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Frank Pasemann wurde aus der AfD ausgeschlossen.

© Jörg Carstensen/dpa

Nach Ausschluss aus der Partei: Kann Frank Pasemann Mitglied der AfD-Fraktion bleiben?

Normalerweise schrumpft die AfD-Fraktion wegen Austritten. Doch jetzt gab es einen Rauswurf. Die Fraktion muss entscheiden, wie es weitergeht.

Wenn die AfD-Fraktion im Bundestag einen Abgeordneten verliert, dann stets, weil wieder einer von ihnen aus der Partei ausgetreten ist. Bei 89 Abgeordneten ist sie mittlerweile angekommen – von 94, die der Fraktion eigentlich nach ihrem Wahlergebnis zustehen. Dass diese Zahl nun auf 88 absinken könnte, liegt aber nicht an einem weiteren Austritt, sondern erstmals an einem Rauswurf. Der AfD-Abgeordnete Frank Pasemann aus Sachsen-Anhalt ist am Wochenende endgültig aus der Partei ausgeschlossen worden. Er ist ein prominenter Vertreter des vom Verfassungsschutz beobachteten und formal aufgelösten „Flügels“ in der AfD. An diesem Dienstag wird sich voraussichtlich die AfD-Fraktion mit der Frage beschäftigen, wie es mit Pasemann weitergeht.

Eigentlich, so bestätigt es ein Sprecher der Fraktion dem Tagesspiegel, sieht die Geschäftsordnung der AfD-Fraktion vor, dass man mit der Parteimitgliedschaft automatisch die Fraktionsmitgliedschaft verliert. Dann könnte die Fraktion höchstens darüber abstimmen, ob sie den parteilosen Abgeordneten wieder in ihre Reihen aufnimmt. Im Fall von Pasemann verweist man in der Fraktion aber noch darauf, dass der Magdeburger ja vor einem Zivilgericht gegen seinen Rauswurf aus der Partei vorgehen könne – und der Ausschluss deshalb nicht unbedingt endgültig sei.

Frist verpasst für Begründung

Es ist ein heikler Fall. Der Streit darum, ob Pasemann aus der AfD geworfen werden soll, läuft schon seit mehreren Jahren. Pasemann ist mit dem rechtsextremen Milieu verstrickt. 2018 hatte sein eigener Landesverband Sachsen-Anhalt den Bundesvorstand aufgefordert, ein Parteiausschlussverfahren gegen Pasemann zu eröffnen, was damals aber im Sande verlief. Erst im April 2020 wurde dann tatsächlich ein Parteiausschlussverfahren eröffnet. Im August entschied das Landesschiedsgericht, Pasemann rauszuwerfen. Weil er die Berufung dagegen nicht fristgerecht begründete, ist der Rauswurf nun in Kraft getreten. Der Beschluss liegt dem Tagesspiegel vor. Das Bundesschiedsgericht gibt Pasemann darin noch den Hinweis, eine kursorische Prüfung des erstinstanzlichen Urteils habe bereits ergeben, dass auch in der Sache selbst das Bundesschiedsgericht „nicht anders hätte entscheiden können“.

Pasemann wird eine Reihe an Dingen zur Last gelegt. Es geht unter anderem um eine Spendenkasse, die er für den „Flügel“ geführt haben soll. Auch ein Tweet wird angeführt, in dem Pasemann den jüdischen Fernsehmoderator und Publizisten Michel Friedman als „Der ewige Friedman“ bezeichnet hatte, was Assoziationen zum antisemitischen NS-Propagandafilm „Der ewige Jude“ hervorrief. Pasemann behauptet, er habe den Film nicht gekannt und den Tweet nach einem Hinweis darauf gelöscht.

Pasemann ist Direktkandidat - trotz allem

Ein Insider diagnostiziert in der AfD-Fraktion im Bundestag ein „gewisses Festhaltebedürfnis“ an Pasemann. Ewig kann die Fraktion den 60-Jährigen aber nicht mit formalen Argumenten in ihren Reihen halten. Wenn der in der Geschäftsordnung festgeschriebene automatische Fraktionsausschluss greift, müssen die Abgeordneten entscheiden, ob sie ihn wieder aufnehmen wollen. Doch das wäre auch deshalb heikel, weil eine Gesamtbeobachtung der Partei durch den Verfassungsschutz noch immer im Raum steht. Insofern dürfte es jetzt hinter den Kulissen zu hitzigen Debatten kommen.

Ironisch an der Geschichte ist auch, dass Pasemann bei der nächsten Bundestagswahl theoretisch wieder auf AfD-Ticket ins Parlament einziehen könnte. Im Oktober wurde er einstimmig als Direktkandidat für den Wahlkreis Magdeburg und Umgebung nominiert – obwohl das Landesschiedsgericht bereits den Rauswurf beschlossen hatte.  Die Nominierung war auch ein eindeutiger Affront gegen den AfD-Bundesvorstand, der das Verfahren ebenfalls vorangetrieben hatte. Wie gut Pasemanns Chancen auf ein Direktmandat allerdings sind, ist fraglich: 2017 holte er 15 Prozent der Erststimmen. Vorne lag mit 27 Prozent der Kandidat von der CDU.

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