicht den Anschluss verliert. Noch immer hat Lindner kein wirklich schlagkräftiges und vor allem vielfältiges Team um sich aufgebaut. Die Chance, das nachzuholen, hat er bei der nächsten Vorstandswahl im Mai – sofern es ihm gelingt, genügend neue Köpfe zu finden, die auch wirklich den Willen zur Gestaltung haben.

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