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Der Chef der Brexit-Partei, Nigel Farage, am Mittwoch im Europaparlament in Brüssel.

© Michael Kappeler/dpa

Nach dem Brexit: EU-Gegner Nigel Farage kann mit saftiger Rente rechnen

Der Chef der Brexit-Partei, Nigel Farage, kann als scheidender Europaabgeordneter mit großzügigen Übergangs- und Rentenzahlungen rechnen – aus der Kasse der EU.

Richard Corbett gehört zu den langgedienten britischen Abgeordneten im Europaparlament. Der Labour-Mann war fast zwei Jahrzehnte lang Parlamentarier in Straßburg und Brüssel. Doch an diesem Donnerstag ist für den 65-Jährigen Schluss: Der Brite hat seine Sachen gepackt und verlässt – so wie die übrigen 72 britischen Abgeordneten auch – das Europaparlament. Der Brexit, mit dem in der Nacht von Freitag auf Samstag die britische Mitgliedschaft in der Europäischen Union enden wird, wirft in Brüssel seine Schatten voraus.

Am Mittwochabend wollen die EU-Abgeordneten über den Austrittsvertrag abstimmen. Die Zustimmung der Abgeordneten zum Scheidungsvertrag, der den Weg für den Brexit am Wochenende frei macht, gilt indes als Formsache.

Vor der Abstimmung lud die Fraktion der Sozialdemokraten am Mittwoch zu einem Abschiedstreffen für die Labour-Abgeordneten ein. Corbett und die übrigen Labour-Parlamentarier trugen dabei Schals mit der Aufschrift „Always United“ („Für immer vereint“). Das Motto des Treffens („It’s not goodbye. It’s au revoir“) passte zur Hoffnung nicht weniger Labour-Leute, dass Großbritannien irgendwann in der Zukunft wieder der EU beitreten könnte.

26 der 73 britischen Abgeordneten gehören zur Brexit-Partei

Doch die überwiegende Mehrheit der britischen EU-Abgeordneten freut sich über den unmittelbar bevorstehenden Austritt. 26 der 73 Parlamentarier von der Insel gehören der Brexit-Partei an. Der Anführer der Brexit-Partei, Nigel Farage, profitiert finanziell in hohem Maße, wenn der Brexit vollzogen wird. Farage, der 20 Jahre im Europaparlament saß und nur Hohn und Spott für die EU übrig hatte, hat Anspruch auf Übergangsgeld in Höhe von 178.657,20 Euro. Ihm werden 20 Monate lang die Diäten in Höhe von 8.932,86 Euro weitergezahlt. Außerdem steht dem 55-jährigen Farage ab Vollendung seines 63. Lebensjahrs eine Rente in Höhe von lebenslang monatlich derzeit 6.253 Euro zu.

Defizitärer Pensionsfonds nimmt seit 2009 keine Mitglieder mehr auf

Darüber hinaus wird Farage im Rentenalter Gelder beziehen aus dem Pensionsfonds der EU, der hochdefizitär ist und deswegen seit 2009 keine neuen Mitglieder mehr aufnimmt. Der EU-Pensionsfonds, für den die EU permanent Geld zuschießen muss, beteiligt sich unter anderem an den Krankheitskosten seiner Mitglieder.

Nach Berechnungen des Tagesspiegels haben 24 der 73 britischen Abgeordneten Anspruch auf Ruhegeld sowie Übergangsgeld von mindestens sechs Monaten. Damit schlägt das Übergangsgeld für britische Ex-Abgeordnete künftig mit Kosten in Höhe von 214.372 Euro monatlich im Haushalt des Europaparlaments zu Buche. Jeder Abgeordnete, dem Übergangsgeld zusteht, bekommt mindestens 53.597 Euro. Sollte der Abgeordnete ein anderes Mandat oder öffentliches Amt antreten, wird das Übergangsgeld gekürzt. 49 derzeitige britische Abgeordnete werden das Europaparlament ohne Ansprüche auf Übergangsgeld und Pension verlassen, weil sie nicht lang genug Mitglied waren.

Eigentlich sollte das Land bereits Ende März letzten Jahres aus der EU ausgetreten sein. Da der Brexit mehrmals verschoben wurde, musste Großbritannien dann doch noch an den Europawahlen im vergangenen Mai teilnehmen. Dabei kamen viele Neulinge zum Zuge.

Grundsätzlich stehen jedem Abgeordneten, der aus dem Europaparlament ausscheidet und ein volles Jahr Mitglied war, sechs Monate Übergangsgeld zu. Übergangsgeld wird höchstens 24 Monate gezahlt. Die Diäten im Europaparlament von derzeit 8.932,86 Euro sind niedriger als die Diäten im Bundestag in Höhe von 10.083,47 Euro. Dafür ist die Altersversorgung im Straßburger Parlament attraktiver. Europaabgeordnete erwerben je Jahr im EU-Parlament Pensionsansprüche in Höhe von 3,5 Prozent der Diät. Die Pensionen sind bei 70 Prozent gedeckelt.

Der Liberale Bill Newton Dunn ist am längsten dabei

Unter den Abgeordneten aus dem Vereinigten Königreich, die jetzt das Europaparlament verlassen, sind etliche langgediente Parlamentarier. Am längsten dabei ist der Liberale Bill Newton Dunn, der bereits in der ersten Wahlperiode ab 1979 dabei war. Dunn bekommt zwei Jahre Übergangsgeld und hat Anspruch auf die Höchstpension. Er bekommt aber nicht beides. Er muss sich für eine Leistung entscheiden.

Der Sozialdemokrat Corbett, der die Labour-Abgeordneten im Europaparlament anführte und bei vielen Gesetzgebungsverfahren eine wichtige Rolle spielte, kann derweil eine Rente mit Bezügen von 53.15,05 Euro Euro antreten. Spaßeshalber hat Corbett angekündigt, dass er sich jetzt ein Pferd zulegen wolle, um damit in den Sonnenuntergang zu reiten.

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