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Schwedens Premier Stefan Löfven (rechts) bildete das Kabinett um.

© imago/Xinhua

Update

Nach Datenskandal: Schwedens Premier Löfven droht Misstrauensvotum

Der Ministerpräsident musste die sozialdemokratisch geführte Regierung umbauen. Der Opposition reicht das nicht. Rechte könnten entscheidend werden.

In Schweden hat der Skandal um ausgelagerte sensible Daten eine Krise der rot-grünen Minderheitsregierung und eine Kabinettsumbildung ausgelöst. Unter dem Druck der Opposition traten zwei Minister am Donnerstag zurück. Der sozialdemokratische Regierungschef Stefan Löfven betonte aber, er werde das Land nicht in eine politische Krise stürzen. Weder werde er selbst zurücktreten noch eine Neuwahl ausrufen.

Oppositionsparteien hatten den Rücktritt dreier Minister gefordert und zeigten sich unzufrieden. Nach der Sommerpause könnte nun ein Misstrauensvotum auf Löfvens Regierung zukommen. Seine Partei regiert das Land mit den Grünen seit 2014 in einer Minderheitsregierung mit 138 von 349 Mandaten. Die nächsten Wahlen finden planmäßig im September 2018 statt. Einer aktuellen Umfrage der Tageszeitung "Dagens Nyheter" zufolge sind mehr als 40 Prozent der Schweden für ein Misstrauensvotum.

Eine oppositionelle bürgerliche Viererallianz (Moderate, Liberale Volkspartei, Christdemokraten und Zentrumspartei) hat bereits ihre Bereitschaft zur Übernahme der Regierungsgeschäfte erklärt. Sie wäre im Parlament allerdings auf die Unterstützung der rechtspopulistischen Schwedendemokraten unter Parteichef Jimmie Åkesson angewiesen. Die Schwedendemokraten profitieren wie andere populistische Parteien in Europa von der Flüchtlingskrise. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl zählt Schweden zu den Ländern, die am meisten Migranten aufgenommen haben. In Umfragen kommen die Schwedendemokraten inzwischen auf bis zu 23 Prozent.

Rechtspopulisten könnten Ausschlag geben

Der 35-jährige Åkesson präsentiert seine Schwedendemokraten als national-gesinnte, EU-kritische Gruppierung, die besonders gegen die ihrer Meinung nach zu liberale Einwanderungspolitik kämpft. "Wohlfahrt oder Masseneinwanderung" lautete im Wahlkampf einer ihrer Slogans. Um "90 Prozent" will die Partei die Zahl der Migranten senken. Und immer wieder versucht Åkesson in öffentlichen Debatten die Angst vor einer Islamisierung Schwedens zu schüren. In der Flüchtlingskrise war Schweden für Bundeskanzlerin Angela Merkel bisher einer der verlässlichsten Partner.

Ministerpräsident Löfven nahm am Donnerstag die Rücktrittsgesuche von Innenminister Anders Ygeman und Infrastrukturministerin Anna Johansson an. Verteidigungsminister Peter Hultqvist hingegen bleibe trotz der Rücktrittsforderung der Opposition im Amt, denn er trage keine Verantwortung für den Skandal, sagte Löfven. Doch genau das kritisierten die Oppositionsparteien. "Die Grundlage für den Vertrauensverlust in Hultqvist bleibt bestehen", sagte etwa Anna Kinberg Batra, die Parteichefin der Konservativen.

Den Oppositionspolitikern zufolge soll Hultqvist es versäumt haben, Lövfen über das Datenleck informiert zu haben - obwohl er selbst davon bereits Anfang 2016 gewusst habe. Zusammen mit drei anderen Oppositionsparteien - den Liberalen, der Zentrumspartei und den Christdemokraten - streben die Konservativen nach der Sommerpause im September ein Misstrauensvotums an, teilten sie am Donnerstag mit. Aus dem Urlaub wollten sie die Parlamentarier deshalb nicht holen, hieß es weiter.

Ausländische IT-Experten hatten Zugang zu sensiblen Daten

Auslöser für die Empörung der Opposition war die Entscheidung der staatlichen Verkehrsbehörde, ihre IT-Verwaltung 2015 an den Computerkonzern IBM auszulagern. IBM wiederum beauftragte Subunternehmen unter anderem in Tschechien und Rumänien. Deren IT-Spezialisten hatten damit trotz fehlender Sicherheitsüberprüfung Zugang zu sensiblen Daten des schwedischen Militärs und der Führerscheinbehörde. Hultqvist sagte am Donnerstag, er habe "alle nötigen Maßnahmen" ergriffen, um die Folgen für das Militär zu begrenzen. Es liege jetzt an anderen zu entscheiden, ob sie ein Misstrauensvotum vorantreiben wollten. Auch Schwedendemokraten-Chef Åkesson, sagte, seine Partei werde gegen Hultqvist stimmen.

Die Aufsicht über die Verkehrsbehörde hat in Schweden das Infrastrukturministerium. Die bisherige Ministerin Johansson räumte ein, sie habe dabei Fehler gemacht. Ihren Posten übernimmt nun der Fraktionschef der Sozialdemokraten, Tomas Eneroth. Der zurückgetretene Innenminister Ygeman soll jetzt die Fraktion leiten, wie Löfven weiter bekanntgab. Justizminister Morgan Johannson wird nun auch das Innenressort übernehmen. (lem/dpa)

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