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Bundesinnenministerin Nancy Faeser (links) und ein Kriegsschauplatz im ukrainischen Charkiw (rechts).

© J. Geron/Reuters; M. Andrew/dpa

Exklusiv

Nach Aufruf für internationale Legion: Deutsche dürften an Ukraine-Krieg teilnehmen – auch für Russland

Freiwillige Fronteinsätze sind nicht per se strafbar. Die Bundesregierung will nun verhindern, dass sich Extremisten an Kämpfen in der Ukraine beteiligen.

Die Bundesregierung wird eigene Staatsbürger nicht grundsätzlich daran hindern, zu den Kämpfen in die Ukraine zu reisen – und sie würden dafür auch nicht per se von der Justiz verfolgt. Dies gilt für potenzielle Einsätze sowohl für die ukrainische als auch die russische Seite und geht aus Antworten des Innen- und des Justizministeriums auf Tagesspiegel-Anfrage hervor.

Ein Sprecher von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte, man wolle aber verhindern, dass Extremisten ausreisen. Wenn „Reiseabsichten deutscher Staatsangehöriger mit extremistischer Gesinnung“ mit der möglichen Absicht bekannt werden, sich an militärischen Übungen oder Kämpfen in der Ukraine oder Russland zu beteiligen, sagte der Sprecher, prüfe die Bundespolizei, ob eine „Ausreiseuntersagung“ rechtlich zulässig sei. „Aufgrund des gegenwärtigen Konflikts wurden die Bundespolizeidirektionen zu möglichen Reisebewegungen rechtsextremer Personen sensibilisiert.“ In Verdachtsfällen untersage man Ausreisen.

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Konkret kann dies durch den Einzug des Reisepasses erfolgen, aber auch durch die Auflage, sich in einer Polizeiwache zu melden. Deutsche Behörden waren so vorgegangen, als es darum ging, Reisen in den Syrien-Krieg zu verhindern.

Rechtsradikale in der Ukraine-Frage zerstritten

Deutsche Rechtsradikale sind sich in der Ukraine-Krise uneins: Als russische Aufständische mit Moskauer Hilfe 2014 den Donbass eroberten, zeigten sich Neonazis mit der Ukraine solidarisch. Zuletzt sprachen sich Rechtspopulisten für Russland aus, das sich dem „globalistischen Westen“ widersetze.

Ukrainische Milizen werben über das Netz auch in Berlin um ausländische Kämpfer. So bittet das ultranationalistische „Regiment Asov“ in Online-Netzwerken um Freiwillige. NPD-Männer hatten sich zu „Asov“ bekannt, das formal dem Innenministerium in Kiew unterstellt ist.

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Aus Sicherheitskreisen ist zu hören, dass man Ausreisen nichtextremistischer Bundesbürger dann nicht verhindern werde, wenn sie offenkundig die Ukraine unterstützen wollten.

Am Freitag hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im von Russland angegriffenen Kiew gesagt: „Wenn Sie Kampferfahrung in Europa haben, können Sie zu uns kommen und mit uns Europa verteidigen.“ Man solle sich dazu bei den ukrainischen Botschaften melden, dort würden Erfahrung und Eignung geklärt. Einzelne, prowestliche Letten, Dänen, Japaner und Kanadier wollen inzwischen in der Ukraine kämpfen.

Wegen des Kombattantenstatus nicht illegal

Circa 1,3 Millionen Kanadier haben ukrainische Wurzeln. Auch in Deutschland leben Hunderttausende, deren Familien einst aus der Ukraine, öfter aber noch aus Russland kamen. Schon im Donbass 2014 kämpften zudem Tschetschenen – auf beiden Seiten. Tschetschenien ist eine islamistische Autonomieregion in Südrussland. Tausende Tschetschenen leben in Deutschland, wenngleich nur wenige eingebürgert sein dürften.

Wer zum Kämpfen ausreist, macht sich allein dadurch nicht strafbar. So sehe es das Völkerrecht vor, teilte das Justizministerium in einer Einschätzung mit. Einzelfälle müssten Gerichte beurteilen, aber: „Die Einreise in die Ukraine mit dem Ziel, sich dort an Kampfhandlungen zu beteiligen oder dafür ausbilden zu lassen, ist als solche nach dem deutschen Strafrecht nicht strafbar.“ Vorausgesetzt, die Beteiligten seien als Kombattanten erkennbar und beteiligten sich nicht an Kriegsverbrechen.

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